Fusionskraftwerke als Lösung der Energiefrage

22. Juni 2009

Wo steht die Fusionsforschung heute? Prof. Günther Hasinger, Direktor am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching, schafft das Kunststück, in rund fünf Minuten über den Stand der Dinge in der Hochenergie- und Plasmaphysik zu informieren. Es geht um Chancen, Risiken und Herausforderungen bei der Zähmung des Plasmas als effiziente Energiequelle.

Herr Professor Hasinger, Sie wollen zwar der Menschheit nicht die Sterne vom Himmel holen, wohl aber die Sonne - genauer gesagt die Sonnenenergie. Was genau läuft in der Sonne ab?

Hasinger: Also im Inneren der Sonne brennt ein Fusionsofen schon seit über viereinhalb Milliarden Jahren. Das muss man sich so vorstellen, das Wasserstoff - also das einfachste chemische Element - zwei Wasserstoffatome werden unter extremer Hitze und extremen Druck so nahe zusammengebracht, dass sie miteinander verschmelzen und dann überschüssige Energie abgeben. Von dieser Energie leben wir ja - der Mensch, die Erde - seit die Sonne existiert.

 

Aber warum ist das denn so attraktiv?

Hasinger: Für uns wäre das attraktiv, deswegen, weil wenn es gelingen würde, dieses Feuer auf die Erde zu holen. Dann hätten wir eine unerschöpfliche Energiequelle, die auch praktisch fast ohne irgendwelche Auswirkungen auf die Umwelt wäre - also kein CO2, sehr geringe radioaktive Materialien - also des wäre ein Traum. Das wäre ja die Endlösung der Energiefrage sozusagen.

 

Ihr Institut, das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, das arbeitet daran, dass der Traum von der kontrollierten Kernfusion eines Tages Wirklichkeit wird. Nun können Sie ja auf der Erde keine Sonne nachbauen oder doch?

Hasinger: Also die Sonne erzeugt diesen Druck in ihrem Zentrum einfach durch ihr so ihre riesige Größe, weil ein entsteht durch die Schwerkraft so ein starker Druck und die Temperatur ist so hoch, das es alles praktisch von alleine abläuft. Nicht nur in der Sonne, sondern in allen anderen Sternen. Wir können natürlich die Sonne in der vollen Form so nicht nachbauen - wir müssen uns da behelfen. Und eine Möglichkeit, uns zu behelfen: die Hitze können wir dadurch erzeugen, dass wir zum Beispiel ein heißes Gas, ein Plasma, durch Mikrowellen aufheizen - wie ganz normale Mikrowellenöfen im Haushalt, nur brauchen wir da Zehntausende. Den Druck und die Dichte können wir dadurch aufrecht erhalten, dass wir ein Magnetfeld formen, dass, wenn das Plasma das Magnetfeld nun so einschließt, dass es gehalten wird. Und das ist also schon seit fünfzig Jahren die Grundlage der magnetischen Fusionsforschung. Wir sind inzwischen schon soweit, dass wir fast soviel Energie aus der Fusion wiederherausholen, wie man also durch die Mikrowellenheizung reingesteckt hat. Aber wir müssen noch ungefähr zehnmal mehr Energie rausholen, bis man das Ganze wirklich als ein Kraftwerk betreiben könnte.

 

Das haben uns die Forscher allerdings schon vor zwanzig Jahren versprochen. Aber noch arbeitet kein einziges Fusionskraftwerk. Was macht die Sache denn so schwierig?

