Mit Schaufel und Kamera auf dem Mars

Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung beteiligt sich an der Suche nach Wasservorkommen auf dem Mars

3. August 2007

Als einziges deutsches Institut nimmt das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau am Nasa-Projekt Phoenix teil. Die Mission soll an den Polen des Mars nach Wasser forschen. Dieses Projekt ist die Zweitauflage der 1999 gescheiterten Mission "Mars Polar Lander".

Flüssiges Wasser gilt als eine Bedingung für die Entwicklung jeglichen, auf der Erde vorkommenden Lebens. Immerhin gab es im Laufe von 90% der Erdgeschichte nur Leben im Wasser. An der Oberfläche des Mars kann es wegen des geringen atmosphärischen Drucks und der tiefen Temperaturen kein flüssiges Wasser geben. Doch legen Daten des Orbiters "Mars Odyssey" nahe, dass es in manchen polaren Gegenden in weniger als einem Meter Tiefe große Wassereisvorkommen geben könnte. Die Phoenix Landesonde soll diese Hypothese überprüfen und darüber hinaus nach eventuellen organischen Molekülen suchen.

Das Startfenster der Sonde erstreckt sich bis zum 24. August 2007. Phoenix wird nach dem Start eine 10-monatige Cruise-Phase durchlaufen. Nach etwa neun Monaten Flug soll sie am 25. Mai 2008 auf dem Mars landen. Zielgebiet sind die noch unerforschten polaren Regionen des Mars. Die Forscher favorisieren derzeit ein Gebiet namens "Green Valley" bei etwa 69 Grad nördlicher Breite, welches sie auf der Grundlage bereits vorhandener hochauflösender Fotos für einen sicheren Landeplatz halten. Außerdem erwarten sie dort reichliche Mengen an Wassereis in geringer Bodentiefe.

Während des weniger als acht Minuten dauernden Landemanövers wird die Sonde in die Marsatmosphäre eindringen und durch Hitzeschild, Fallschirm sowie 12 koordinierte Raketentriebwerke von ihren anfänglichen 25000 km/h bis auf null abgebremst. Als Missionsdauer sind 90 Sols (Marstage) für die "Primary Mission" und weitere 60 Sols in der "Polar Climate Phase" vorgesehen. 1 Sol entspricht 24:37 Stunden auf der Erde. Der Betrieb von Phoenix wird bis etwa November 2008 aufrecht erhalten. Verantwortlich für den Betrieb ist die University of Arizona in Verbindung mit dem Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA.

Mit Hilfe eines Roboterarms wird es vor Ort möglich sein, bis zu einen Meter tiefe Löcher zu graben. Der Robotic Arm (RA) ist ein Ausleger am Phoenix-Lander, der insgesamt 2,35 m lang ist, mehrere Gelenke hat und in einer Schaufel endet. In vier Freiheitsgraden beweglich, kann er Bodenproben von der Oberfläche und von oberflächennahen Schichten nehmen und den Laborinstrumenten MECA und TEGA zuzuführen. Der Microscopy, Electrochemistry, and Conductivity Analyzer (MECA) besteht aus vier Teilexperimenten: einem Optischen Mikroskop (OM), einem Atomic-Force Microscope (AFM), einer Thermal and Electrical Conductivity Probe (TECP) und einem Wet Chemistry Lab (WCL). MECA soll den Marsboden charakterisieren mit Schwerpunkt auf pH-Wert, thermale und elektrische Leitfähigkeit, Mineralogie, Körnung und Farbe. Das Zielgebiet von Phoenix soll eine 80%ige Wahrscheinlichkeit von Wassereis innerhalb einer Tiefe von 30 cm unter der Oberfläche haben.

Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau entwickelte unter der Leitung von Dr. Horst Uwe Keller zusammen mit der University of Arizona (UoA), Tucson, eine Kamera, die auf dem Roboterarm montiert ist und hochauflösende Farbbilder des Bodenmaterials in der Schaufel sowie von Wassereis im Graben liefern soll. Die RAC ist eine Kamera mit einem doppelten Gauss-Linsensystem und einem CCD (Charge Coupled Device) Detektor. Sie ermöglicht Bilder bis zum Maßstab von 1:1, wobei jeder Bildpunkt einer Auflösung von bis zu 23 Mikrometer entspricht. Die RAC wurde ursprünglich für die Mission "Mars Surveyor Lander 2001" gebaut. Nach dem Streichen der Mission wurde die RAC in einem Reinraum eingelagert und ab 2005 reaktiviert. Die Finanzierung der Entwicklung und Fertigung erfolgte dabei zum überwiegenden Teil mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft. Ab 2007 fördert die DLR Raumfahrtagentur aus seinem nationalen Weltraum-Programm die Vorbereitung des Experiments für den Start und die Betreuung während der Missionsphase.

