Forschungsbericht 2007 - Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

Magnetresonanztomographie bei hohen Feldstärken: Ist stärker besser?

Autoren
Heidemann, Robin M.
Abteilungen
Neurophysik (Prof. Dr. Robert Turner), MPI für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig
Zusammenfassung
Die Magnetresonanztomographie ist das wichtigste Werkzeug in den modernen Neurowissenschaften. Durch die ständig verbesserte räumliche und zeitliche Auflösung dieses bildgebenden Verfahrens konnten große Fortschritte in der Gehirnforschung erzielt werden. Heutzutage ist man jedoch an einem Punkt angelangt, an dem einer weiteren Erhöhung der Auflösung Grenzen gesetzt sind. Die Verwendung von Hochfeldgeräten kann diese Grenzen überwinden und wird zu neuen Erkenntnissen über das menschliche Gehirn führen.

Magnetresonanztomographie als Werkzeug der Neurowissenschaften

In den Neurowissenschaften kommt der Magnetresonanztomographie (MRT) als nicht invasives bildgebendes Verfahren eine besondere Bedeutung zu. MRT-Untersuchungen können beliebig oft wiederholt werden. Mit der MRT lassen sich verschiedene Kontraste, die aus unterschiedlichen physikalischen und physiologischen Eigenschaften von Gewebe resultieren, darstellen. Neben der rein anatomischen Bildgebung können auch physiologische Vorgänge wie die Aktivierung von Gehirnarealen oder die Durchblutung von Gehirngewebe erfasst werden. Dies macht die MRT zu einem einzigartigen Werkzeug in der Erforschung des menschlichen Gehirns.

In der Forschung ist man bestrebt, physiologische Vorgänge mit einer immer höheren räumlichen und zeitlichen Auflösung zu erfassen. Dabei stößt man zusehends an die Grenzen dessen, was mit heutigen Standard-MRT-Geräten möglich ist. In der Regel sind MRT-Untersuchungen durch die Aufnahmezeit beschränkt. Lange Aufnahmezeiten bedeuten immer eine höhere Anfälligkeit gegenüber störenden Einflüssen, beispielsweise Änderungen im Blutfluss und im Blutvolumen, aber auch Störungen, die ganz allgemein durch die Atembewegung, den Herzschlag und Körperbewegung verursacht werden. All diese Effekte werden unter dem Sammelbegriff physiologisches Rauschen zusammengefasst. Ultraschnelle MRT-Aufnahmeverfahren wie „echo-planar imaging“ (EPI) [1] können das physiologische Rauschen minimieren. In Verbindung mit erheblichen Fortschritten in der Technik von MRT-Geräten haben solche Aufnahmeverfahren die Aufnahmezeit für ein zweidimensionales Schnittbild aus dem menschlichen Körper von vielen Minuten auf Bruchteile von Sekunden reduziert. Einer weiteren Steigerung der Aufnahmegeschwindigkeit durch stärkere und schnellere Gradientensysteme, die in der MRT für die Ortskodierung verwendet werden, sind neben rein technischen auch physiologische Grenzen gesetzt. Um Nervenstimulationen oder Gewebeerwärmung bei Patienten und Probanden zu vermeiden, dürfen Gradientenstärke und Schaltzeiten festgesetzte Grenzwerte nicht überschreiten.

Neben dem physiologischen Rauschen gibt es noch das thermische Rauschen, welches dem ohnehin schwachen MR-Signal überlagert ist. Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis (S/R) ist eine wichtige Kenngröße für die Bildqualität in der MRT. Bei unzureichendem S/R ist es nicht mehr möglich, zwischen MR-Signal und Rauschen im Bild zu unterscheiden. Das S/R hängt unter anderem von der Aufnahmegeschwindigkeit und der Auflösung ab. Damit begrenzt das S/R direkt die Möglichkeit, Aufnahmegeschwindigkeit und Auflösung von MRT-Aufnahmen zu erhöhen.

Ultra-Hochfeld-MRT: Stärker ist besser

Eine wesentliche Methode, die Grenzen der MRT auszuweiten, besteht darin, höhere Magnetfeldstärken zu verwenden. In der klinischen Routine zeichnet sich ab, dass die zurzeit gebräuchliche Standardfeldstärke von 1,5 Tesla (etwa 30.000-mal stärker als das Erdmagnetfeld) auf 3 Tesla erhöht wird. Diese Entwicklung ist ein direktes Resultat aus der Forschung, wo man bereits von der Hochfeld-MRT (bis etwa 4 Tesla) zur Ultra-Hochfeld-MRT übergegangen ist. Das MR-Signal wächst quadratisch mit der Magnetfeldstärke, wohingegen das Rauschen linear zunimmt. Daher erhofft man sich durch die höhere Feldstärke ein verbessertes S/R. Ein direkter Vergleich anatomischer Aufnahmen bei 3 Tesla und bei 7 Tesla (Abb. 1) zeigt deutlich, dass man durch das höhere S/R bei 7 Tesla (Abb. 1b) eine bessere Auflösung bei ansonsten identischen Bedingungen erzielen kann.

Ultra-Hochfeld-MRT: Ist stärker besser?

