Forscher entdecken möglichen Ansatz gegen aggressiven Brustkrebs

Blockade von Rezeptorprotein verhindert Brustkrebs-Metastasen in Mäusen

1. März 2012

Bei besonders aggressiven Brustkrebsformen können sich Krebszellen in andere Organe absiedeln und dort Metastasen bilden. Haben sich solche Metastasen erst einmal gebildet, sind echte Heilungen nur noch selten. Daher ist es enorm wichtig, die Metastasierung der Brustkrebszellen zu verhindern, was mit den bestehenden Therapieformen allerdings nur teilweise gelingt. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben nun entdeckt, dass sie die Bildung von Metastasen verhindern können, wenn sie das Rezeptorprotein Plexin B1 blockieren. Sie hoffen, damit einen neuen Ansatz gefunden zu haben, um die Metastasierung von aggressiven Brustkrebsformen zu unterbinden und damit die Prognose der Patientinnen zu verbessern.

Brustkrebs ist bei Frauen die mit Abstand häufigste Krebserkrankung. Ungefähr jede zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Etwa ein Viertel aller Patientinnen erkrankt an einer besonders aggressiven Form des Brustkrebses, bei der die Tumorzellen sehr häufig in andere Organe metastasieren. Diese aggressive Brustkrebsform zeichnet sich dadurch aus, dass die Tumorzellen das Protein ErbB-2 produzieren. Wenn in der bei jeder Brustkrebspatientin routinemäßig entnommenen Gewebeprobe ErbB-2 in den Tumorzellen nachgewiesen werden kann, müssen sich die Patientinnen einer besonderen und aufwändigen Therapie unterziehen. Trotz dieser Therapie kann das Auftreten von Metastasen nicht immer verhindert werden.

Was ausgerechnet ErbB-2-produzierende Tumoren so aggressiv macht, haben nun Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Stefan Offermanns, Direktor am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung, herausgefunden. „Durch Untersuchungen im Nervensystem war bekannt, dass ErbB-2 einen Komplex mit dem Rezeptorprotein Plexin-B1 bildet, das die Bewegung und Wanderung von Zellen steuert“, erläutert Thomas Worzfeld, Leiter der Studie. „Wir haben deshalb gezielt in Brustkrebszellen nach einem Zusammenspiel dieser beiden Proteine gesucht.“ Die Bad Nauheimer Forscher wurden fündig. Schalteten sie das Plexin-B1 in Brustkrebszellen ab, verloren die Zellen die Fähigkeit zu wandern.

„Aus dieser Beobachtung haben wir geschlossen, dass es möglich sein sollte, die Bildung von Metastasen durch Ausschalten von Plexin-B1 zu verhindern“, sagte Worzfeld. Um dies zu überprüfen, schalteten sie in Mäusen mit ErbB-2-produzierendem Brustkrebs das Plexin-B1 aus. Der beobachtete Effekt war deutlich: „Wir konnten bei den Tieren ohne Plexin-B1 eine drastische Reduktion der Metastasen in den Lungen feststellen. Das war bereits mit bloßem Auge zu erkennen.“

Die Frage war nun, inwieweit diese Beobachtung auf den Menschen übertragbar ist. Bei der Untersuchung von Gewebematerial von Brustkrebspatientinnen stellten die Max-Planck-Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen dem Gehalt von Plexin-B1 im Tumorgewebe und der Prognose der Patientinnen fest. So hatten Patientinnen mit nur geringem Plexin-B1-Gehalt im Tumorgewebe eine deutlich bessere Überlebenschance.

Die Wissenschaftler schöpfen aus diesen Ergebnissen die Hoffnung, einen Ansatz zur Entwicklung einer neuen Therapie gefunden zu haben. „Wir wollen Plexin-B1 mit einem Antikörper gezielt ausschalten und hoffen, dadurch das Auftreten von Metastasen zu unterdrücken“, sagte Worzfeld. Der Antikörper, auf den ein Patent angemeldet ist, wird nun im Tiermodell untersucht. Offermanns ist vorsichtig optimistisch: „Wir glauben, mit Plexin-B1 eine entscheidende Stelle gefunden zu haben, über die die Bildung von Metastasen zu blockieren ist. Bis feststeht, ob unser Antikörper in der Klinik erfolgreich eingesetzt werden kann, ist es allerdings noch ein sehr weiter Weg.“

MH/HR

 

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