Millionenförderung für Nachwuchswissenschaftler

14. April 2009

Das internationale Forschungsprogramm "Human Frontier Science Program (HFSP)" gewährt jungen Forschern des Max-Planck-Institut für Biochemie insgesamt 900.000 Euro Forschungsförderung für internationale Projekte in den Lebenswissenschaften

Vier Selbstständige Nachwuchsgruppenleiter des Max-Planck-Instituts für Biochemie können sich über die Förderung der internationalen Organisation des HFSP freuen. Dr. Friedrich Förster und Dr. Frank Schnorrer erhielten den mit jeweils 300.000 Dollar dotierten "Career Development Award", der insgesamt 25 Nachwuchswissenschaftler beim Aufbau eines eigenen selbstständigen Labors über drei Jahre unterstützt. Dr. Kay Grünewald und Dr. Roland Wedlich-Söldner gehören zwei der neun Teams von Nachwuchswissenschaftlern an, die dieses Jahr mit dem "Young Investigator Grant" ausgezeichnet wurden. Jede der vier Gruppen erhält rund 260.000 Euro Förderung über drei Jahre.

Die "Human Frontier Science Program" - Fördergelder werden an innovative, internationale und interdisziplinäre Forschungsgruppen für ihre Erforschung "komplexer Mechanismen in lebenden Organismen" vergeben. Vor 20 Jahren auf Initiative Japans gegründet, fördert die HFSP-Organisaion internationale Teams, die "komplexe Mechanismen in lebenden Organismen" untersuchen. Ein Hauptanliegen der Organisation ist die Förderung neuartiger interdisziplinärer Forschungsprojekte der Biowissenschaften in Länder und Kontinente überschreitenden Kooperationen. Dabei werden ausschließlich Projekte an der Schnittstelle unterschiedlicher Fachgebiete berücksichtigt, die nur als gemeinsame Anstrengung von Forschern bearbeitet werden können. Für die Forscher bedeutet ein "HFSP-Grant" nicht nur die großzügige Förderung eines ambitionierten Projekts, sondern auch eine Anerkennung ihrer fachlichen Exzellenz. Außer von Japan, Neuseeland, Australien, Canada und den U.S.A. wird das Projekt vor allem von europäischen Ländern getragen.

Muskelentwicklung der Fruchtfliege

Dr. Frank Schnorrer wird mit dem neuen Geldsegen Gene identifizieren, die für die Muskelentwicklung in der Fruchtfliege Drosophila verantwortlich sind. Seine Forschungsgruppe "Muskel - Dynamik" verwendet sogenannte RNA - Interferenz - Technik, um systematisch die Aktivität jedes einzelnen Fliegengens in der lebenden Fliege auszuschalten und damit dessen Bedeutung bei der Entwicklung einzelner Muskeltypen zu studieren.

Zeitrafferaufnahmen erlauben die dynamische Analyse der Muskelbildung während der Fliegenentwicklung. Dies zusammen soll zu einem mechanistischen Verständnis der Muskeldifferenzierung führen, das auch auf den Menschen übertragbar sein wird. Wie die Fliege besitzt der Mensch eine Vielzahl verschiedener Muskeln, die sich alle an der richtigen Stelle entwickeln müssen und zur passenden Größe heranwachsen sollen.

Zellulärer Abbau fehlerhafter Proteine

Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson können auf defekten Proteinen basieren. Die Zelle hat dafür unterschiedliche Kontroll-Mechanismen. Dr. Friedrich Förster studiert einen davon: Das Endoplasmatischen Retikulum ist die Zellorganelle, in der sich Membranproteine und sekretorische Proteine der Zelle falten und zu größeren funktionalen Komplexen zusammenlagern, Defekte Proteine werden mittels einer strukturell weitgehend unerforschten Molekülmaschinerie aus dem Endoplasmatischen Retikulum transportiert und zellulären Proteinabbaumaschinen (Proteasomen) zugeführt.

Das selbstständige Forschungslabor "Modellierung von Protein Komplexen" wird für die Aufklärung dieses Proteinabbaus eine Technik nutzen, die am MPI für Biochemie entwickelt wurde. Bei der Kryo-Elektronentomographie werden aus verschiedensten Winkeln elektronenmikroskopische Bilder gewonnen und aus Tausenden Bildern dreidimensionale Darstellungen der komplexen Abbau-Moleküle der Zelle modelliert. Dr. Friedrich Förster wird neue Modellierungsmethoden entwickeln, um die einzelnen elektronenmikroskopischen Aufnahmen noch effektiver nutzen zu können.

Strukturen der Herpes simplex-Infektion

Ebenfalls mit Kryo-Elektronenmikroskopie klärt die Forschungsgruppe "Zelluläre Infektion durch Viren" von Dr. Kay Grünewald die Dynamik der molekularen Interaktionen von Viren mit Komponenten der Wirtszelle im Verlauf einer Infektion auf. Im geförderten Projekt sollen - gemeinsam mit Forschern aus den U.S.A. und Großbritannien - experimentelle strukturbiologische und proteomische Daten mit neuen bioinformatischen Algorithmen und Methoden zur Voraussage der Wahrscheinlichkeit kombiniert werden. Das Ziel ist ein umfassendes Verständnis der molekularen Interaktionen in Raum und Zeit für ausgewählte Schritte im Verlauf der zellulären Infektion des Herpes simplex- Virus. Eine solche umfassende Beschreibung eines derart komplexen biologischen System ist die Grundlage für die Aufklärung der zugrunde liegenden Mechanismen und wäre nicht nur beispielgebend für andere Pathogen-Wirts-Interaktionen.

Kontrolle der Zellwand-Bildung bei Bakterien

Die Zelle als außerordentlich dynamisches System, dessen Prozesse räumlich und zeitlich dennoch hochpräzise ablaufen, ist der Forschungsschwerpunkt von Dr. Roland Wedlich-Söldner und seiner selbstständigen Forschungsgruppe "Zelluläre Dynamik und zelluläre Musterbildung". "Unser Augenmerk gilt in erster Linie dem Zytoskelett", sagt Wedlich-Söldner. "Das ist eine äußerst flexible Struktur mit mehreren Komponenten, die der Zelle Form verleihen, sie stützen, aber auch für Transportprozesse und andere Aufgaben herangezogen werden." Die Funktion des Zytoskelett bei der Gestaltung der Zellwände von Bakterien, wollen nun Wedlich-Söldner und seine Kollegen aus Frankreich und den USA untersuchen - unter anderem mithilfe von neuartigen Mikroskopietechniken. "In unserem Projekt geht es vor allem um die Dynamik des bakteriellen Zytoskeletts und des Zellwandaufbaus sowie deren Zusammenspiel", berichtet Wedlich-Söldner. Die am Modellorganismus Bacillus subtilis gewonnenen zellbiologischen und mikroskopischen Daten könnten unter anderem zu einem verbesserten Verständnis der Wirkung vieler Antibiotika und der Mechanismen für die Resistenzbildung führen.

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