Dunkle Materie im Licht neuer Messungen

Studium von 3000 Satellitengalaxien aus dem "Sloan Digital Sky Survey" bestätigt kosmologische Theorie

27. Mai 2003

Fast die gesamte Masse des Universums liegt im Verborgenen: 70 Prozent stecken in der Dunklen Energie sowie in vielfältigen Formen der Strahlung und weitere 27 Prozent in der so genannten Dunklen Materie. Eine neue Untersuchung mit Daten aus dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS) liefert das bisher stärkste Argument zugunsten der Annahme, dass Galaxien in den Zentren riesiger Ansammlungen Dunkler Materie "schwimmen", die bis zu 50-mal mehr Masse enthalten als die Galaxien selbst. Dr. Francisco Prada, Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und Instituto de Astrofisica de Canarias, hat die Studie seiner Gruppe nun auf einer Konferenz im spanischen La Palma vorgestellt.

Die Ergebnisse des internationalen Astronomen-Teams stützen die heute allgemein akzeptierten Theorien der Dunklen Materie und stehen im Widerspruch zu einer Alternative - der Modifizierten Newtonschen Dynamik. Diese MOND genannte Theorie blieb seit ihrer ersten Formulierung im Jahr 1983 umstritten: Sie erklärt die dynamischen Eigenschaften von Galaxien - vor allem die wachsenden Umlaufgeschwindigkeiten der Sterne in den Außenbereichen der Milchstraßensysteme - nicht mit der "anziehenden" Kraft unsichtbarer Materie, sondern postuliert, dass sich in diesen galaktischen Gegenden das Newtonsche Gravitationsgesetz ändert.

Francisco Prada und seine Kollegen bestimmten die Geschwindigkeit von etwa 3000 kleineren Galaxien, die als "Satelliten" um große, isolierte Einzelgalaxien laufen. Diese 3000 Sternsysteme wählten die Wissenschaftler aus einer Liste von 250.000 Galaxien aus, die sie im Rahmen einer automatischen Himmelsdurchmusterung - dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS) - gefunden hatten.

Das Prinzip der Messungen ist einfach und seit Johannes Kepler bekannt: Die Umlaufgeschwindigkeit eines kleinen Körpers fällt mit dessen Abstand vom massereichen Zentralkörper stark ab - wie im Fall der Planeten unseres Sonnensystems, deren Bahnen praktisch nur die Sonne und keine Dunkle Materie umschließen. Anders in der Umgebung von massereichen Galaxien, wo sich nach den gegenwärtigen kosmologischen Vorstellungen die Dunkle Materie stark konzentriert: Dort sollte die Umlaufgeschwindigkeit von Satellitengalaxien mit deren Abstand von der Zentralgalaxie wesentlich langsamer abnehmen.

Mithilfe der "Dopplerverschiebung" in den Spektren ermittelten die Forscher die Geschwindigkeit jeder einzelnen Satellitengalaxie relativ zu ihrer Zentralgalaxie. Die auf diese Weise erhaltenen Geschwindigkeitsverteilungen lassen sich nur mit der Existenz der theoretisch geforderten Dunklen Materie erklären und widersprechen der alternativen MOND-Theorie. Die Untersuchung weiterer großer Galaxien und ihrer Satelliten soll eine genauere Bestimmung der Verteilung der Dunklen Materie in ihrer Umgebung ermöglichen.

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An dem Projekt waren Forscher aus folgenden Institutionen beteiligt: Max-Planck-Institut für Astronomie, Centro Astronomico Hispano-Aleman, New Mexico State University, Princeton University Observatory, Apache Point Observatory, University of Michigan, Eötvös University und Johns Hopkins University.

Mit dem Sloan Digital Sky Survey durchmustern die Astronomen ein Viertel des gesamten Himmels und bestimmen Position und Helligkeit von rund 100 Millionen Objekten. Darüber hinaus messen sie die Entfernungen von mehr als einer Million Galaxien und Quasaren. Das Hauptteleskop besitzt einen Spiegel mit 2,5 Metern Durchmesser und steht auf dem Apache Point im US-Bundesstaat New Mexico. An dem internationalen Projekt Sloan Digital Sky Survey (SDSS) sind die Max-Planck-Institute für Astronomie und für Astrophysik beteiligt.

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