Beeindruckt von der Professionalität
Interview: Susanne Beer

Herr Boland, Sie haben am Wochenende eine ganz besondere Sonderschicht in Erfurt geleistet. Wie haben Sie die Atmosphäre beim Bundeswettbewerb empfunden?
Wilhelm Boland: Es hat Riesenspaß gemacht. Ich habe noch nie so gerne an einem Sonntag „gearbeitet“. Es ist einfach unglaublich, mit welcher Professionalität die jungen Leute heutzutage an die Forschung herangehen.
Sie können das beurteilen, weil Sie selbst mal bei Jugend forscht mitgemischt haben?
Ja, aber ich bin nicht bis zum Bundeswettbewerb gekommen; irgendwo auf Landesebene war Schluss. Das muss so um 1967 gewesen sein, vor rund 40 Jahren, etwa zwei Jahre vorm Abitur. Ich habe damals thermische Reaktionen untersucht, die größere Peptide durch „Zusammenbraten“ von Aminosäuren lieferten.
Immerhin haben Sie Ihr Hobby zum Beruf gemacht und sind Wissenschaftler geworden.
Das kann man sicher so sagen. Und diejenigen, die heutzutage bei „Jugend forscht“ reüssieren, haben sicher auch die besten Voraussetzungen, um erfolgreich in der Wissenschaft zu sein. Denn sie präsentieren sich mit Ergebnissen, die eine instrumentelle Ausstattung voraussetzen, die weit über das hinaus geht, was Schulen haben. Das heißt: Die jungen Leute haben offenbar mit organisatorischem Geschick Kontakte zu Firmen oder Institutionen aufgebaut, die ihnen diese professionellen Experimente ermöglichen. Und genau diese Fähigkeiten braucht man heutzutage als Wissenschaftler. Man muss sich Unterstützung suchen und gucken, wo finde ich jemanden, der diese oder jene Methodik anwendet, mir hilft und mich fördert.
Da setzen Sie aber schon hohe Maßstäbe, oder?
Ja, aber es gehört ganz wesentlich zur Berufsvorbereitung. Es darf natürlich nicht so laufen, wie bei den Eltern eines jungen Mannes, die in Erfurt auf der Suche nach Hilfe waren, weil eine Firma Ihrem Sohn offenbar im Vorgriff zum Wettbewerb untersagt hat, seine Ergebnisse zu präsentieren. Das ist doch völlig demotivierend. Anstatt sich mit ihm zusammenzutun und ihn zu fördern, sind die wohl nervös geworden; es ging im weitesten Sinne um den Abbau von Schadstoffen in Bioreaktoren.
Alle acht Bundessieger in der Physiksparte waren Jungs. Mögen Mädchen keine Physik?
Es gibt in der Tat wenig Mädchen in der Physik, sie tummeln sich eher in der Biologie. Dort gibt es mittlerweile schon fast mehr weiblichen Nachwuchs als männlichen.
Die Max-Planck-Gesellschaft gibt Geld für „Jugend forscht“. Wie können Max-Planck-Institute den Wettbewerb darüber hinaus ideell unterstützen?
Ich weiß, dass es vereinzelt Doktoranden gibt, die als Juroren bei Regional- oder Landeswettbewerben von „Jugend forscht“ mitmachen. Meist gibt es da eine persönliche Verbundenheit, weil sie selbst als Jugendliche daran teilgenommen haben. Wir fördern bei uns im Institut Schülerinnen und Schüler zwar nicht für „Jugend-forscht“-Experimente, betreuen aber regelmäßig Seminarfacharbeiten, die in der gymnasialen Oberstufe angefertigt werden müssen. Außerdem gehöre ich zum Organisationsteam der NaT-Working-Initiave der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena. Wir richten jedes Jahr eine Sommerschule für 50 besonders talentierte Oberstufenschüler von Thüringer Gymnasien aus, die in der letzten Woche vor den Sommerferien Gelegenheit erhalten, Institute der Universität Jena oder unser Max-Planck-Institut kennenzulernen. Da stehen eine Woche lang Vorträge, Experimente und Laborbesuche auf dem Programm.
Sie haben Timm Piper als „Jugend-forscht“-Bundessieger Urkunde und Preis überreichen dürfen. Vermutlich können Sie ihn demnächst noch etwas besser kennerlernen; er hat zufällig auch einen Forschungsaufenthalt auf dem Beutenberg-Campus in Jena gewonnen.
Er ist herzlich eingeladen, sich unsere Konfokalmikroskope am Max-Planck-Institut anzuschauen, mit denen wir Pflanze-Insekt-Interaktionen quasi unter die Lupe nehmen. Wir untersuchen vor allem, wie sich Pflanzen vor ihren Fraßfeinden schützen. Sie senden Duftsignale als Hilferufe für Bodyguards aus.
Das klingt nett, wie muss man sich das vorstellen?
So hat es mal griffig ein Kollege formuliert: Als Antwort auf eine Verletzung, zum Beispiel durch Insektenfraß, produzieren Pflanzen Duftstoffe, die Insekten anlocken können, die den Feinden zu Leibe rücken. Da gibt es spannende Details durchs Mikroskop zu sehen, die man sonst nicht so leicht zu Gesicht bekommt.