Kohlendioxid im Recycling

Drei Probleme, eine Lösung. Das macht den besonderen Charme eines Forschungsprojektes aus, an dem Malte Behrens und Robert Schlögl am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin arbeiten. Die Chemiker möchten Kohlendioxid als chemischen Rohstoff einsetzen. Auf diese Weise wollen sie das Treibhausgas aus der Atmosphäre fernhalten, Kohle, Gas und Öl ersetzen und regenerative Energie speichern.

Text: Peter Hergersberg

Dieser Abfall ist unsichtbar und in gewöhnlichen Konzentrationen völlig ungiftig, er stinkt nicht und zieht kein Ungeziefer an. Trotzdem handelt es sich um einen ziemlich üblen Müll, mit dem sich die Menschheit rumschlagen muss: Kohlendioxid. Mit knapp 35 Milliarden zusätzlichen Tonnen des Treibhausgases heizen Industrie, Verkehr und private Haushalte jährlich dem Klima ein. Das Gas in unterirdischen Lagerstätten zu entsorgen, ist eine mögliche, aber recht umstrittene Lösung für das Problem. Besser wäre es, den Abfall, der vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht, wiederzuverwerten.

Malte Behrens und Robert Schlögl möchten mit ihren Mitarbeitern am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin jedenfalls dazu beitragen, aus dem farb- und geruchlosen Gas Brennstoffe oder Rohstoffe für die chemische Industrie zu erzeugen: Methanol oder Kohlenmonoxid. Andere Forschergruppen arbeiten daran, das Treibhausgas in Methan oder Ameisensäure zu verwandeln. Egal, welche Substanz am Ende entstehen soll: Aus chemischer Sicht ist Kohlendioxid als Ausgangsstoff alles andere als optimal, weil es sich ziemlich träge verhält – nicht umsonst erstickt es als Löschmittel Brände.

Das Gas chemisch zu aktivieren, ist auch Ziel eines Projekts, das den programmatischen Namen Co2rrect trägt und an dem sich die Berliner Forscher beteiligen. Die Abkürzung steht für CO2-Reaction using Regenerative Energies and Catalytic Technologies, zu Deutsch: CO2-Reaktion mit regenerativen Energien und Katalysetechnik. An dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt arbeiten vier große Industriepartner und zehn Einrichtungen der akademischen Forschung mit, darunter auch das Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg.

Methanol bietet viele Vorteile als Speicher regenerativer Energien

Kohlendioxid als Rohstoff zu nutzen, würde nicht nur dem Klima helfen, sondern könnte auch dazu beitragen, fossile Rohstoffe zu ersetzen. Zudem könnte das Treibhausgas auf diese Weise zum chemischen Energiespeicher avancieren und die Energiewende antreiben: „Wenn wir das Speicherproblem nicht lösen, können wir nicht auf regenerative Energie umsteigen“, sagt Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut. Denn das Stromangebot von Windrädern und Solarpaneelen schwankt mit dem Wind und der Sonne, dem Bedarf dürfte es eher selten entsprechen.

Kraftwerke, die fossile Energieträger in Elektrizität verwandeln, lassen sich auf die Nachfrage einstellen; Wind- und Sonnenenergie müssen für Zeiten hoher Nachfrage gespeichert werden. Wasserstoff ist dafür ein Kandidat, weil er sich elektrolytisch aus Wasser gewinnen lässt. Das Gas hat aber einige Nachteile. Es explodiert nicht nur leicht, sondern ist auch so flüchtig, dass es sich nie ganz verlustfrei handhaben lässt.

Deshalb muss es zum Transport und zur Lagerung aufwendig verdichtet und gekühlt oder chemisch gespeichert werden. Methanol verhält sich deutlich zahmer und lässt sich in Tanks leicht von A nach B verfrachten. Außerdem kann der Alkohol seine Qualitäten als Energieträger sowohl in Brennstoffzellen als auch in Verbrennungsmotoren ausspielen – schon heute fließt aus Methanol produzierter Sprit durch manche Tanksäulen.

