Eine neue Strategie im Streitfall

Modellprojekt "Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit" abgeschlossen und evaluiert

24. März 2009

In Fragen zum Sozialrecht erspart eine Mediation oft größeren Ärger. "Selbst in schwierigen Streitfällen ist die Erfolgsquote hoch", zieht Ulrich Becker, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Sozialrecht in München, das Fazit aus dem soeben abgeschlossenen Modellprojekt "Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit".

Das auf zwei Jahre angelegte Projekt war eine Initiative des Bayerischen Landessozialgerichts und des Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen und diente der Erprobung der gerichtsinternen Mediation. Aufgabe der Forscher des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Sozialrecht in München war dabei, die im Rahmen des Modellprojekts durchgeführten Mediationsverfahren zu analysieren, zu bewerten sowie Vorschläge für die künftige Gestaltung der Mediation zu unterbreiten.

Dazu wurden neben der Auswertung von Mediations- und Prozessakten unterschiedliche standardisierte schriftliche Befragungen der Verfahrensbeteiligten durchgeführt. Insgesamt 333 Fragebögen hatten die Münchner Sozialrechtsforscher dabei unter die Lupe genommen. Wie sie feststellten, erwies sich die Mediation in den meisten Fällen als ein guter Weg. "Mit ihrer Hilfe konnten Verfahren vielfach schneller gelöst und kostspielige Beweisaufnahmen vermieden werden", fasst Nikola Friedrich, Doktorandin am MPI, die die Evaluation durchgeführt hat, das Ergebnis der Recherchen zusammen. "Als besonders geeignet hat sich die gerichtsinterne Mediation in Konstellationen erwiesen, in denen zwischen den Konfliktparteien eine dauerhafte geschäftliche Beziehung besteht, bzw. eine zukünftige Zusammenarbeit notwendig oder gewollt ist." Dabei habe man oft eine interessensgerechte nachhaltige, dauerhafte und über den ursprünglichen Streitgegenstand hinaus reichende Lösung erzielen können.

Bis zum Ende der Projektphase konnten 143 Verfahren, durchschnittlich nach drei Monaten, beendet werden. In 121 davon wurde eine Mediationssitzung durchgeführt. In 97 Verfahren endete die Mediation mit einer schriftlichen Vereinbarung. Wird deren Abschluss als Erfolgskriterium herangezogen, liegt die Erfolgsquote bei 80,2 Prozent. Knapp 87 Prozent der Hauptbeteiligten sind mit dem Ergebnis zufrieden, knapp 59 Prozent der befragten Hauptbeteiligten geben an, durch die Mediation mehr über die Beweggründe und Motive der anderen Konfliktpartei zu wissen, 43,5 Prozent konnten dadurch mehr Verständnis für diese Beweggründe und Motive aufbringen. Über vier Fünftel der Befragten (83,1 Prozent) nahmen an, dass die andere Konfliktpartei durch das Mediationsverfahren nun mehr Kenntnis über ihre Beweggründe und Motive hat, und 53,5 Prozent glauben, dass ihnen nun mehr Verständnis entgegen gebracht wird. Besonders große Erfolge waren in Angelegenheiten der Krankenversicherung (91,7 Prozent Erfolgsquote), der Unfallversicherung (85,3 Prozent Erfolgsquote) und der Bundesagentur für Arbeit (83,3 Prozent Erfolgsquote) zu verzeichnen. "Bei Konflikten mit der Rentenversicherung liegt sie bei genau 80 Prozent und damit nur geringfügig unter dem Durchschnitt", berichtet Becker weiter. Die niedrigste Erfolgsquote wiesen die Angelegenheiten der Pflegeversicherung mit 57,1 Prozent auf.

Angesichts dieser Ergebnisse steht für den Münchner Max-Planck-Direktor das Urteil über diese Maßnahme der Konfliktlösung fest. "Mediation stellt eine wichtige Alternative dar, die eine tiefgreifende Konfliktlösung ermöglicht. Sie trägt damit, wie auch die Gerichtsverfahren, zum Rechtsfrieden bei", stellt er fest und spricht sich zugleich dafür aus, künftig auf eine umfassende Information sowohl der Richter im Allgemeinen als auch der Beteiligten in konkreten Verfahren sowie auf eine Verbesserung der Bedingungen, unter denen Richtermediatoren tätig werden, Wert zu legen. "Wir empfehlen, die gerichtsinterne Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit fortzuführen und sie schrittweise unter Berücksichtigung weiterer Evaluationen auszubauen", rät der Max-Planck-Direktor.

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