Was das Blut gerinnen lässt

Wissenschaftler klären fundamentalen Schritt der Blutgerinnung auf und liefern damit einen neuen Ansatz für die Infarkttherapie

18. Februar 2008

Zwei bisher kaum untersuchte Proteine spielen bei der Blutgerinnung eine entscheidende Rolle und könnten damit zu Zielmolekülen für die Entwicklung von Medikamenten gegen Herzinfarkt oder Schlaganfall werden. Die Ergebnisse aus einer Forschungskooperation mit Kollegen der Universität Würzburg haben Wissenschaftler um Reinhard Fässler jetzt online in "Nature Medicine" (17. Februar 2008) und in der Dezemberausgabe von "The Journal of Experimental Medicine" veröffentlicht.

Wie wird ein verletztes Blutgefäß verschlossen? Oberflächlich betrachtet mit einem Pflaster. Tatsächlich führt jedoch erst eine Gerinnungskaskade in den verletzten Gefäßen dazu, dass Blutplättchen, die sogenannten Thrombozyten, zu einem Blutpfropf verklumpen, der schließlich die Blutung stillt. Viele Details, die zur Blutstillung führen, sind bisher allerdings noch völlig unbekannt. Dabei wäre ein tiefes Verständnis dieser Prozesse nötig, beispielsweise um Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall verstehen und wirksam behandeln zu können. Ursache hierfür ist nämlich ein Blutpfropf, der im erkrankten Gefäß entsteht und dort zu Durchblutungsstörungen oder zum vollständigen Verschluss des Gefäßes führt.

Seit einiger Zeit untersucht ein Team von Wissenschaftlern der Abteilung für Molekulare Medizin am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried Proteine auf der Oberfläche von Blutplättchen, die sogenannten Integrine. Diese werden bei einem Gefäßdefekt aktiviert und vermitteln dann zum einen das Anheften der Blutplättchen an die geschädigte Gefäßwand und zum anderen ihre Vernetzung untereinander. In Kooperation mit der Gruppe von Bernhard Nieswandt von der Universität Würzburg haben die Max-Planck-Forscher Markus Moser und Siegfried Ussar nun jene Proteine untersucht, die für die Aktivierung von Integrinen auf Blutplättchen wichtig sind.

Dabei sind die Wissenschaftler auf zwei bisher nicht gut charakterisierte Proteine gestoßen - Talin-1 und Kindlin-3 -, die Integrine offenbar direkt aktivieren. Verhinderten die Forscher die Bildung von Talin-1 bei Mäusen, so wurden auch die Integrine der Blutplättchen nicht aktiviert. Die Tiere konnten keine Blutpfropfen ausbilden, Blutungen in verletzten Gefäßen wurden nicht gestillt. Bei Mäusen, denen das Protein Kindlin-3 fehlt, kam es in verletzten Gefäßen ebenfalls nicht zur Verklumpung. Auch hier wurden die dazu notwendigen Integrine nicht aktiviert.

Die Wissenschaftler haben auch herausgefunden, wie die Aktivierung der Integrine über Talin-1 und Kindlin-3 funktioniert: "Die Proteine verändern die Struktur der Integrine auf der Oberfläche von Blutplättchen und zwar so, dass sie an elastische Fasern binden können, die die Plättchen dann miteinander vernetzen", erklärt Markus Moser. So entsteht ein Blutpfropf und die Blutungen stoppen innerhalb kürzester Zeit.

Der umgekehrte Weg ist nun für die klinische Anwendung denkbar: "Eine Blockade der Proteine würde dazu führen, dass gefährliche Verklumpungen in erkrankten Gefäßen aufgelöst werden oder erst gar nicht entstehen können", so der Biochemiker. Das macht Talin-1 und Kindlin-3 zu möglichen Angriffspunkten für die Vorbeugung und Therapie von Herzinfarkt oder Schlaganfall. Besonders Kindlin-3 ist für die Forscher interessant: das Protein kommt nämlich ausschließlich in Blutzellen vor; Nebenwirkungen in anderen Zellen können damit ausgeschlossen werden.

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