Energie in Wasserstoff zu speichern, ist schwieriger und teuerer

Dass der Schritt über Methanol für die Energieversorgung sinnvoll sein kann, haben Forscher um Liisa Rihko-Struckmann und Kai Sundmacher am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Rechnungen festgestellt. Egal in welchem der beiden Stoffe die Energie von Sonne oder Wind gespeichert wird, am meisten nutzbare Energie geht bei der elektrolytischen Produktion des Wasserstoffs verloren. Und dieser wird auch für die Methanolsynthese gebraucht.

Wie immer, wenn chemisch gespeicherte Energie Arbeit leistet, entsteht zudem recht viel Wärme, wenn Wasserstoff oder Methanol eine Brennstoffzelle oder einen Motor antreibt. Unterm Strich könnte Methanol als Zwischenstation für regenerative Energie jedoch besser abschneiden als Wasserstoff. „Denn Energie in Wasserstoff zu speichern, ist bei Weitem schwieriger und teurer“, sagt Liisa Rihko-Struckmann.

Auch ein Kohlendioxid-Recycling in Form von Kohlenmonoxid hält die Magdeburger Forscherin für sinnvoll. Das Gas ist zwar giftig und auch nicht gerade einfach zu transportieren. Mit Methanol teilt es aber den Vorzug, dass die chemische Industrie viel damit anfangen kann. Denn damit lassen sich leicht komplexere chemische Verbindungen aufbauen, unter anderem etwa synthetische Kraftstoffe.

Das Ziel: Methanolsynthese mit reinem Kohlendioxid

Tatsächlich wandelt die Industrie Kohlendioxid bereits in großem Stil in Methanol um. In weltweit rund 90 Fabriken produziert sie auf diese Weise von dem Alkohol schon heute fast 50 Millionen Tonnen pro Jahr. Dennoch beschäftigen die Berliner Grundlagenforscher sich gerade mit der Methanolsynthese intensiv. Sie wollen herausfinden, ob mit dem etablierten Prozess tatsächlich das Maximum an Effizienz erreicht ist. Und sie wollen das Verfahren für Kohlendioxid aus Verbrennungsabgasen optimieren.

Bisher verwendet die Industrie für die Methanolsynthese kein Kohlendioxid, wie es Kohlekraftwerke durch ihre Schornsteine blasen. Sie arbeitet vielmehr mit einem Gasgemisch, das meist eigens aus Erdgas oder Kohle hergestellt wird und neben Wasserstoff und Kohlendioxid auch eine erkleckliche Menge Kohlenmonoxid enthält. Reines Kohlendioxid etwa aus Kohlekraftwerken lässt sich in den etablierten Prozessen nicht sonderlich effizient in Methanol verwandeln. Das liegt vor allem an dem Katalysator, der das Kohlendioxid mit dem Wasserstoff verheiratet. Und genau für diese chemischen Partnervermittler, ohne die in der chemischen Industrie nicht viel läuft, sind Malte Behrens und Robert Schlögl Experten.

„Wir suchen den optimalen Katalysator, um reines Kohlendioxid in Methanol zu verwandeln“, sagt Malte Behrens. „Dabei verfolgen wir einen wissensbasierten Ansatz.“ Das heißt, die Berliner Chemiker möchten erst einmal verstehen, warum die Mischung aus Kupfer, Zinkoxid und einer kleinen Dosis Aluminiumoxid, die heute den Kohlendioxid-Kohlenmonoxid-Mix umsetzt, so gut funktioniert. In Versuch und Irrtum hat sich diese Rezeptur als besonders wirksam erwiesen. Aber nur, wenn sie nach einer genau festgelegten Prozedur zubereitet wird. Warum diese so strikt einzuhalten ist, erforschen die Max-Planck-Wissenschaftler ebenfalls.

Auf der Basis dieser Erkenntnisse suchen Malte Behrens und Robert Schlögl dann planvoll nach chemischen Kupplern, die eine Reaktion wie etwa die Methanolsynthese optimal vermitteln. „Als Exempel haben wir uns bewusst einen etablierten Industrieprozess ausgesucht, um zu zeigen, dass unser Ansatz erfolgreich ist“, erklärt Robert Schlögl. Ein ehrgeiziges Ziel, denn natürlich hat auch die chemische Industrie schon viel versucht, um den Katalysator für die Methanolsynthese effizienter zu machen.

