Neue Zellen für das Herz

Hans Schöler, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, koordiniert Verbundprojekt im BMBF-Förderprogramm für regenerative Medizin

28. September 2005

Seit September fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms "Zellbasierte, regenerative Medizin" das Projekt "Reprogrammierung von somatischen Zellen für die Therapie von Herzerkrankungen" für zunächst drei Jahre. Das Projekt wird mit rund 1,4 Mio. Euro finanziert. Die Koordination des Forschungsvorhabens liegt in den Händen von Prof. Hans Schöler, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, an welchem die grundlegenden zellbiologischen Arbeiten durchgeführt werden.

Ziel der Forschungsarbeiten ist es, Zellen einer erwachsenen Maus (so genannte somatische Zellen) mittels Fusion mit embryonalen Stammzellen der Maus so zu verjüngen, dass eine Zelllinie entsteht, aus der wiederum Zellen für die Behandlung von ischämischen Herzerkrankungen, also Mangelversorgungs-Erkrankungen wie dem Herzinfarkt, abgeleitet werden können. Diese neue Zelllinie soll "pluripotent" sein, sich also zu jedem Zelltyp des Organismus weiterentwickeln können. Dieser Prozess der "Reprogrammierung" führt zu Zellen mit dem doppelten Gehalt an Erbinformationen (Chromosomensätzen), die sich zum Teil wieder in Zellen mit einfachem Chromosomensatz aufteilen.

Im Verbund mit ausgewiesenen Stammzellexperten wird nun untersucht, inwieweit sich die aus den verjüngten Zellen abgeleiteten neuen Zellenlinien für eine Transplantation ins Herz eignen. Die Abteilung von Prof. Jürgen Hescheler (Direktor des Instituts für Neurophysiologie, Uni Köln) wird die Zellen mittels elektrophysiologischer und immunologischer Methoden detailliert charakterisieren. Prof. Bernd Fleischmann, Leiter des Instituts für Physiologie I der Universität Bonn, wird sich mit Fragen der funktionellen Integration (engraftment) sowie der Abstoßungs-Immunologie der transplantierten Zellen und mit Sicherheitsaspekten etwa einer möglichen Tumorentwicklung (Teratome) beschäftigen. Prof. Martin Zenke, Leiter des Instituts für biomedizinische Technologien am Uniklinikum Aachen, leitet eine mit allen Arbeitsgruppen vernetzte Plattform zur Genexpressionsanalyse der unterschiedlichen Zell-Typen. Um die gesamte Technologie-Pattform auch für präklinische Studien an Schweinen anwenden zu können, beschäftigt sich Prof. Heiner Niemann, Leiter des Forschungsbereichs Biotechnologie am Institut für Tierzucht (FAL) in Mariensee bei Hannover mit der Übertragung der Fusions-Technologie auf Schweinezellen und mit der Züchtung transgener Schweine, die geeignete Marker zur Verfolgung der transplantierten Zellen tragen.

Die Wahl von Herzerkrankungen als geeignetes Gebiet der zellbasierten regenerativen Medizin resultiert aus der Situation, dass bereits klinische Erfahrungen mit der Transplantation von Zellen aus dem Knochenmark bei ischämischen Herzerkrankungen, z.B. nach einem Herzinfarkt, bestehen. Der therapeutische Nutzen ist bislang allerdings umstritten, so dass die Evaluierung anderer Zellen als Therapeutikum vordringlich ist. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bereits heute für die meisten Todesfälle verantwortlich, wobei sich diese Problematik durch den demographischen Wandel und die gesteigerte Lebenserwartung in den westlichen Ländern noch dramatisch verschärfen wird. Schätzungen für das US-amerikanische Gesundheitssystem gehen schon jetzt von jährlichen Kosten von rund 18 Milliarden US-Dollar allein für die Behandlung der "Über-65-jährigen" aus.

Der Forschungsverbund um Prof. Hans Schöler soll deshalb auf der Basis neuester Erkenntnisse eine zelltherapeutische Behandlungsstrategie entwickeln, die für Patienten mittelfristig eine verbesserte Therapie ermöglichen wird, und die in der Folge auch die sozioökonomischen Konsequenzen ischämischer Herzerkrankungen günstig beeinflussen soll.

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