Modell-UN-Klimakonferenz endet mit Kompromiss

Doktoranden am Max-Planck-Institut für Meteorologie spielen die Verhandlungen in Kopenhagen nach

15. Dezember 2009

Es ist geschafft: Die teilnehmenden Staaten des Klimagipfels haben sich nach drei Tagen harter Verhandlungen auf eine Ergänzung des Kyoto-Protokolls geeinigt - allerdings nicht in Kopenhagen, sondern in Hamburg. Dort stellten Doktoranden der klimawissenschaftlichen Graduiertenschule am Max-Planck-Institut für Meteorologie den Klimagipfel getreu dem UN-Konferenz-Prozedere nach. Jeder Teilnehmer repräsentierte die Delegation eines Vertragsstaats.

"Der erste Eklat" oder "EU bessert Klimahilfe für Entwicklungsländer nach" lauten die aktuellen Überschriften zur Berichterstattung über den Klimagipfel in Kopenhagen. Genau dieselbe Dynamik prägte die Modellkonferenz, zu der Doktoranden der International Max Planck Research School on Earth System Modelling eingeladen hatten. Ihre dreitägigen Verhandlungen endeten einige Tage vor dem "echten" Klimagipfel mit einem mühsam austarierten Kompromiss. Das Ergebnis ist eine Erweiterung und Ergänzung des Kyoto-Protokolls, die allerdings keine kurzfristigen Ziele oder substantiellen Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung aufweisen kann. Sie steht damit in Kontrast zu dem im Vorfeld des Gipfels ausgegebenen zentralen Ziel der G-20-Staaten, den Anstieg der Erdtemperatur auf zwei Grad Celsius gegenüber 1990 zu begrenzen.

"Die westliche Welt war nicht bereit, über ihre vor dem Gipfel bekannt gegebenen Ziele hinauszugehen, solange China und Indien sich nicht auf bindende Emissionsreduktionsziele einlassen", berichtet Florian Rauser, der als dänischer Repräsentant auch Gastgeber der Modellkonferenz war. Der indische Repräsentant Peter Düben hält dagegen: "Die Weigerung des Westens einen konkreten Weg hin zu Klimagerechtigkeit in Form global angepasster Pro-Kopf-Emissionen zu gestalten, war das stärkste Hindernis auf dem Weg zu einem gerechten Kompromiss." Am Ende drohte eine von China angeführte Gruppe von Entwicklungsländern den Vorschlag der EU zu torpedieren. Ein Angebot der USA und der EU jeweils mindestens 6 Milliarden Euro pro Jahr in einen Klimafolgenfonds zu stecken, führte schließlich doch noch zu einer Einigung in letzter Minute und der Verabschiedung einer Anpassung des Kyoto-Protokolls ohne Gegenstimmen.

Es sieht neben Emissionsreduzierungen von Treibhausgasen immerhin das langfristige Ziel einer "Klimagerechtigkeit" vor, indem die Länder bis zum Jahr 2050 den Pro-Kopf-Verbrauch von Kohlendioxid weltweit auf durchschnittlich 2,5 Tonnen beschränken. Außerdem wollen die an den Verhandlungen beteiligten Länder die United Nations Environmental Organization (UNEO) gründen, die den Emissionsausstoß und -handel überwacht und den Transfer von technischen, finanziellen Hilfen der Industrie- an die Entwicklungsländer kontrolliert.

"Are there any points or motions on the floor?", war die wohl meistgestellte Frage nach jedem Redebeitrag während der englischsprachigen Konferenz, mit der Gastgeber Florian Rauser den streng formalisierten Ablauf nach UN-Muster einhielt. Die Doktoranden fügten sich schnell in das Korsett und lernten, die im Vorfeld sorgfältig recherchierte Verhandlungsposition ihres Landes geschickt einzusetzen. Dabei identifizierten sie sich mitunter vollständig mit "ihrem" Staat. "Der Abstimmungsprozess zum Schluss war wirklich anstrengend", resümiert der amerikanische Verhandlungsführer, "ich habe richtig geschwitzt." Zu groß war die Angst zu scheitern und zum Abschluss ohne Ergebnis dazustehen. Manche Teilnehmer äußerten nach dem Planspiel außerdem Respekt für die Rolle von Politikern und Klimadiplomaten.

"Alle Teilnehmer blicken nun gespannt auf den Ausgang der echten Kopenhagen-Konferenz. Sobald diese Ergebnisse vorliegen, werden wir detailliert diskutieren, welche Dynamiken zu Unterschieden im Ergebnis geführt haben, und was die Ergebnisse für die Klimapolitik der nächsten Jahre wirklich bedeuten", fasst das Organisationskomitee die Stimmung nach der Konferenz zusammen.

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