Mit Schneekristallen zum Sieg

Der Jüngste landet vorn: Timm Piper fing schon mit fünf Jahren an zu experimentieren

20. Mai 2012

Was von seinen Eltern als sinnvolle Beschäftigung für Regentage gedacht gewesen sein mag, ist für Timm Piper zum zentralen Hobby geworden, das ihn regelmäßig in den Keller lockt. Nun werfen Spaß und Neugier im Umgang mit Mikroskopen nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch Geld ab: 1500 Euro gewann der Zehntklässler aus dem rheinland-pfälzischen Ort Bullay als Bundessieger in der Sparte Physik beim Wettbewerb „Jugend forscht“ – eine willkommene Taschengelderhöhung der besonderen Art. Erfunden hat der 16-Jährige zwei Verfahren, mit denen sich besonders kontrastreiche Bilder von „Problemobjekten“ erzeugen lassen.

„Eigentlich ist alles nur Zufall“, sagt Timm Piper bescheiden. „Ich habe das nicht gezielt gemacht. Schließlich sind Mikroskope schon mein Hobby, seit ich fünf Jahre alt bin.“ Damals bekam er das erste Mikroskop geschenkt; „nicht irgendein Billigteil für 50 Euro, sondern von Leitz“, erinnert sich Timm Piper. „Sonst sieht man ja auch nichts da durch und verliert die Freude.“ Die hat er tatsächlich nie verloren; mittlerweile steht sein bevorzugtes Mikroskop im Keller des elterlichen Hauses, weil dort die Gefahr von Erschütterungen am geringsten ist. Doch Timm Piper ist kein Stubenhocker. Er betrachtet sein Faible für Mikroskope als Winterhobby – nicht nur, weil Schneekristalle sein bevorzugtes Untersuchungsobjekt sind. Die restliche Zeit des Jahres ist er viel draußen mit dem Radl unterwegs, arbeitet im Garten oder lässt seine mit Kameras ausgestatteten Modellflugzeuge am Himmel kreisen und Luftaufnahmen machen.

Seine Teilnahme am Wettbewerb „Jugend forscht“ kam ungeplant zustande. Er sah das Plakat und dachte sich, da könnte man mitmachen. Sein Mikroskop hatte er zu diesem Zeitpunkt schon so umgebaut, dass die Details der Schneesterne besonders gut hervortraten. Nur den gewünschten Aufsatz zu den technischen Tüfteleien musste er noch schreiben und einreichen. Die Schule, die oft den Anstoß für Experimente der jungen Leute gibt und sie entsprechend unterstützt, war bei Timm nicht mit im Boot. Im Gegenteil: „Mikroskopie kommt im Physik- und Biologieunterricht nur am Rande vor“, meint er. Ideengeber war eher sein Vater, der „nicht ganz unbewandert ist beim Thema Mikroskopie. Er hat sich als Kind auch dafür interessiert und das Hobby aufgefrischt, als ich anfing, damit zu experimentieren“, berichtet Timm. Dass er mit seinen 16 Jahren als Jüngster eine Chance auf den Sieg beim Finale in Erfurt haben würde, hatte Timm nicht geglaubt, nachdem er die Stände der Konkurrenz sah. „Ich habe nicht viel von dem verstanden, was da präsentiert wurde“, gibt er zu. „Bei komplizierten Formeln hört‘s bei mir auf.“ Aber es sei ja auch Glück dabei; „man weiß ja nicht, was die Juroren am stärksten bewerten.“

Vielleicht ist da schon ein bisschen Understatement im Spiel. Denn trotz seines jungen Alters kann Timm Piper bereits auf Veröffentlichungen in Fachzeitschriften verweisen. „Eine davon sogar in Amerika“, wie er dann doch mit ein bisschen Stolz berichtet. Da allerdings brauchte er Hilfe. Die Übersetzung der schriftlichen Ausarbeitung ins Englische hätte er nicht geschafft. Und auch für die Anmeldung seiner Kontrastverfahren zum Patent war ein Anwalt nötig. Alleine dagegen meistert er souverän die zahlreichen Interviews zu seinem Wettbewerbssieg. „Gestern war‘s echt stressig, aber heute hat sich die Lage schon etwas beruhigt“, resümiert er lässig. Das ist auch gut so, schließlich verlangt die Schule jetzt wieder ganzen Einsatz und für die Teilnahme am EU Contest for Young Scientists in Bratislava im Herbst muss er das Papier über seine Erfindungen noch kürzen und entsprechend neu in Form bringen. Doch das könnte sich lohnen, denn die Preise beim europäischen Wettbewerb deuten eine etwas andere Liga an; hier bekommt der Sieger eines Fachgebiets bereits 7000 Euro. Voller Vorfreude ist Timm Piper auch auf den Besuch des Beutenberg-Campus in Jena, den er ebenfalls im Zuge des Bundeswettbewerbs von „Jugend forscht“ gewann – in dieser Stadt hat die Firma ihren Sitz, die das Herz jedes Mikroskopie-Fans höher schlagen lässt: Zeiss.

sb

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