Erstes Max-Planck-Partnerinstitut in China

Max-Planck-Gesellschaft und Chinesische Akademie der Wissenschaften gründen gemeinsames Institut auf dem Gebiet der Theoretischen Biologie

8. November 2004

Ein Abkommen über die Einrichtung eines "MPG/CAS-Partner Institute for Computational Biology" haben der Präsident der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), Prof. Lu Yongxiang, und der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. (MPG), Prof. Peter Gruss, am 8. November 2004 in Berlin im Rahmen einer Festveranstaltung zum 30jährigen Bestehen ihrer Zusammenarbeit unterzeichnet. Das Partnerinstitut wird auf dem Campus der Shanghai Institutes of Biological Sciences (SIBS) der CAS in Shanghai errichtet, einem multi- und interdisziplinären Forschungszentrum im Bereich der Lebenswissenschaften. Während der fünfjährigen Aufbauphase übernimmt die CAS zwei Drittel der erforderlichen Kosten, ein Drittel, d.h. insgesamt 2,5 Mio. Euro, stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus der Projektförderung zur Verfügung. Die neue Forschungseinrichtung wird sowohl das stark experimentell ausgerichtete Themenspektrum am SIBS in Shanghai als auch eine Reihe von Projekten in Max-Planck-Instituten in Deutschland durch wesentliche Komponenten im Bereich der Theoretischen Biologie ergänzen.

Speziell soll das neue Institut die experimentellen Aktivitäten der beiden Partnerorganisationen im Bereich der Molekularbiologie bereichern. Dazu wird es sich insbesondere mit theoretischen Aspekten der Biowissenschaften, die mit dem Begriff der "Computational Biology" umschrieben werden können, befassen. Die Entwicklung theoretischer Methoden und die Modellierung von Systemen in der molekularen Biologie tragen wesentlich zum Verständnis von experimentellen Befunden und der Vorhersage von Testergebnissen bei. Von aktuellem Interesse ist dabei insbesondere die Nachbildung komplexer Vorgänge in molekularen Netzwerken und Zellsystemen mit Hilfe von Computer-gestützten Rechenmethoden. So kann die Simulation komplexer zellulärer Abläufe auch zu einem tieferen Verständnis von Prozessen in menschlichen Organen beitragen und letztlich auch zur Entwicklung neuer Medikamente beitragen.

Das Partnerinstitut wird interdisziplinär arbeiten, denn nur die Verbindung verschiedener Disziplinen der Lebenswissenschaften, der Physik und der Informatik wird es ermöglichen, komplexe biologische Systeme besser zu verstehen und erarbeitete systembiologische Ansätze mit Experimenten zusammenzuführen. Durch die enge Nachbarschaft zu den experimentellen biowissenschaftlichen Instituten in Shanghai einerseits und die enge Kooperation mit einer Reihe von Max-Planck-Instituten andererseits können die Modelle unmittelbar getestet und bewertet werden. Auf diese Weise wird das Institut für Computational Biology zu einer sinnvollen Abrundung und Ergänzung von Forschungsaktivitäten der MPG und der CAS führen. Beide Partnerorganisationen betreten mit dem Institut wissenschaftliches Neuland und bringen dazu ihre bereits vorhandenen Forschungskompetenzen zum beiderseitigen Nutzen ein.

Die Gründung eines gemeinsamen Instituts ist für die beiden Forschungsorganisationen ein qualitativ neuer Schritt in ihrer seit 30 Jahren bestehenden Kooperation. Das voraussichtlich aus drei Abteilungen und mehreren Nachwuchsgruppen bestehende Partnerinstitut wird rechtlich und administrativ in die Shanghai Institutes of Biological Sciences integriert, gleichzeitig jedoch wesentliche strukturelle Merkmale eines Max-Planck-Instituts, gerade im Hinblick auf die Sicherung wissenschaftlicher Qualität aufweisen. Die Institutsleiter sollen zu Auswärtigen Wissenschaftlichen Mitglieder der Max-Planck-Gesellschaft berufen werden. Damit ist eine enge wissenschaftliche Anbindung sowohl an die CAS als auch an die kooperierenden Institute der MPG gewährleistet. Ein wichtiger Aspekt in der Tätigkeit des Instituts wird auch die Nachwuchsausbildung sein.

Die Leitungspositionen für das Partnerinstitut wurden in internationalen Fachzeitschriften ausgeschrieben. Im Rahmen eines Symposiums im Dezember 2004 in Shanghai werden aus den Bewerbern die Institutsleiter von einer bilateralen Expertenkommission, die den Gründungs- und Aufbauprozess des Instituts begleitet, ausgewählt. MPG und CAS sehen in der partnerschaftlichen Einrichtung dieses Forschungsinstituts sowohl eine Stärkung ihrer eigenen Forschungsleistungen als auch eine Intensivierung ihrer bilateralen Beziehungen. Diese Initiative bietet deutschen und chinesischen Universitäten zusätzliche Anknüpfungsmöglichkeiten für die Forschungskooperation und den Austausch von Wissenschaftlern.

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