Supernova blitzt im Röntgenlicht

Wenn ein relativ leichter Stern explodiert, kann er Röntgenblitze ins All schleudern

31. August 2006

Eine internationale Forschergruppe, an der auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching beteiligt waren, hat erstmals einen Röntgenblitz beobachtet, der bei einer Supernova aufflackerte. Bei dieser Explosion kollabierte der Kern eines relativ massearmen Sterns zu einem Neutronenstern. Diesen Röntgenblitz betrachten die Astrophysiker als schwächere Variante der energiereichen Gammaausbrüche. Bislang hatten Astronomen ausschließlich Gammablitze bei besonders energiereichen Supernovae registriert. Die dafür nötige Energie wird jedoch nur frei, wenn sehr massereiche Sterne zu einem Schwarzen Loch zusammenfallen. (Nature, 31. August)

Wenn Sterne sterben, kollabiert ihr Kern innerhalb von Sekundenbruchteilen. Die Folge: Eine Supernova, bei welcher die Hülle des Sterns in einer gewaltigen Explosion auseinandergesprengt und ins All geschleudert wird. Die Kernreaktionen bei der Explosion und die Energie der Explosionswelle, die das Sterngas stark erhitzt, lassen zerberstende Sterne hell aufleuchten - mehrere Tage strahlt eine Supernova dann so hell wie eine ganze Galaxie.

Doch Supernova ist nicht gleich Supernova: Während der Kern besonders massereicher Sterne vermutlich zu einem Schwarzen Loch kollabiert, fallen leichtere Sterne zu einem dichten Neutronenstern zusammen. Diese Objekte vereinigen bis zu drei Mal mehr Masse auf sich als die Sonne - bei einem Durchmesser von im Schnitt 20 Kilometern.

Als der Swift-Satellit der NASA am 18. Februar 2006 den Röntgenblitz XRF 060218 registrierte, identifizierte die internationale Gruppe von Astronomen eine Supernova als Quelle. Das war das erste Mal, dass Astronomen einen Röntgenblitz aufzeichneten, der eine Supernova begleitet hat. Zuvor gelang Astrophysikern dies nur bei Gammastrahlenblitzen - 10 bis 100 Sekunden andauernden Ausbrüchen hochenergetischer Gammastrahlung -, die von Sternenexplosionen stammten. Diese haben sie allerdings nur gemessen, wenn ein extrem schwerer Stern, nämlich etwa von 40-facher Sonnenmasse, zerbarst und dabei besonders viel Energie freisetzte. Im Vergleich zu Gammastrahlen haben Röntgenstrahlen eine größere Wellenlänge und weniger Energie. Wegen ihrer geringeren Helligkeit sind Röntgenblitze wesentlich schwieriger zu lokalisieren als Gammastrahlenblitze.

Die Supernova, die den Röntgenblitz XRF 060218 freisetzte, ereignete sich nur 430 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt - nah genug, damit die Astronomen die neu entdeckte Energiequelle auch mit den Achtmeterspiegeln des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile beobachten konnten. Dort zeichneten die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik, des Italienischen Nationalen Instituts für Astrophysik und der Universitäten Berkeley und Tokio in den folgenden Tagen Energiespektren auf, die sie eindeutig einer Supernova zuordneten.

Allerdings erreichte diese Sternenexplosion, welche die Bezeichnung SN 2006aj erhielt, nicht ganz die Helligkeit von Supernovae, die bekanntermaßen Gammablitze erzeugen. Zudem produzierte SN 2006aj auch ein Spektrum, das sich von dem der bekannten Gammaquellen unterscheidet. Um die besonderen Eigenschaften von SN 2006aj besser zu verstehen, entwickelten die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching theoretische Modelle, wie das Licht abgestrahlt wird und wie es sich über das Energiespektrum verteilt. Ihr Ergebnis: "Sowohl Explosionsenergie als auch die Menge der ins All geschleuderten Materie lag bei der beobachteten Supernova zwischen den Werten von Supernovae, die Gammablitze erzeugen, und denen, die das nicht tun", sagt Dr. Paolo Mazzali vom Max-Planck-Institut für Astrophysik.

Offensichtlich gilt: Je massereicher ein Stern, desto mehr Energie entsteht bei seiner Explosion - und umso energiereicher sind seine Blitze. "Aus der Menge von ausgeschleudertem Gas schließen wir, dass dies die Supernova eines Sterns war, der nur rund die zwanzigfache Sonnenmasse hatte." Der Kern des zerborstenen Sterns ist demnach zu einem Neutronenstern implodiert, der im Röntgenlicht aufblitzte. "Beim Kollaps weniger massereicher Sterne könnte eine Phase magnetischer Aktivität des entstehenden Neutronensterns für den Röntgenblitz verantwortlich sein", sagt Mazzali. Warum manche Sterne bei ihrer Explosion Röntgenblitze aussenden und andere nicht, bleibt allerdings weiter unklar.

"Wir vermuten zwar bereits seit längerem, dass Röntgenblitze auch von Neutronensternen stammen", sagt Elena Pian vom Italienischen Nationalen Institut für Astrophysik. "Röntgenblitze sind aber deutlich lichtschwächer und daher schwerer zu lokalisieren. Deshalb sind sie noch nicht so gut untersucht wie die Quellen von Gammablitzen." Womöglich erzeugen bei Supernova-Explosionen also weitaus mehr Sternenarten Gammablitze als bislang vermutet. "Weniger massereiche Sterne sind weitaus zahlreicher als schwerere Sterne", sagt Elena Pian. "Ereignisse dieser Art könnten im All also tatsächlich recht häufig sein."

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