Hasinger: Also in den fünfziger Jahren, oder auch noch vor zwanzig, dreißig Jahren, war man zu optimistisch, was die Eigenschaften dieses heißen eingeschlossenen Plasmas angeht. Es hat sich eben rausgestellt, dass es insbesondere durch Turbulenzen, durch Konvektionen und Instabilitäten sehr viel schneller Energie verliert, als man das in dieser Thermoskanne eigentlich gerne haben möchte. Deswegen muss man die Reaktoren eben wesentlich größer planen, als sie damals gedacht waren. Das ist so der so genannte Eisbäreffekt - also ein Eisbär kann in der Antarktis überleben, weil er so groß ist und das Verhältnis zwischen seinem Pelz und seinem Volumen kleiner,, als zum Beispiel bei einer Spitzmaus - sie kann man in der Antarktis nicht überleben und deswegen müssen die Fusionsreaktoren eben ungefähr zehnmal größer werden, als man das vielleicht ganz am Anfang dachte. Zehn Mal größer heißt aber tausend mal so viel Volumen und das bedeutet, auch tausend mal so teuer etwa; und deswegen sind wir jetzt in den letzten zehn, zwanzig Jahren einfach in die extremen finanziellen Nöte gekommen, weil die Forschung nicht in dem Maße gefördert wird, wie wir das eigentlich bräuchten um den Durchbruch zu erreichen. Aber es gibt noch eine ganze Vielzahl von physikalischen Fragestellungen und auch Materialfragestellungen. Also erstmal ist dieses Plasma wirklich ein sehr kompliziertes Biest, das wir noch nicht vollständig verstehen. Das ist also Grundlagenforschung vom Feinsten - deswegen sind wir auch am Max-Planck-Institut. Aber selbst, wenn wir das Plasma voll kontrollieren könnten, dann wäre das nächste Problem, die Materialien, die dem Plasma sozusagen ausgesetzt sind. Da entstehen ja sehr hoch energetische Neutronen in dem Plasma. Die Neutronen fließen in die Wand und zerstören zum Teil die Wand. Es müssten also jetzt ganz spezielle Wände erzeugt werden, die diese extreme Belastung aushalten und da ist also noch eine ganze Generation von Materialforschungsaufgaben zu lösen.

 

Wo liegen denn überhaupt die Vorteile der Kernfusion gegenüber allen anderen Methoden der Energiegewinnung?

Hasinger: Also die Kernfusion wäre zunächst mal komplett CO2-frei und da hat sie also große Vorteile gegenüber allen fossilen Energien. Das ist ja eines der größten Probleme, dass wir unsere Atmosphäre mit CO2 verpesten. Sie ist nicht vollkommen radioaktivitätsfrei. Das heißt, also die Kernfusion erzeugt auch Radioaktivität. Aber sie sie geht nicht mit radioaktiven Ausgangsmaterialen um, aber durch den Betrieb eines Fusionsreaktors entstehen radioaktive Materialien. Die haben allerdings eine Lebensdauer die wesentlich kürzer ist als bei Spaltungskraftwerken? Also da muss man deutlich unterscheiden und ein Kernfusionkraftwerk kann auch nicht durchgehen. Es ist intrinsisch sicher und hat von daher also Vorteile gegenüber der Kernspaltung. Da gibt’s natürlich die wichtigen regenerativen Energien also Wasser, Wind und Sonne - die sind sehr vielversprechend aber sie sind alle so dünn gesät. Die Energiedichte ist im Vergleich zu einem Fusionskraftwerk so gering, dass sie eben einen extremen Landverbrauch haben oder sie müssen eben den Strom aus der Wüste holen und genau an der Stelle ist eben die Frage, ob das Ganze im System funktioniert.

 

Und woher wird der Strom stammen, der in 20 Jahren bei uns aus der Steckdose kommt?

Hasinger: Also ich glaube keine Energie der Zukunft ist alleiniger Gewinner, sondern wir werden genau wie heute einen Mix an Energien brauchen und die Fusion hat den großen Vorteil, dass sie ein Grundlastkraftwerk machen können. Sie können es einschalten und ausschalten, wann Sie wollen - ohne, dass Ihnen sozusagen die Wolken oder der Wind vorschreibt, wann Strom existiert und wann nicht.

Herzlichen Dank für das Interview
Das Gespräch führte Birgit Fenzel

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