Forschungsbericht 2005 - Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Max-Planck-Kommentare zum Welthandelsrecht

Autoren
Kaiser, Karen
Abteilungen
Zusammenfassung
Eine Kommentarreihe des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht mit dem Titel „Max Planck Commentaries on World Trade Law“ erklärt das gesamte Welthandelsrecht zum ersten Mal umfassend in sieben Bänden. Die Reihe umfasst einen Einführungsband und sechs weitere Bände, die Problemfelder und Schwerpunktbereiche des Welthandelsrechts vertiefen: die institutionellen Grundlagen und das Streitbeilegungsverfahren der WTO, die umstrittenen Bestimmungen zu technischen Standards und der Schutz von Gesundheit und Umwelt, Anti-Dumping, Subventionen und Schutzmaßnahmen, die Bestimmungen des GATT 1994 einschießlich der zahlreichen Nebenabkommen sowie die Bestimmungen des GATS und die im TRIPs-Übereinkommen geregelten Rechte des geistigen Eigentums.

Die Kommentarreihe „Max Planck Commentaries on World Trade Law“ erklärt das gesamte Welthandelsrecht erstmalig umfassend in sieben Bänden. Die Bände 1 und 2 sind in der ersten Hälfte des Jahres 2006 erschienen [1, 2], die Bände 3 und 4 werden in der zweiten Hälfte erscheinen. Mit der Arbeit an den Bänden 5 bis 7 ist begonnen worden.

Die Welthandelsorganisation (WTO) – Welthandelsordnung und Welthandelsrecht

Der erste Band der Kommentarreihe, „WTO – World Economic Order, World Trade Law“, basiert auf dem bei Carl Heymanns erschienenen deutschen Lehrbuch „WTO – Welthandelsordnung und Welthandelsrecht“ und aktualisiert dieses grundlegend. Er führt in das institutionelle System, die Grundprinzipien und die unterschiedlichen Regelungsbereiche der WTO ein. Ziel ist es, die geltenden Strukturen zu verdeutlichen, um den Lesern ein besseres Verständnis für die Fragen zu ermöglichen, die die Diskussionen im Welthandelsrecht bestimmen – und in den Folgebänden wieder aufgegriffen werden.

Die institutionellen Grundlagen und das Streitbeilegungsverfahren der WTO

Der zweite Band der Kommentarreihe, „WTO – Institutions and Dispute Settlement“, knüpft an die zwei großen Errungenschaften der Uruguay-Runde an – der Errichtung der WTO als einer im Vergleich zum GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) 1947 institutionell voll ausgestatteten internationalen Organisation einerseits und der Schaffung eines neuen, einheitlichen und verbindlichen Streitbeilegungssystems andererseits. Während das Scheitern der Ministerkonferenzen in Seattle und Cancun erste Risse in der institutionellen Struktur der WTO offenbart hat, war dem neuen Streitbeilegungssystem der WTO in dem ersten Jahrzehnt seines Bestehens überwiegend Erfolg beschieden.

Der Band umfasst die historische Entwicklung, die Auslegung und die praktische Anwendung des Übereinkommens zur Errichtung der WTO, der Artikel XXII, XXIII und XXIV GATT 1994, des Streitbeilegungsübereinkommens (DSU), des Mechanismus zur Überprüfung der Handelspolitik (TPRM) und zweier thematisch verwandter Vereinbarungen, der Vereinbarung zur Auslegung von Art. XXIV GATT 1994 und der Vereinbarung über Befreiungen von den Verpflichtungen nach dem GATT 1994. Daneben erörtert ein institutioneller Teil übergreifende Fragen wie zum Beispiel die unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts. Ein weiterer Teil zum Streitbeilegungsübereinkommen wird durch eine Würdigung der Reformvorschläge, die die Wirtschafts- und Handelsminister der WTO-Mitgliedsstaaten im Jahr 2001 in den DSU-Verhandlungen der so genannten Doha-Runde gemacht haben, abgerundet.