Modellsysteme vereinfachen Katalysatoren zu stark

Doch die Forscher und Entwickler in den Industrielaboren haben nicht das probiert, was sich die Berliner Wissenschaftler vorgenommen haben: „Wir sind überzeugt, dass man Katalysatoren in ihrer gesamten Komplexität untersuchen muss“, sagt Schlögl. So haben Chemiker den Kupfer-Zinkoxid-Katalysator bisher in einfachen Modellsystemen studiert, etwa in Form genau abgemessener Kupferinseln auf einer völlig ebenen Zinkoxid-Oberfläche. Der Katalysator, so wie er in Industriereaktoren seine chemischen Kupplerdienste leistet, hat mit diesem idealisierten Modell nicht viel zu tun. Denn in der industriellen Wirklichkeit präsentiert sich der Reaktionsbeschleuniger als schwammartiges Konglomerat unzähliger gerade einmal zehn Nanometer (Millionstel Millimeter) großer Kügelchen, die mal aus Kupfer und mal aus Zinkoxid mit einer kleinen Menge Aluminiumoxid bestehen.

Stand des Wissens war bis vor einigen Jahren, dass die eigentliche Reaktion ausschließlich am Kupfer stattfindet. Zudem gingen die Chemiker lange Zeit davon aus, dass sie dem Kupfer nur eine große Oberfläche zu geben brauchen, um seine Aktivität zu erhöhen – ein Schwamm aus unzähligen Nanokügelchen schien da genau recht. Dem Zinkoxid dachten die Lehrbücher lange vor allem die Rolle eines Abstandshalters zu, der verhindert, dass die Kupferpartikel sich im hitzigen Reaktionsgeschehen zu größeren Kugeln mit vergleichsweise kleiner Oberfläche zusammenziehen.

„Doch seit einiger Zeit ist klar, dass Zinkoxid mehr leistet“, erklärt Malte Behrens. „Denn andere Kupfersysteme mit ähnlicher Struktur sind katalytisch kaum aktiv.“ Es kommt also nicht nur auf eine große Oberfläche an. Unklar ist bisher auch noch die Rolle des Aluminiumoxids. Die Fachliteratur apostrophiert es als Promotor, was in diesem Fall so viel heißt wie: Es hilft, wir wissen aber nicht genau warum.

Die Katalysator-Herstellung gilt Manchen als schwarze Magie

Um herauszufinden, warum Zink den feinen Unterschied zu anderen Metallen macht, was außer einer großen Oberfläche die Qualität eines Katalysators beeinflusst und welchen Part der Promotor übernimmt, testen Malte Behrens und seine Kollegen viele Katalysatorkandidaten. Mal unterscheiden sich die Materialmischungen in einer ihrer Komponenten, mal in einem Detail ihres Präparationsprozesses. Denn in dieser Prozedur liegt das Geheimnis der Katalysatorforschung – im doppelten Sinn: „Viele Chemiker halten die Herstellung von den industriell relevanten Feststoffkatalysatoren für schwarze Magie“, sagt Behrens, der angetreten ist, das Mysterium zu entzaubern.

Wie sein Team dabei vorgeht, zeigt der Chemiker zunächst in einem Labor, in dem Julia Neuendorf bereits einen Versuch vorbereitet hat. Auf dem Labortisch steht eine Apparatur, an der ein geschlossenes Glasgefäß in Augenhöhe sofort auffällt. In diesem Bottich, der gut eine halbe Armlänge hoch ist, und sich mit zwei Händen nicht ganz umfassen lässt, hält ein Rührer eine geringe Menge Wasser in Schwung. Darin wird der Precursor, die Vorstufe eines Katalysators, entstehen – eine feinverteilte Mischung aus Kupfer- und Zinkcarbonat.

Über verschiedene Sonden und Schläuche kontrolliert ein Computer die Temperatur, die Leitfähigkeit und die Trübe des Reaktorinhalts. „Am wichtigsten ist aber der pH-Wert“, sagt Julia Neuendorf. „Den müssen wir für jeden Precursor optimieren.“ Denn vor allem der pH-Wert, aber auch die Temperatur beeinflusst, in welcher Verteilung sich die Bestandteile der Katalysatorvorstufe aus der Lösung abscheiden und welche Form ihre winzigen Kristalle annehmen – und bestimmt damit auch das Erscheinungsbild des fertigen Katalysators. „Wir haben festgestellt, dass der Katalysator ein chemisches Gedächtnis besitzt“, sagt Malte Behrens. „Es kommt also sehr darauf an, schon den Precursor gut zu verstehen.

