Erdgas für das Klima vorteilhafter als gedacht

Max-Planck-Forscher haben russische Gaspipelines untersucht / Austritt von Erdgas unerwartet gering

14. April 2005

Man wusste schon lange, dass über Sibirien die Methankonzentrationen in der Atmosphäre oft höher sind als anderswo. Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste Treibhausgas, das zur Klimaveränderung beiträgt. Erdgas besteht zu 90 Prozent aus Methan und es wurde oft spekuliert, dass die Pipelines der russischen Gaswirtschaft, die z.B. für Ferntransporte von Erdgas nach Deutschland verwendet werden, mit zahlreichen Lecks versehen sind. Das Erdgas wird unter extremen Wetterbedingungen im Norden Sibiriens gewonnen und über viele Tausend Kilometer durch Pipelines in Russland und im Ausland verteilt. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH haben aber festgestellt, dass die Gasverluste gering sind (Nature, 14. April 2005).

Diese Befunde beruhen auf Methanmessungen in Sibirien und umfassten nahezu 2.500 Kilometer Pipelines und Verdichterstationen (s. Abb.). Dabei benutzten die Forscher verschiedene Methoden, um das Gastransportsystem auf Lecks und störungsbedingte Emissionen zu untersuchen, wie Messungen aus niedrig fliegenden Hubschraubern. Es stellte sich heraus - erhöhte Methanwerte findet man überall in Sibirien, vor allem im Sommer. Dies aber ist eher auf die enormen Feuchtgebiete zurückzuführen, wo das Methan durch Bakterien gebildet wird, als auf das Gasnetz. Das Netz der Erdgasleitungen ist modern, gut gewartet und weniger undicht als gedacht.

Russland ist weltweit der größte Produzent von Erdgas, mit einem Fördervolumen von 580 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Dahinter nimmt die USA mit 550 Milliarden Kubikmetern den zweiten Platz ein. Bei den Messungen stellte sich heraus, dass die Gasverluste in Sibirien, trotz des extremen Klimas, nicht größer sind als in den USA. Interessant ist, dass zurzeit die Methankonzentrationen in der Atmosphäre kaum noch ansteigen. Offensichtlich waren einige Maßnahmen zur Verringerung der Methanemissionen bereits erfolgreich, sogar noch bevor das Kyoto-Protokoll im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Mit der weiteren Absenkung von Methanemissionen könnte man die Wirkung des stark ansteigenden Kohlendioxids sogar teilweise kompensieren.

Da die Nutzung von Erdgas als Energiequelle weniger Kohlendioxid produziert als Öl und Kohle und die Methanverluste relativ gering sind, wäre es für die Klimaentwicklung vorteilhaft, grundsätzlich von Kohle auf Gas umzusteigen. Dies würde die Kohlendioxid-Emissionen verringern - eine Maßnahme, die vor allem für die nächsten Jahrzehnte wichtig sein könnte. Da jedoch die weltweiten Reserven an Kohle viel größer sind als die Gasreserven, wird die Menschheit jedoch langfristig nicht auf Kohle verzichten können. Aus Sicht der Wissenschaftler sollten daher die nächsten Jahrzehnte genutzt werden, um Technologien zur Verminderung von Kohlendioxidemissionen weiter zu entwickeln.

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