Pionier der "grünen" Gentechnik verstorben

Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung trauert um Jozef Schell

24. April 2003

Prof. Dr. Jozef Stefaan Schell ist am Donnerstag, den 17. April 2003, im Alter von 67 Jahren verstorben. Mit ihm verliert die internationale Pflanzenmolekularbiologie einen ihrer herausragendsten Wissenschaftler. Mit der Entdeckung des natürlichen Gentransfers von Bakterien auf Pflanzen wurde Jozef "Jeff" Schell zu einem der Begründer der "grünen" Gentechnik.

Jeff Schell war seit 1978 Direktor am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung und leitete dort bis Juli 2000 die Abteilung "Molekulare Grundlagen der Pflanzenzüchtung". Für seine wegweisenden Entdeckungen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und trug somit wesentlich zur internationalen Reputation des Kölner Instituts bei. Durch seine charismatische Ausstrahlung beeinflusste der weit über die Grenzen seines Instituts hinaus geschätzte Wissenschaftler zahlreiche in- und ausländische Kollegen. Das Kollegium und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung trauern um eine einzigartige Persönlichkeit, einen begeisternden Lehrer und einen herausragenden Forscher und Förderer der Pflanzenwissenschaften.

Forschung
Das Forschungsinteresse von Jeff Schell galt der Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Mikroorganismen. Speziell erforschte er die Interaktion von Bodenbakterien mit Pflanzen bei der symbiotischen Stickstoff-Fixierung sowie bei der Bildung von Gewebetumoren.

Mit der Entdeckung, dass Bodenbakterien von Natur aus in der Lage sind, Gene auf Pflanzen zu übertragen und so Krankheiten auszulösen, legte Jeff Schell einen Meilenstein in der molekularen Pflanzenforschung. Er erkannte, dass dieses Phänomen eine neue Ära in der Züchtung von Nutzpflanzen eröffnen könnte. Auf dieser Entdeckung, die Schell zusammen mit Kollegen an der Universität Gent machte, basiert eine heute vielfach genutzte Methode, artfremde Gene gezielt in das Erbgut von Pflanzen einzuschleusen. Wichtigster Schritt war die Erkenntnis, dass das Agrobacterium tumefaciens Gewebewucherungen bei Pflanzen auslöst. Hierbei baut das Bakterium einen Teil seiner DNA, die auf einem so genannten Plasmid liegt, in das Erbgut der Wirtspflanze ein Wissenschaftlern gelang es anschließend, diesen krankheitsauslösenden Prozess zu entschärfen und statt dessen das Bakterium als "Genfähre" nutzbar zu machen.

Werdegang
Jeff Schell wurde am 20. Juli 1935 in Antwerpen in Belgien geboren. Er studierte an der Universität Gent Zoologie und wurde im Fach Mikrobiologie promoviert. Von 1967 bis 1995 war er an der Universität Gent als Professor tätig und gründete dort das bekannte Labor für allgemeine Genetik. 1978 erhielt er den Ruf nach Köln an das Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung. Seit 1980 war er auch als Honorarprofessor an der Universität zu Köln tätig und seit 1994 bekleidete er zudem eine Professur am renommierten Collège de France in Paris.

Mitgliedschaften
Jeff Schell war in zahlreichen Kommissionen und Gremien aktiv tätig. Einige seiner renommiertesten Funktionen seien hier genannt:

  • Chairman of Council of the European Molecular Biology Organisation (EMBO), Heidelberg

  • Gewähltes Aktives Mitglied der New York Academy of Sciences

  • Gewähltes Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina

  • Chairman of the Scientific Advisory Board des Otto-Warburg Centers in Rehovot, Israel

  • Gewähltes Auswärtiges Mitglied der National Academy of Sciences, USA

  • Gewähltes Auswärtiges Mitglied der Indian National Science Academy

  • Gewähltes Mitglied der Royal Swedish Academy, Stockholm

  • Auswärtiges Mitglied des biologischen Forschungszentrums der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Szeged, Ungarn

  • Gewähltes Auswärtiges Ehrenmitglied der Academy of Arts and Sciences in Cambridge, Großbritannien

Auszeichnungen
Jeff Schell wurde national wie international mit zahlreichen wissenschaftlichen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Besonders zu erwähnen ist der Japan-Preis, den er 1998 zusammen mit seinem Kollegen Marc Van Montagu erhielt.
Weiterhin sind zu nennen:

  • Ehrendoktortitel der Université Louis Pasteur, Straßburg

  • Mendel-Medaille der Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina

  • "Sir Hans Krebs Medaille" des Verbands der Europäischen Biochemischen Gesellschaft in Barcelona

  • "Otto Bayer-Preis" der Otto Bayer-Stiftung

  • "Rank-Prize in Nutrition" des Rank Prize-Funds, London, Großbritannien

  • "IBM Europe Science and Technology Prize"

  • "Wolf-Prize in Agriculture" der Wolf-Stiftung, Israel

  • "Australia-Prize" der Australischen Akademie der Wissenschaften

  • "Charles Leopold Mayer-Prize" der Akademie der Wissenschaften, Paris

  • "Hansen-Gold-Medaille" der Emil-Christian-Hansen-Stiftung, Dänemark

  • "Max-Planck-Forschungspreis" der Alexander-von-Humboldt-Stiftung/ Max-Planck-Gesellschaft

  • "Wilhelm-Exner-Medaille", Wien

  • "Première Grande Médaille d'Or" der Akademie der Wissenschaften, Paris

  • "Commandeur in de Leopoldsorde" des Belgischen Königshauses
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