Daher behält Julia Neuendorf auf einem Bildschirm alle Messgrößen im Blick, die Aufschluss über das Geschehen im halbautomatischen Fällungsreaktor geben; ein paar farbige, horizontale Linien signalisieren zunächst die Ruhe vor dem Experiment. Nach einem Tastenbefehl der Doktorandin fällt eine der Kurven schnell in die Tiefe: Eine blaue Lösung tropft in den Reaktor und der pH-Wert gleitet in den sauren Bereich. Sofort veranlasst der Computer die Zugabe von basischem Natriumcarbonat und fängt die pH-Kurve rasch wieder ein. Dabei trübt sich die Lösung mit einem grünblauen Feststoff, eine Mischung aus Kupfer- und Zinkcarbonat.

Die Katalysatoren werden mit zahlreichen Methoden analysiert

Sobald das Reaktorgefäß vollständig gefüllt ist, wird Neuendorf die Vorstufe abfiltrieren, trocknen, heizen und schließlich mit Wasserstoff reagieren lassen. Beim Heizen entstehen Kupfer- und Zinkoxid, der Wasserstoff befreit das Kupfer vom Sauerstoff. Am Ende wird der Katalysator seine malachit-grüne Farbe gegen ein unauffälliges Schwarz getauscht haben. Luft bekommt ihm nun gar nicht mehr, weil das feinverteilte Kupfer sofort mit Sauerstoff reagieren würde. Daher halten die Berliner Chemiker ihn sorgfältig von der Luft fern, während sie ihn mit allen Mitteln moderner Katalysatorforschung untersuchen.

Zu diesem Zweck macht der Katalysator Station im Labor von Stefan Zander, der das Material durch verschiedene Instrumente schleust. Mithilfe der Röntgenbeugung bestimmt Zander die Kristallstruktur der Nanopartikel und kann damit sogar verfolgen, wie sie sich verändert, während der Reaktionsbeschleuniger seine Arbeit verrichtet. Die chemische Zusammensetzung analysiert der Forscher mithilfe der Röntgenfluoreszenzanalyse.

Und um die Oberfläche des fein granulierten Kupfers auszumessen, hält sein Gerätepark etwas besonders raffiniertes bereit: die reaktive Frontalchromatografie. Bei dieser Untersuchung strömt Distickstoffoxid, besser bekannt als Lachgas, durch den porösen Katalysator. „Lachgas ist ein mildes Oxidationsmittel, das auf der Kupferoberfläche genau eine geschlossene Lage Sauerstoff ablädt“, erklärt Stefan Zander. „Den Stickstoff, der dabei übrigbleibt, fangen wir auf.“ Aus seiner Menge ermittelt Zander, wie viel Sauerstoff auf dem Kupfer Platz gefunden hat und mithin wie groß dessen Oberfläche ist.

Seine eigentliche Bewährungsprobe steht dem Katalysator aber dort bevor, wo Edward Kunkes und Nygil Thomas arbeiten. Die Chemiker testen den Kat bei einer Temperatur und einem Druck, die das Material auch in der Industrie erleben würde. Sie leiten  Kohlendioxid und Wasserstoff über den Reaktionsbeschleuniger und analysieren mit einem Gaschromatografen, was hinten rauskommt.

Erst ein ganz genauer Blick enthüllt das Geheimis des Industrie-Kats

Diese Tests durchlaufen die Katalysatoren, die das Team von Malte Behrens untersucht, am Fritz-Haber-Institut routinemäßig. Erst ein besonders genauer Blick auf den Katalysator offenbarte Malte Behrens und seinem internationalen Kollegen allerdings, warum die Kombination aus Kupfer, Zink- und Aluminiumoxid sowie ihr bewährter Herstellungsprozess besser funktioniert als alle bisher erforschten Alternativen: Auf den Bildern eines hochauflösenden Transmissions-Elektronenmikroskops machten die Forscher in einem kleinen Ausschnitt des Kugelkonglomerats einzelne Kupfer- und Zinkatome aus.

