Selbstlos zum gemeinsamen Erfolg

Ein möglicher Anreiz zum Energiesparen: Menschen bestrafen Eigennutz eher, wenn ihre Gruppe mit anderen konkurriert

20. April 2011

Was ein Fußball-Team zu engagiertem Zusammenspiel motiviert, könnte auch dem Klimawandel zugutekommen. Die Mitglieder einer Gruppe handeln nämlich dann besonders uneigennützig und zum Wohl der Gruppe, wenn sich ihre Gemeinschaft im Wettbewerb mit anderen befindet. Sie nehmen dann auch eher eigene Nachteile hin, um Mitglieder ihrer Gruppe zu bestrafen, die sich egoistisch verhalten. Diese Erkenntnis hat eine Forschergruppe um den Wirtschaftswissenschaftler Lauri Sääksvuori am Jenaer Max Planck Institut für Ökonomik in spieltheoretischen Untersuchungen gewonnen. Daraus könnte sich ein Ansatz ergeben, Menschen zum Energiesparen anzuspornen.

Ein Stürmer, der vor allem an die eigene Torstatistik denkt, dürfte seiner Mannschaft manchen Sieg verpatzen. Muss er dagegen für eigensinnige Aktionen einen Obulus an die Mannschaftskasse entrichten, dürfte er etwa am Elfmeterpunkt dem vom Trainer bestimmten Schützen den Vortritt lassen. Auf ähnliche Weise lassen sich möglicherweise Anreize schaffen, uneigennütziges Verhalten zu fördern, um etwa das Klima zu schützen. Das legen Erkenntnisse nahe, die Forscher am Jenaer Max-Planck Institut für Ökonomik gewonnen haben.

In vielen Fällen hängt der Erfolg einer Gruppe davon ab, dass ihre Mitglieder entgegen möglicher eigennütziger Interessen zum Wohle der Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Wie gut Mitglieder konkurrierender Gruppen miteinander kooperieren und wie sie damit umgehen, wenn einzelne nur ihren Eigennutz verfolgen, untersuchten die Wissenschaftler in einem spieltheoretischen Laborexeriment. „Wir wussten, dass Gruppen, deren Mitglieder kooperieren, erfolgreicher sind. Unter welchen Umständen aber werden sie aktiv, wenn egoistisches Verhalten dem Erfolg der Gruppe im Weg steht?“, erläutert Studienleiter Lauri Sääksvuori die Fragestellung, die er mit seinen Kollegen Tapio Mappes und Mikael Puurtinen von der Universität Jyväskylä in Finnland untersucht hat.

Die Forscher bildeten Gruppen, deren Mitglieder in 30 Spielrunden Gelder auf ein eigenes oder das Gruppenkonto verteilen konnten. Den Betrag auf dem Gruppenkonto verdoppelten die Forscher nach jeder Runde und teilten ihn unter allen Mitgliedern auf – das Geld egoistisch zu horten, half also nur dem Einzelnen, wirkte sich aber negativ auf den Erfolg aller aus.

Konsequentere Strafen für den Gruppenerfolg

Allerdings variierten die Forscher die Bedingungen: In einigen Gruppen gab es die Möglichkeit, eigennützig handelnde Mitglieder durch Punktabzug zu sanktionieren – dies kostete jedoch auch den Strafenden Punkte. Gleichzeitig standen manche Gruppen im Wettbewerb miteinander, dort gewann die Gruppe mit dem am besten gefüllten Gemeinschaftskonto bei Spielende.

Die Verhaltensforschung würde nun erwarten, dass rationale Individuen nicht sanktionieren, sondern abwarteten, um die Kosten der Sanktion anderen zu überlassen. Wenn alle Mitglieder so handeln, blockiert sich die Gruppe, und der Erfolg sinkt. Die Forscher beobachteten aber ein anderes Verhalten: Sobald ihre Gruppe im Wettbewerb mit anderen steht, warten Gruppenmitglieder nicht mehr ab, ob ein anderer die Sanktion vornimmt – sie handeln schnell und nehmen die Kosten auf sich, zum Vorteil der ganzen Gruppe.

„Der Wettbewerb zwischen den Gruppen bietet damit einen Anreiz-Mechanismus, um kulturelle Einstellungen zu verändern. Ein Fußballteam spielt auch mannschaftsdienlicher, wenn es um den Pokal geht“, ordnet Lauri Sääksvuori die Ergebnisse ein. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Unter anderem könnte die Politik spielerische Anreize schaffen, Energie zu sparen. So könnte ein Wettbewerb zwischen Dörfern oder Gemeinden um den Titel der größten Energiesparer helfen, den sozialen Druck auf notorische Energieverschwender zu erhöhen.

StS/PH

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