Neue Datenbank hilft bei Entdeckung eines neuen Risikogens für Parkinson

Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik entwickeln online-Datenbank für genetische Daten bei der Parkinson-Krankheit

16. März 2012

Wie viele andere Krankheiten des Erwachsenenalters wird das Parkinson-Syndrom durch ein Zusammenspiel von Umwelteinflüssen und genetischen Risikofaktoren verursacht. Der eindeutige Nachweis genetischer Risikofaktoren ist allerdings schwierig, wie hunderte von publizierten Studien mit häufig widersprüchlichen Ergebnissen zeigen. Um die Interpretation der großen, beständig wachsenden Datenmenge zum Thema Parkinson zu erleichtern, haben jetzt Wissenschaftler des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Zusammenarbeit mit 44 Kollaborationspartnern aus der ganzen Welt ein umfassendes, frei zugängliches Daten-Kompendium für die Parkinson-Krankheit erstellt. Durch die Zusammenführung aller verfügbaren Daten gelang es den Forschern gleichzeitig, ein neues Risikogen zu identifizieren, das bisher noch nicht mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht worden war.

Studien zur Erforschung des Risikoprofils komplexer genetischer Erkrankungen führen oft zu widersprüchlichen Ergebnissen. So kann eine Forschergruppe überzeugende Daten präsentieren, dass sich bei Vorliegen einer bestimmten Sequenzvariante im Genom das Risiko einer Erkrankung erhöht. Untersuchungen in unabhängigen Stichproben finden aber für genau diese Risikoeffekte dann häufig keine Hinweise. Dies trifft auch auf die Parkinson-Krankheit zu. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, müssen Wissenschaftler daher auf so genannte Meta-Analysen zurückgreifen. Dies sind statistische Verfahren, die die Ergebnisse mehrerer Studien quantitativ zusammenführen. "Wenn man es mit Millionen genetischer Varianten in fast 1000 wissenschaftlichen Publikationen zu tun hat, kann das schnell zur Sisyphus-Arbeit werden", sagt Christina M. Lill, Erstautorin der Studie.

"Dieses Projekt wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung vieler Forschungsgruppen aus dem Parkinson-Bereich, die ihre Daten für PDGene zur Verfügung gestellt haben", so Lars Bertram, Projektleiter in der Abteilung "Analyse des Vertebratengenoms", unter dessen Leitung die Studie erstellt wurde und der mit seinem Team bereits ähnliche Datenbanken für die Alzheimer-Krankheit und Schizophrenie verwirklicht hat. "Neben der Bestätigung von etwa einem Dutzend genetischer Risikogene haben wir auch eine viel größere Anzahl von Genen ausgeschlossen, die in der Vergangenheit als Parkinson-Risikogene diskutiert worden sind."

Die Zusammenführung aller existierenden Daten zu den betreffenden Genen zeigte deutlich, dass für diese kein Risikoeffekt für die Parkinson-Erkrankung nachgewiesen werden kann. Derartige "negative" Daten sind wichtig, damit zukünftige Untersuchungen in dem Gebiet nicht auf falschen Hypothesen aufbauen. "Durch einen glücklichen Zufall haben wir bei unseren Analysen aber auch ein neues Risikogen entdeckt, das bislang noch nicht mit Parkinson in Verbindung gebracht worden ist", erklärt Bertram. Dieses neu identifizierte Gen, ITGA8 ("alpha-8 integrin"), kodiert für ein im Gehirn vorkommendes Eiweiß. Bisherige Studien haben gezeigt, dass es dort Wechselwirkungen zwischen Zellen beeinflusst und das Auswachsen von Nervenzellfortsätzen reguliert, die für den Tastsinn und die Bewegung notwendig sind. Weitere Studien sind notwendig, um die potenziellen molekularen und biochemischen Mechanismen der Verbindung von ITGA8 mit Parkinson zu klären.

Der vom Max-Planck-Team verwendete Meta-Analyse-Ansatz wurde ursprünglich für die Analyse von Ergebnissen klinischer Studien entwickelt, beispielsweise von pharmakologischen Studien. Ähnlich wie genetische Studien zeigen auch diese häufig widersprüchliche Ergebnisse. Für die Meta-Analysen der PDGene-Studie mussten alle relevanten Daten zuerst identifiziert, geprüft und dann mit bereits existierenden Daten abgeglichen werden. "Neben der Bedeutung für die Parkinson-Forschung kann unser Ansatz auch als hilfreiches Beispiel für andere Erkrankungen dienen", sagt Bertram. Seine Gruppe arbeitet nun an Datenbanken für andere neurogenetische Krankheiten wie die amyotrophe Lateralsklerose, frontotemporale Demenz und Multiple Sklerose.

PM/HR

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