Gammastrahlung von Terzan 5

Die Entdeckung aus Richtung des Kugelsternhaufens gibt den Astrophysikern aber Rätsel auf

Terzan 5 überrascht einmal mehr die Forscher: Mit dem H.E.S.S.-Teleskopsystem in Namibia haben sie aus Richtung des Objekts hochenergetische Gammastrahlung empfangen – und damit erstmals einen Kugelsternhaufen als Ort einer Gammaquelle identifiziert. Sie befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Außenbereichen von Terzan 5. Neben dieser exzentrischen Lage gibt der genaue Ursprung der Strahlung noch Rätsel auf.

Der Kugelsternhaufen Terzan 5 im Sternbild Schütze ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Verborgen hinter galaktischen Staubwolken und daher sehr lichtschwach, wurde er erst im Jahr 1968 von Agop Terzan auf Fotoplatten der Sternwarte Haute Provence in Frankreich entdeckt. Etwa 150 bekannte Kugelsternhaufen – enge kugelförmige Ansammlungen von Tausenden Sternen, die gravitativ aneinander gebunden sind – umkreisen als Teil des galaktischen Halos wie ein riesiger kugelförmiger Schwarm das Zentrum unserer Milchstraße. Sie gehören zu deren ältesten Objekten.

Terzan 5 befindet sich innerhalb der zentralen Bereiche der Galaxis nur wenig oberhalb der galaktischen Ebene in knapp 20.000 Lichtjahren Entfernung zur Erde. An Sterndichte übertrifft er die übrigen Kugelsternhaufen deutlich und enthält zudem die größte Zahl von Millisekunden-Pulsaren – rasch rotierenden Neutronensternen, die vermutlich zu engen Doppelsternsystemen gehören.

Im Jahr 2009 wiesen Wissenschaftler nach, dass Terzan 5 zwei verschieden alte Populationen von Sternen umfasst, die eine etwa 12, die andere sechs Milliarden Jahre alt. Aufgrund dieser Eigenheiten vermuten die Forscher, dass der Kugelsternhaufen der Überrest einer Zwerggalaxie ist, die von unserer Galaxis eingefangen wurde.

Forscher des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Kernphysik und 33 weiterer Institutionen der H.E.S.S.-Kollaboration haben nun eine neue Quelle (HESS J1747 – 248) sehr hochenergetischer Gammastrahlung entdeckt, die sich nahezu in derselben Richtung am Himmel befindet wie Terzan 5. Diese unmittelbare Nachbarschaft legt nahe, dass es sich tatsächlich um einen bisher unbekannten Teil des Kugelsternhaufens handelt, zumal die Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Richtungsübereinstimmung anhand der Häufigkeit bekannter Gammaquellen unter 1:10.000 liegt.

Zum Nachweis dieser Gammastrahlung, deren Energie pro Quant die des sichtbaren Lichts um das Billionenfache übertrifft, dient das Tscherenkow-Teleskopsystem H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia. Es besteht aus vier Großteleskopen, die mit ultraschnellen Kameras äußerst schwache Lichtspuren (Tscherenkow-Strahlung) von atmosphärischen Teilchenschauern aufnehmen, die kosmische Gammaquanten in etwa zehn Kilometern Höhe auslösen. Die zeitgleiche Beobachtung aus bis zu vier verschiedenen Blickrichtungen erlaubt es, die wahre Position der Gammaquelle am Himmel zu rekonstruieren.

Die Entdeckung wirft eine Menge neuer Fragen auf. Bemerkenswert sind die längliche Form der Quelle und ihre Lage abseits des Haufenzentrums. Für den Ursprung der Gammastrahlung gibt es am Beispiel anderer bekannter Objekte eine Reihe von möglichen Erklärungen. Gestützt von theoretischen Modellen geht man davon aus, dass zunächst geladene Teilchen – Elektronen oder Protonen – in einem kosmischen Beschleuniger auf die entsprechenden Energien gebracht werden und sich dann in weiteren Stoßprozessen in Gammaquanten umwandeln.

Bei Elektronen kommen die oben erwähnten Millisekunden-Pulsare selbst in Frage oder auch von ihnen ausgehende Sternenwinde oder Schockfronten, wenn diese aufeinander treffen – was bei der hohen Sterndichte innerhalb eines Kugelsternhaufens plausibel erscheint. In der Tat wurde auch schon diffuse Röntgenstrahlung aus Terzan 5 nachgewiesen. Das erklärt allerdings nicht die räumliche Verschiebung der neuen Gammaquelle gegenüber dem Haufenzentrum, wo man sowohl die meisten Pulsare als auch Wechselwirkungen der hochenergetischen Elektronen mit dem Sternenlicht erwarten würde.

Protonen könnten in Supernovaüberresten beschleunigt werden; dies ist aus anderen Quellen bekannt und Supernovae infolge von Sternkollisionen sind in Kugelsternhaufen durchaus zu erwarten. Aber wiederum stellt sich die Frage, warum die beobachtete Quelle abseits vom Zentrum liegt. Mögliche Antwort: Das eigentliche Quellobjekt könnte als Folge von nahen Sternbegegnungen in die Außenbereiche geschleudert worden sein.

Warum aber ist HESS J1747 – 248 „dunkel“, lässt sich also in den anderen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums bisher nicht nachweisen? „Letztlich ist die Natur der Quelle unklar, weil kein Gegenstück oder Modell die beobachtete Morphologie erklärt“, sagt Wilfried Domainko vom Max-Planck-Institut für Kernphysik.

Ziel zukünftiger Untersuchungen wird daher der benachbarte Bereich niedrigerer Gammaenergien sein, der sich im Fall von Terzan 5 dem Nachweis sowohl durch Satellitenmessungen als auch Beobachtungen vom Erdboden nach Art von H.E.S.S. entzog. Derzeit ist ein fünftes Großteleskop (H.E.S.S. II) in Bau, das eine fünffach größere Spiegelfläche (600 Quadratmeter) besitzt. Mit der dadurch gesteigerten Empfindlichkeit soll es auch weniger energiereiche Quanten nachweisen, die lichtschwächere Teilchenschauer auslösen.

BF / HOR

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