Erforscherin der Gefühle

Die Historikerin Ute Frevert leitet den neuen Forschungsbereich Geschichte der Gefühle am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

23. Januar 2008

Geschichte der Gefühle - so lautet der Name des neuen Forschungsbereichs am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, den die Historikerin Ute Frevert seit Beginn dieses Jahres leitet. Und der Name ist Programm: Im Gespräch mit Psychologen und Erziehungswissenschaftlern, aber auch mit Ethnologen, Soziologen, Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaftlern sollen die Gefühlsordnungen der Vergangenheit erforscht werden. Dazu werden Ute Frevert und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedene Gesellschaften in den Blick nehmen und sie auf ihre emotionalen Codes, Regime und Lexika untersuchen. Zeitlich wird sich die Analyse auf das 18., 19. und 20. Jahrhundert konzentrieren; räumlich geht es um eine Kontrastierung europäisch-westlicher und südasiatischer Gesellschaften.

Besondere Aufmerksamkeit erfahren Institutionen wie Familie, Recht, Religion, Militär, Staat, Ökonomie, denen ein prägender Einfluss auf die Ordnung der Gefühle zugeschrieben wird. Ein weiteres Interesse richtet sich auf die Geschichtsmächtigkeit von Gefühlen. Denn Gefühle, so die Annahme, motivieren Handlungen und steuern Entwicklungen. Sie wirken ansteckend und tragen so zur Bildung sozialer Gruppen und Bewegungen bei. Sie sind und waren daher auch bevorzugter Gegenstand von Manipulation und Instrumentalisierung, in politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen ebenso wie im privaten und zivilgesellschaftlichen Bereich.

"Ich freue mich sehr darüber, dass Ute Frevert den Ruf an unser Institut angenommen hat", betont Ulman Lindenberger, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. "Forschungsprogramme wie das von Ute Frevert, die ein neues Licht auf die Welt werfen und Grenzen zwischen Disziplinen überwinden, sind in der Max-Planck-Gesellschaft besonders gut aufgehoben. Für unser Institut stellen Ute Freverts Arbeiten über die historische und kulturelle Formbarkeit von Gefühlen und deren Ausdruck eine enorme Bereicherung dar. Sie geben der Erforschung des Zusammenspiels zwischen individuellen Lebensläufen und gesellschaftlichen Institutionen eine historische Tiefe, die bislang gefehlt hat. Ich erhoffe mir davon wichtige Impulse für alle Forschungsbereiche unseres Hauses."

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegründet und ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet.

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