Primäres Ziel des Einsatzes der Robotic Arm Camera (RAC) bei der aktuellen Mission ist die Charakterisierung der Proben in der Schaufel vor der Weitergabe an MECA und TEGA. Darüber hinaus soll sie den Boden und die Seitenwände des erstellten Grabens hinsichtlich einer möglichen Schichtung und seiner Struktur dokumentieren. Daraus erwarten die Forscher Hinweise auf frühere Sedimentationen. "Wir hoffen, dass unsere Kameratechnik sicher startet, sicher auf dem Mars landen wird und wir mit dieser Mission erstmals Wasser außerhalb der Pole finden und etwas über den Verbleib der einmal vorhandenen Wassermassen auf dem Mars sagen können.", sagt Dr. Horst Uwe Keller vom MPS zuversichtlich.

Die Bodenproben in der Schaufel können einem auf dem Landerdeck montierten optischen Mikroskop zugeführt werden, für das das MPS die Bildebene mit dem Detektor lieferte. Neben der Entwicklung und dem Bau von RAC und der MECA-OM-Fokalebene nimmt das MPS an Phoenix mit folgenden Aufgaben teil: Aktive Teilnahme an der Datenerfassung; Unterstützung der Kalibration; Lieferung und Betrieb der Bildverarbeitungssoftware für RAC und MECA-OM sowie Errichtung einer MECA-OM-Fokalebene am MPS zur potentiellen Fehlersuche während der Mission. Die Kamera- und Mikroskopbilder sind ein wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Nutzlast, die zum geologischen und geochemischen Verständnis der Grabungsstätte auf dem Mars erforderlich ist.

Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA hat vor einigen Jahren das Mars Exploration Program (MEP) initiiert. Ziel dieses Programms ist die systematische Erforschung des Mars, der das potentielle Ziel einer ersten bemannten Planetenmission ist. Nach den bereits fliegenden Missionen "Mars Odyssey", der Sonde "Mars Global Surveyor" (MGS, Mission beendet im Nov. 2006), den zwei "Mars Exploration Rovern" (MERs) "Spirit" und "Opportunity" sowie der Sonde "Mars Reconnaissance Orbiter (MRO, seit Nov. 2006 im regulären Orbit) soll das MEP auch noch die Missionen "Phoenix" (Start 2007) und Mars Science Laboratory (MSL, Start 2009) umfassen.

Ausgangspunkt der jetzt anstehenden Phoenix-Mission ist die Sonde "Mars Surveyor Lander 2001", die nach dem Misserfolg des "Mars Polar Lander" im Jahre 1999 eingemottet wurde. Wesentlich basierend auf der Hardware dieser Mission startet Phoenix jetzt ab August 2007 mit einer Delta II-Rakete von Cape Canaveral aus und wird im späten "Mars-Frühjahr" sein Ziel erreichen. Dort soll die Sonde sechs Monate funktionsfähig bleiben.

Phoenix ist Bestandteil des 2002 begründeten Mars Scout Programms der NASA, das der Wissenschaft die Möglichkeit gibt, mit relativ preisgünstigen und innovativen Missionen die Rätsel unseres Nachbarplaneten zu lösen. Der Gesamtaufwand für Phoenix beträgt inklusive Start und Betriebskosten etwa 420 Millionen Dollar; der deutsche Beitrag beläuft sich auf etwa ein Prozent dieser Summe. Die Mission wird von der University of Arizona (UA) in Tucson und vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien) durchgeführt. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Dr. Peter Smith vom Lunar and Planetary Laboratory der UA. Er wird unterstützt durch ein internationales Team, darunter das MPS Katlenburg-Lindau als einziges deutsches Institut.

Entwickelt und gebaut wurde die Phoenix-Sonde von Lockheed Martin Space Systems in Littleton (Colorado) und trägt auf ihrer Instrumentenplattform folgende sieben Experimente als Nutzlast:

• Robotic Arm (RA) vom JPL: Ausleger mit Schaufel für Grabungen in der Marsoberfläche bis in etwa 0,5 m Tiefe
• Robotic Arm Camera (RAC) vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit der University of Arizona
• Microscopy, Electrochemistry, and Conductivity Analyzer (MECA) vom JPL mit maßgeblicher Unterstützung durch Universität Neuchatel, Schweiz, und MPS, Deutschland
• Thermal-Evolved Gas Analyzer (TEGA) von University of Arizona und University of Texas, Dallas

• Mars Descent Imager (MARDI) von Malin Space Science Systems (MSSS), Kalifornien
• Surface Stereoscopic Imager (SSI) von der University of Arizona mit Kalibriertarget vom Niels-Bohr-Institut, Dänemark
• Meteorological Station (MET) von der Kanadischen Raumfahrtagentur mit Telltale (Windmesser) von der Universität Aarhus, Dänemark

Phoenix Zeitplan:

Startfenster: 3. bis 24. August 2007; Trägersystem: Delta II 2925 H (3 Stufen); Weltraumbahnhof: Cape Canaveral, Florida, USA; Startkomplex: 17B;
Ankunft beim Mars: 25. Mai 2008;
Missionsende: November 2008.

Zur Redakteursansicht