Technische Standards und der Schutz von Gesundheit und Umwelt

Der dritte Band der Kommentarreihe, „WTO – Technical Barriers and SPS Measures“ beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Regeln der WTO über technische Vorschriften und Normen sowie mit den Vorgaben für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen. Kommentiert werden das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (TBT-Übereinkommen) und das Übereinkommen über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS-Übereinkommen) sowie die in diesem Zusammenhang relevanten Vorschriften des GATT 1994. Ziel des TBT-Übereinkommens ist es, sicherzustellen, dass technische Vorschriften und Normen für Produkte, die von Mitglied zu Mitglied unterschiedlich sein können, den freien Welthandel nicht unnötig behindern. Parallel dazu regelt das SPS-Übereinkommen, wie die Mitglieder Maßnahmen zur Abwehr gesundheitlicher Risiken sowie pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen ergreifen können, ohne dass sie zum Schutz inländischer Produkte missbraucht werden. Beide Abkommen waren Gegenstand mehrerer WTO-Streitbeilegungsverfahren, wie beispielsweise im Hormonstreit zwischen der EU und den USA.

Der Band gibt einen umfassenden Überblick über die einzelnen Parameter für die Annahme technischer Vorschriften und für Maßnahmen zum Schutz von Gesundheit und Umwelt. Einbezogen werden die detaillierten Regelungen der Artikel III, XI und XX GATT 94, die unter anderem das Verhältnis von freiem Handel und Umweltschutz regeln. Die einzelnen Kommentierungen basieren im Wesentlichen auf einer Aufarbeitung der bisherigen Entscheidungen der WTO-Streitbeilegungsorgane sowie der Arbeit des „Ausschusses Technische Handelshemmnisse“ sowie des „Ausschusses für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen“. Dabei geht es sowohl um die materiellen Anforderungen der Abkommen als auch um die notwendigen prozeduralen Erfordernisse für die Verabschiedung von technischen Vorschriften und phytosanitären Maßnahmen. Neben der ausführlichen Analyse des Fallrechts beschäftigt sich der Kommentar auch mit neuen, bisher noch nicht entschiedenen Fragen, wie zum Beispiel mit Regeln, die genetisch veränderte Organismen betreffen.

Anti-Dumping, Subventionen und Schutzmaßnahmen

Der vierte Band der Kommentarreihe, „WTO – Trade Remedies“ beschäftigt sich mit dem gesamten Recht der trade remedies unter dem Dach der WTO. In der Rechtsordnung der WTO bezieht sich der Begriff trade remedies auf den – vorbehaltlich materieller und prozeduraler Anforderungen rechtfertigbaren – Erlass von Maßnahmen durch ein Mitglied der WTO in Bezug auf zu importierende Güter mit der Zielsetzung, eigene Wirtschaftszweige oder die nationale Volkswirtschaft insgesamt zu schützen und zu bewahren. Im Falle „gedumpter“ oder subventionierter Produkte reagieren trade remedies auf angeblich „unfairen“ Handel von außen, während bei Schutzmaßnahmen oder Zahlungsbilanzmaßnahmen der zugrundeliegende wirtschaftliche Engpass seinen eigentlichen Ursprung im Importland selbst findet. Im ersten Jahrzehnt seit der Gründung der WTO setzte sich die große Mehrheit der Panel- und Appellate-Body-Berichte mit Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der trade remedies auseinander – eine Tatsache, die den hohen Bedarf in Wissenschaft und Praxis nach Klärung, Aufarbeitung und Weiterentwicklung dieses Rechtsgebiets belegt.

Der Band kommentiert das Anti-Dumping-Übereinkommen, das Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, das Übereinkommen über Schutzmaßnahmen, die Vereinbarungen über die Zahlungsbilanzbestimmungen des GATT 1994 sowie die entsprechenden Artikel VI, XII und XIX GATT 1994. Oberste Aufgabe ist es hierbei, einerseits protektionistischen Reflexen einzelner WTO-Mitglieder stringent und effektiv zu begegnen, andererseits dabei die legitime Ausübung von regulatorischer Souveränität und die notwendige Flexibilität einer Handelsordnung in Fällen wirtschaftlicher Notlagen nicht – angesichts sich immer schneller vernetzender Märkte – über Gebühr einzuschränken. In einem rechtsvergleichenden Teil werden die rechtlichen Instrumente und Vorschriften der EU und der USA auf dem Gebiet der trade remedies für Schutzmaßnahmen, Anti-Dumping-Maßnahmen und Ausgleichszölle ausführlich dargestellt und im Lichte des WTO-Rechts kritisch beleuchtet.

Originalveröffentlichungen

P.-T. Stoll, F. Schorkopf:
WTO – World Economic Order, World Trade Law.
Nijhoff: Leiden 2006.
R. Wolfrum, P.-T. Stoll, K. Kaiser (eds.):
WTO – Institutions and Dispute Settlement.
Nijhoff: Leiden 2006.
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