Sonnenschutz für Pflanzen

Max-Planck-Forscher aus Potsdam finden heraus, dass Entkoppler-Proteine in Pflanzen helfen, schädliche Fehlprodukte der Photosynthese abzufangen

8. Dezember 2006

Auch Pflanzen können einen Sonnenbrand kriegen - doch ganz schutzlos sind sie nicht. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam haben jetzt zusammen mit Kollegen der University of Oxford, Großbritannien, entdeckt, dass ein so genanntes Entkoppler-Protein (UCP) eine wichtige Rolle beim natürlichen Sonnenschutz der Pflanzen spielt. Nur mit UCP funktioniert die Rettungsreaktion reibungslos, die bei hoher Sonneneinwirkung entstandene, schädliche Substanzen entschärft und sogar recycelt. Damit konnten die Forscher erstmals klären, was die in Tier- und Pflanzenwelt weit verbreiteten UCP-Proteine in Pflanzen bewirken (PNAS Online-Edition, 5. Dezember 2006).

Bei zu hoher Sonneneinstrahlung können während der Photosynthese schädliche Verbindungen wie freie Radikale entstehen. Die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und der University of Oxford um Dr. Alisdair Fernie haben nun herausgefunden, dass Entkoppler-Proteine (uncoupling proteins, UCP) den pflanzlichen Schutzmechanismus gegen diese gefährlichen Moleküle unterstützen. Bauen Photosynthese-Enzyme unter starker Sonneneinstrahlung Sauerstoff anstatt Kohlendioxid ein, helfen die Entkoppler-Proteine, die schädlichen Fehlprodukte abzubauen und wieder in den Photosynthesezyklus zurückzuführen.

Diese Proteine findet man in Tieren und Pflanzen. Bei vielen Säugetieren sind sie dafür zuständig, Fett unter Erzeugung von Wärme abzubauen - ein Talent, über das erwachsene Menschen nicht verfügen. Ihre physiologische Rolle in Pflanzen war bisher allerdings unbekannt. Wärme erzeugen sie jedenfalls nicht: Selbst Pflanzen, die mit Wärme Insekten anlocken, verwenden dafür andere molekulare Mechanismen.

Um die Aufgabe von UCP-Proteinen in Pflanzen zu ergründen, erzeugten die Wissenschaftler Pflanzen, die diese Proteine nicht mehr in normaler Menge bilden. Als Modellpflanze diente die Ackerschmalwand - das unscheinbare Wildkraut ist für die Pflanzenforscher, was die Maus für den Biomediziner darstellt. Die veränderten Pflanzen bildeten längere Wurzeln, hatten weniger oberirdische Pflanzenteile und nahmen weniger Kohlendioxid auf als ihre normalen Artgenossen- ein deutliches Zeichen für weniger Photosynthese. Eine genauere Untersuchung zeigte, dass sie auf den fälschlichen Einbau von Sauerstoff anstatt Kohlendioxid in der Photosynthese nicht wie normale Pflanzen reagieren.

Bei der Photosynthese unterläuft dem ersten Enzym, das Kohlendioxid bindet, nämlich relativ häufig ein Fehler: Es baut statt Kohlendioxid Sauerstoff ein. Vor allem bei zu hoher Sonneneinstrahlung bekommt das Enzym teilweise nicht genug Kohlendioxid nachgeliefert und greift so zum falschen Molekül. Daraus können gefährliche Nebenprodukte entstehen. Es gibt aber eine Rettungsreaktion, die Photorespiration, die das entstandene Fehlprodukt wieder in den normalen Photosynthesezyklus einfließen lässt.

UCP wirkt dabei an den Mitochondrien auf den Elektronenfluss - eine wichtige Aufgabe, denn bei der rettenden Photorespiration müssen viele Elektronen hin und her geschoben werden. Wenn UCP nicht funktioniert, wie bei den veränderten Pflanzen, liefert die Photorespiration nicht mehr die recycelten Fehlprodukte an den normalen Photosyntheseweg. Dadurch arbeitet auch die Photosynthese nicht mehr optimal: Die Pflanzen wachsen langsamer und können weniger Kohlendioxid aufnehmen.

"Vergleicht man die Rolle von UCP in Säugetieren und Pflanzen, so erhält man ein eindrucksvolles Beispiel dafür, welche unterschiedlichen Aufgaben stammesgeschichtlich sehr ähnliche Proteine im Laufe der Evolution übernehmen können", sagt Alisdair R. Fernie, der Leiter der Arbeitsgruppe.

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