Helfer gesucht

Max-Planck-Wissenschaftler katalogisieren mikroRNAs, die bei der Tumorunterdrückung eine große Rolle spielen und identifizieren einen wichtigen Vermittler

20. Juni 2007

Das Gen p53 trägt die Bauanleitung für ein Protein, das bei der Tumorunterdrückung eine zentrale Rolle spielt. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben jetzt enträtselt, welche Protagonisten dem Tumorwächter p53 bei seiner wichtigen Aufgabe helfen. Ihre Forschung zeigt erstmals, dass der Tumor-Suppressor p53 extrem kurze Genabschnitte, mikroRNAs, aktiviert und dadurch das Wachstum von Tumorzellen bremst. Die Minimoleküle lassen die Krebszellen sterben und unterdrücken deren Teilung. In Zukunft könnten künstliche Kopien dieser mikroRNAs als Krebsmedikamente dienen. (Cell Cycle, Volume 6, Issue 13).

Das Gen p53 spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterdrückung von Krebs und wird daher auch als Tumorsuppressor-Gen, oder "Wächter des Genoms" bezeichnet. Tatsächlich ist p53 in 50 bis 60 Prozent der am häufigsten vorkommenden Krebserkrankungen verändert und kann damit seine Funktion zur Tumorunterdrückung offenbar nicht mehr ausüben. Die Ursachen für solche genetischen Veränderungen sind vielfältig: genetische Veranlagung, karzinogene Substanzen, wie zum Beispiel Benzoapyren im Zigaretten-Rauch, aber auch UV- und radioaktive Strahlung. Ist die DNA des Gens jedoch nicht geschädigt kann der Tumor-Suppressor seine Schutzfunktion ausüben. Nach DNA-Schädigung wird das vom p53 kodierte Protein aktiviert, welches die Zellteilung unterdrückt oder den "programmierten Zelltod" (Apoptose) der betroffenen Zelle auslöst. So verhindert p53, dass sich Zellen mit schädlichen Veränderungen des Genoms vermehren. Das Team um den Max-Planck-Forscher Heiko Hermeking fand jetzt heraus, wie p53 als Wächter des Genoms funktioniert: es benutzt MikroRNAs als Helfer.

MikroRNAs sind sehr kurze Ribonukleinsäuren - im Gegensatz zur Boten-RNA (mRNA) bestehen sie nur aus etwas mehr als 20 Nukleotiden. Sie können an die komplementäre Sequenz der Boten-RNA binden. Dadurch entsteht nur ein funktionsloser Doppelstrang und die mikroRNAs verhindern, dass die Boten-RNA in Proteine übersetzt wird. Das dazugehörige Gen wird damit quasi stumm geschaltet. Durch diese Interaktion verändern die mikroRNAs den Ablauf ganzer Signalketten. Für die Entdeckung der mikroRNA sind die US-amerikanischen Forscher Andrew Z. Fire und Craig C. Mello 2006 mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt worden.

Die Martinsrieder Molekularbiologen um Hermeking katalogisierten nun sämtliche von p53 regulierten mikroRNAs. "Bei 34 mikroRNAs war die Konzentration nach der Aktivierung von p53 stark erhöht, bei 16 weiteren war die Bildung deutlich gebremst", so Hermeking: "Ganz besonders auffallend war die Zunahme der mikroRNA miR-34a, die nach Aktivierung von p53 in Lungenkrebs-Zellen mehr als 30-fach erhöht vorkam." Weitere Untersuchungen zeigten anschließend, dass p53 direkt die Aktivität des Gens beeinflusst, das die mikroRNA-34a kodiert, indem es an die Kontrollregion des miR-34a Gens bindet. Die künstliche Aktivierung der mikroRNA miR-34a in Tumorzellen hatte schon nach zwei Tagen Auswirkungen: sie stoppte das Wachstum der Kulturen. In Lungenkrebszellen löste die Behandlung mit künstlichen miR-34a Molekülen (sog. siRNAs: short interfering RNAs) sogar Zelltod aus.

Die Arbeit der Max-Planck-Wissenschaftler liefert neue und tiefe Einblicke in das komplexe Netzwerk, das durch den Tumorwächter p53 reguliert wird. Die Erkenntnisse könnten Wege zur Entwicklung neuer Therapien eröffnen, da modifizierte mikroRNAs bereits als Wirkstoff in Form von siRNAs getestet werden.

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