Die Geburtshelfer der Sterne

Magnetfelder bringen Molekülwolken dazu, sich zu verdichten und neue Sonnen zu produzieren

16. November 2011

Sterne und Planeten werden geboren, wenn riesige Wolken aus interstellarem Gas und Staub kollabieren. Was genau geschieht dabei in solchen kosmischen Kreißsälen? Welche Prozesse führen zum Kollaps? Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie haben erstmals die großräumige Ausrichtung von Magnetfeldern innerhalb von riesigen Gas- und Staubwolken einer anderen Galaxie gemessen. Dabei fanden sie heraus, dass Magnetfelder offenbar eine Schlüsselrolle bei der Geburtsvorbereitung der Sterne spielen.

So maßen Li und Henning die sogenannte Polarisation von Strahlung, die von Kohlenmonoxid-Molekülen (CO) stammt. Solche Moleküle machen einen winzig kleinen Teil des Gases der Molekülwolke aus. Polarisation ist eine Eigenschaft elektromagnetischer Wellen, welche die Orientierung der elektrischen und magnetischen Felder im Raum beschreibt. Dementsprechend enthält die Polarisation Informationen über die Orientierung der Magnetfelder in der Raumregion, in der die Strahlung ausgesandt wurde.

Zwar lässt sich die Richtung der Magnetfelder auf diese Weise nicht eindeutig rekonstruieren – es gibt unterschiedliche Magnetfeldanordnungen, die zur selben Polarisation führen –, aber die Polarisation gestattet Hinweise darauf, ob die Magnetfelder wild durcheinander oder entlang einer einheitlichen Richtung verlaufen.

Die beiden Forscher fanden, dass die Magnetfelder der sechs massereichsten Riesenmolekülwolken der Galaxie keineswegs chaotisch-turbulent sind, sondern direkt dem Verlauf der Spiralarme folgen. Würde die Turbulenz in diesen Wolken die dominante Rolle spielen, würde man im Gegensatz dazu erwarten, dass die Magnetfelder in der Wolke ungeordnet und zufällig durcheinander laufen.

Wie aber können Magnetfelder die Entstehung und den Kollaps von Molekülwolken beeinflussen? Die Wolken bestehen zu einigen Prozent aus Ionen, die ein Plasma bilden. In diesem Plasma sind magnetische Feldlinien regelrecht „eingebacken“ – das Plasma kann sich nur in Richtung der Feldlinien bewegen, nicht aber senkrecht dazu. Das zwingt auch den deutlich zahlreicheren Molekülen der Wolke ein bestimmtes Bewegungsmuster auf.

Ein ähnlicher Effekt lässt sich beim Sonnenwind beobachten: Elektrisch geladene Teilchen, die von unserem Tagesgestirn ausgesandt werden und die Erde erreichen, sind gezwungen, sich entlang der Feldlinien des Erdmagnetfelds zu bewegen. So werden sie in Richtung der Pole abgeleitet, wo ihr Auftreffen auf die Erdatmosphäre zu Polarlichtern führt.

Der Einfluss der Magnetfeldlinien ist wichtig, weil eine Molekülwolke nicht so ohne Weiteres zu der für die Stern- und Planetenentstehung benötigten Dichte kollabiert. Denn die meisten Teilchen bewegen sich, wenn sie der gegenseitigen Schwereanziehung folgen, nicht exakt in Richtung des Zentrums des Kollapses, sondern auch ein wenig seitwärts dazu. Magnetische Feldlinien, die über große Entfernungen hin gleich ausgerichtet sind, reduzieren den Seitwärtsdrall, prägen den Teilchenbewegungen eine großräumige Ordnung auf und fördern dadurch den Kollaps der Wolke.

Die Beobachtungen von Hua-bai Li und Thomas Henning liefern einen deutlichen Hinweis darauf, dass Magnetfelder in der Tat eine wichtige Rolle bei der Entstehung dichter Molekülwolken spielen – und damit den Boden bereiten für die Entstehung von Sternen und Planetensystemen wie unserem eigenen.

MP/HOR

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