In der atomaren Struktur erkannten die Forscher zum einen, dass der Katalysator erst mit Fehlern einwandfrei arbeitet. Kleine Unregelmäßigkeiten im Kristallgitter der Kupferpartikel äußern sich auf ihrer Oberfläche als Knicke, Täler und Spitzen. Genau an diese Defekte binden die Reaktionspartner und die Zwischenprodukte der Methanolsynthese besonders gut, wie Chemiker der Universität Stanford berechneten, die an dem Team beteiligt waren.

Der Blick auf die einzelnen Atome des Kupfer-Zinkoxid-Schwamms bestätigte zum anderen eine Vermutung, die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Methanolsynthese schon immer wieder mal geäußert wurde: Das Zinkoxid findet sich nicht nur in Nanopartikeln, welche die Kupferteilchen voneinander trennen; es kriecht auch über einen Teil des Kupfers und bildet dort eine Schicht von wenigen ungeordneten Atomlagen. Einzelne Zinkatome mogeln sich wahrscheinlich sogar in das Kupfergitter.

„Wie die Rechnungen unserer Kollegen von der Stanford University ergeben haben, binden die sauerstoffhaltigen Zwischenprodukte der Reaktion an den Zinkatomen besser als an den Kupferatomen“, sagt Malte Behrens. Wenn der Katalysator den Zwischenprodukten besseren Halt bietet, entstehen diese auch leichter. Dann arbeitet der Reaktionsbeschleuniger insgesamt besser, weil er vor allem die instabilen chemischen Gebilde erzeugen soll, an denen kein Weg vom Ausgangsstoff zum Produkt vorbeiführt.

Das Kupfer-Zinkoxid-System lässt sich wahrscheinlich noch verbessern

„Wir vermuten daher, dass die aktiven Stellen des Katalysators dort liegen, wo das Zinkoxid und die Defekte im Kupfer aufeinander treffen.“ Auch auf die Rolle des Aluminiums geben die Erkenntnisse der Forscher einen Hinweis. Wahrscheinlich werden die dreifach geladenen Aluminiumionen in das Gitter des zweifachgeladenen Zinks eingebaut und verändern dessen elektronische Eigenschaften,  sodass sich die dünne Zinkoxidschicht leichter über die Kupferpartikel legt.

Da die Forscher nun den genauen Ort kennen, an dem Kohlendioxid und Wasserstoff ihre Verbindung eingehen, können sie auch erklären, warum nur der industriell etablierte Herstellungsweg einen brauchbaren Katalysator liefert. Denn nur unter den dort bewährten Bedingungen von Temperatur und pH-Wert bildet sich eine Vorstufe des Katalysators, aus der nach der weiteren Behandlung Kupferkriställchen mit kleinen Mängeln und einem dünnen Zinkoxidüberzug entstehen.

„Das etablierte Kupfer-Zinkoxid-System lässt sich auf Basis unserer Daten wahrscheinlich noch etwas weiter optimieren“, sagt Malte Behrens. „Deutlich bessere Katalysatoren für die Methanolsynthese aus reinem Kohlendioxid können wir meiner Meinung nach aber eher unter neuen Materialkombinationen und neuen Syntheseansätzen finden.“ Seitdem die Berliner Wissenschaftler das Geheimnis des derzeit tüchtigsten Reaktionsbeschleunigers aufgedeckt habe, wissen sie, worauf sie bei der Suche achten müssen.

