Saturn wirkt als kosmische Staubschleuder

Staubdetektor des Max-Planck-Instituts für Kernphysik an Bord von "Cassini" registriert in Saturnnähe superschnelle Staubhagel

24. Januar 2005

Extrem schnelle Staubteilchen, die mit Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Sekunde das Saturnsystem verlassen, hat ein Forscherteam um Sascha Kempf vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik mit dem Staubdektor "Cosmic Dust Analyser" (CDA) auf der Raumsonde "Cassini" bei der Annäherung an den Saturn entdeckt. Bereits in einer Entfernung von 70 Millionen Kilometern registrierte der Detektor den sporadischen Einschlag schneller Staubkörner. Der Staub stammte vom so genannten A-Ring, dem äußersten der Saturnringe, möglicherweise auch vom E-Ring oder von den Saturnmonden Dione und Rhea. Die Staubkörner sind positiv geladen und werden durch das starke Magnetfeld des Saturns ins Weltall geschleudert (Nature, 20. Januar 2005).

Die mit dem Staubdetektor aufgezeichneten Einschlagsignale haben große Ähnlichkeit mit den Beobachtungen beim Vorbeiflug am Jupiter. Von daher schließen die Wissenschaftler, dass die Staubteilchen vom Saturn eine vergleichbar hohe Geschwindigkeit und ebenso kleine Masse (kleiner 10-21 kg) haben müssen.

Physikalisch beruht die Beschleunigung des Staubs auf diese extrem hohen Geschwindigkeiten auf der Wechselwirkung positiv geladener Staubteilchen mit dem rotierenden Magnetfeld des Planeten. Da nur Staubteilchen, deren Masse sich innerhalb eines relativ schmalen Fensters bewegt, aus der Magnetosphäre entweichen können, kann man das Saturnsystem auch als eine Art Massenspektrometer für Staubteilchen ansehen: Sind die Staubteilchen zu klein, bleibt ihre Bewegung an das rotierende Magnetfeld gebunden. Und zu große Teilchen können wiederum nicht aus dem Gravitationsfeld des Saturn entkommen.

Als mögliche Quellen für positiv aufgeladene Staubteilchen kommen der äußere Rand von Saturns A-Ring sowie der dünne E-Ring außerhalb der Umlaufbahn des Saturnmonds Dione in Frage. Eine detaillierte Analyse der Staubbeschleunigung ergab jedoch, dass im letztgenannten Fall nur Staubteilchen, die erheblich kleiner sind als die beobachteten, den Detektor treffen konnten. Dagegen lässt sich eine Herkunft der Teilchen aus dem A-Ring gut mit den Messergebnissen vereinbaren. In-situ-Untersuchungen der Staubteilchen versprechen daher Rückschlüsse, aus welchem Material die Hauptringe Saturns bestehen.

Außerhalb der Saturn-Magnetosphäre bestimmt dann die Wechselwirkung mit dem interplanetaren magnetischen Feld (IMF) die Dynamik des Staubes. So beobachteten die Wissenschaftler, dass die Einschlagsrate der Teilchen deutlich variierte - in Abhängigkeit von der Struktur des interplanetaren magnetischen Felds. Die Staubrate erhöhte sich immer dann, wenn das Cassini-Magnetometer so genannte "corotating interaction regions" detektierte. Hierbei handelt es sich um Strukturen im interplanetaren magnetischen Feld, die durch komprimiertes Sonnewindplasma hoher Geschwindigkeit sowie ein verstärktes Magnetfeld geprägt sind. Die Forscher schlussfolgern daraus, dass der Staub beim Durchqueren dieser Regionen - sowohl beim Jupiter als auch beim Saturn - beschleunigt wird.

Zur Redakteursansicht