Ein edelmetallfreier Katalysator für die Produktion von Kohlenmonoxid

Wenn auch bei dem gebräuchlichen Kupfer-Zinkoxid-System nicht viel zu machen ist, so lässt sich doch dessen Herstellungsprozess verbessern – zumindest mit Blick auf seine Nachhaltigkeit. Bei dem industriell praktizierten Verfahren fallen große Mengen Nitratlauge an, die entweder die Gewässer überdüngen oder aufwendig aufgearbeitet werden müssen. „Wir haben in unseren Experimenten mit verschiedenen Vorstufen aber festgestellt, dass wir das Nitrat durch ökologisch unbedenkliche Salze der Ameisensäure ersetzen können“, sagt Behrens. „Auf diese Weise erhalten wir in einem umweltschonenden Prozess einen Katalysator, der genauso strukturiert und effizient ist wie der aus Nitratlösung entstandene.“

Weiter geht ein Verbesserungsvorschlag der Chemiker für den Katalysator, der träges Kohlendioxid in aktives Kohlenmonoxid umwandelt. Dafür präsentierte Malte Behrens kürzlich eine Materialkombination aus Nickel sowie Magnesium- und Aluminiumoxid. Zuvor hatte seine Gruppe die in der Industrie gebräuchlichen Katalysatoren detailliert analysiert. Diese spielen ihre chemische Vermittlerrolle recht ordentlich – aber nur dank einer Edelmetall-Komponente wie Rhodium oder Platin.

Das Material aus den Berliner Laboren kommt nicht nur ohne teures Edelmetall aus, mit ihm lässt sich Kohlenmonoxid möglicherweise auch effizienter produzieren. Denn es behält seine Nanostruktur auch noch bei 1000 Grad und könnte daher bei großer Hitze arbeiten. Das käme der Effizienz zugute, weil aus Kohlendioxid und Wasserstoff umso mehr Kohlenmonoxid entsteht, je höher die Temperatur im Reaktor steigt. Die Tests, wie gut der Katalysator auf Nickelbasis unter Hochtemperaturbedingungen arbeitet, laufen derzeit noch. Sollte er sich bewähren, könnte er die Edelkonkurrenz bald ersetzen.

So vielversprechend diese Arbeit ist: Die Katalysatoren, an denen Kohlendioxid in brauchbare Verbindungen umgewandelt wird, stellen nur ein Problem des Treibhausgas-Recyclings dar. Großen Herausforderungen begegnen auch die Forscher, die sich mit der elektrolytischen Produktion von Wasserstoff abmühen. Sie liefert quasi den Treibstoff für die Umwandlung von Kohlendioxid, funktioniert mit zufriedenstellender Effizienz aber nur an teuren Iridium- oder Rutheniumdioxid-Elektroden.

Für die Energiewende müssen Katalysatorprobleme gelöst werden

Als Katalysator für die Wasserspaltung im großen Stil und somit für das Szenario, das die Co2rrect-Partner avisieren, taugen die teuren Edelmetallverbindungen nicht. An diesem Problem arbeitet die Gruppe von Malte Behrens ebenfalls – und wartet auch schon mit einer möglichen Lösung auf: Wie die Forscher festgestellt haben, bietet ein deutlich billigeres Kompositmaterial aus Manganoxid und Kohlenstoffnanoröhrchen eine Alternative zu den herkömmlichen Elektroden.

Nach solchem preiswerteren Ersatz möchte Robert Schlögl im Max-Planck-Institut für chemische Energieumwandlung suchen, das in Mülheim an der Ruhr aus dem Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie entstehen soll. Dort wollen Forscher grundsätzliche Schwierigkeiten beseitigen, die bei der Umwandlung von regenerativer Energie in speicherbare Formen wie Methanol oder nutzbare Formen wie Strom auftreten. Das geht nur mit der Erfahrung, die Robert Schlögl in der Katalyseforschung gesammelt hat. Denn für den Chemiker steht fest: „Die Probleme der Energieumwandlung und -speicherung sind Katalysatorprobleme.“

 

GLOSSAR:

Halbautomatischer Fällungsreaktor
Steuert über automatische Rückkopplungsschleifen die Bedingungen, vor allem die Temperatur und den pH-Wert, bei denen Salze aus einer Lösung abgeschieden werden.

pH-Wert
Negativer Logarithmus der Konzentration an Oxonium-Ionen (protonierte Wassermoleküle) in einer Lösung. Gibt Auskunft darüber, ob eine Lösung sauer oder basisch ist.

Precursor
Vorstufe eines Katalysators, die bei der Fällung von Metallsalzen aus einer Lösung entsteht. Aus ihr entsteht über verschiedene Zwischenschritte, unter anderem eine Alterung und Umkristallisation, der Katalysator.

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