Neben dem erwünschten Effekt des verbesserten S/R skalieren sich allerdings auch unerwünschte Größen mit der Feldstärke. Vor allem bei ultraschnellen MRT-Bildgebungsmethoden wie dem erwähnten EPI-Verfahren treten feldstärkeabhängige Probleme auf. Dieses Verfahren ist besonders effektiv als sogenannte Einzelschusssequenz, bei der die gesamten MRT-Daten eines Bildes nach einer einzelnen Hochfrequenz-Anregung ausgelesen werden. Während der Zeit des Auslesens verringert sich das MRT-Signal kontinuierlich aufgrund unterschiedlicher Relaxationsprozesse. Durch diesen raschen Signalabfall haben die gleichen MRT-Daten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden, verschieden starke Signalintensitäten. Ab einem gewissen Zeitpunkt nach der Anregung würden aufgenommene MRT-Daten nicht mehr genügend Signal enthalten, um eine nützliche Bildinformation zu liefern. Dieser Effekt des Signalabfalls wird im Hochfeld, verglichen mit dem Standardfeld von 1,5 Tesla, noch verstärkt, da die entsprechenden Relaxationszeiten hier deutlich verkürzt sind.

Ein weiteres, ebenfalls feldstärkeabhängiges Problem beim EPI-Verfahren sind die sogenannten Suszeptibilitätsartefakte. Dies sind lokale Verzerrungen der Objektgeometrie, die besonders im Bereich von Gewebe-Luft-Grenzflächen auftreten (frontale und basale Gehirnregionen in der Nähe der Nebenhöhlen und des Innenohres). An Gewebe-Luft-Grenzflächen kommt es zu starken Änderungen der magnetischen Eigenschaften, den Suszeptibilitätssprüngen. Sie wirken zusammen mit dem Grundmagnetfeld wie zusätzliche lokale Magnetfeldgradienten, deren Stärke sich mit der Grundmagnetfeldstärke skaliert. Diese lokalen Gradienten stören die Ortskodierung, die in der MRT mit Magnetfeldgradienten erzeugt wird, und führen zu Verzerrungen der Objektgeometrie.

Ein weiteres hochfeldspezifisches Problem ist die spezifische Absorbtionsrate (SAR), also die pro Zeiteinheit und Körpergewicht im Körper aufgenommene Energie durch die Hochfrequenzanregung. Besonders bei der Ultra-Hochfeld-MRT ist das SAR-Limit schnell erreicht und eine Messung nicht mehr möglich.

Ultra-Hochfeld-MRT: Herausforderung und Chance

Die einfachste Möglichkeit, den störenden Einfluss von hochfeldspezifischen Problemen auf die Bildqualität zu reduzieren, besteht darin, schnellere Bildgebung zu betreiben. Dabei hat sich in der Hochfeld-MRT die Verwendung der parallelen Bildgebung als besonders vorteilhaft erwiesen [2].

Bei der parallelen Bildgebung hängt die Aufnahmezeit direkt von der Menge der aufzunehmenden Bilddaten ab. Reduziert man die Menge dieser Daten, reduziert sich auch die Aufnahmezeit. Zur besseren Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Bild und dem Bilddatenraum wird Letzterer im weiteren k-Raum genannt. Die Idee, die k-Raumdaten zu verringern, ist nicht neu, in der Regel passt man die Auflösung und damit die Ausdehnung des k-Raumes der zu untersuchenden Fragestellung an. Abbildung 2 verdeutlicht dies anhand vereinfachter Schemata. Es wird dabei angenommen, dass der k-Raum zeilenweise aufgenommen wird. Tatsächlich verwenden die meisten MRT-Aufnahmeverfahren diese Art der Abtastung. Der Abstand benachbarter k-Raumzeilen wird durch das sogenannte Sichtfeld, dem eindeutig abzubildenden Bildbereich, bestimmt. Ein großes Sichtfeld führt zu kleineren Abständen zwischen den k-Raumzeilen.

Bei der parallelen Bildgebung wird die Abtastdichte im k-Raum verringert, indem der Abstand zwischen benachbarten Zeilen vergrößert wird. Dadurch wird das Sichtfeld im Bildraum kleiner und es kommt zu so genannten Faltungsartefakten. Dabei falten alle Bereiche des Objektes, die außerhalb des Sichtfeldes liegen, wieder zurück in dieses. Als Beispiel ist in Abbildung 2c ein um den Faktor zwei reduzierter k-Raum dargestellt, hierbei wurde jede zweite k-Raumzeile ausgelassen. Im Vergleich mit dem Referenzbild von Abbildung 2a kann solch eine Aufnahme in der Hälfte der Zeit geschehen, doch in der Regel ist ein Bild mit solchen Faltungsartefakten nicht verwertbar. Parallele Bildgebung bedeutet nun ganz allgemein, dass diese Faltungsartefakte von vornherein vermieden werden, indem ausgelassene k-Raumzeilen rekonstruiert werden.

Ein anderes Verfahren zur Erhöhung der Aufnahmegeschwindigkeit ist die Zoomed-Technik [3]. Ähnlich wie bei der parallelen Bildgebung wird der k-Raum mit verringerter Dichte abgetastet, was zu einem verkleinerten Sichtfeld und somit zu Faltungsartefakten führt. Bei der Zoomed-Technik werden aber vor der eigentlichen Aufnahme alle Regionen außerhalb des verkleinerten Sichtfeldes derart präpariert, dass aus diesen Bereichen kein MR-Signal mehr entstehen kann. Es kommt so zu Einfaltungen von Bereichen, die nicht sichtbar sind (Abb. 3). Die Zoomed-Technik kann noch weiter verbessert werden, wenn man sie mit der parallelen Bildgebung kombiniert [4].

Die Aufnahmegeschwindigkeit in der MRT lässt sich auch durch die Verwendung anderer Abtaststrategien erhöhen. Neben der gebräuchlichen kartesischen k-Raumabtastung (Abb. 2) gibt es nicht-kartesische Abtastschemata. Bei der Spiralbildgebung etwa wird der gesamte k-Raum entlang einer archimedischen Spiralbahn abgetastet. Anders als bei der kartesischen Bildgebung werden hier zeitgleich zwei Gradienten zur Kodierung verwendet, was besonders effektiv ist. Leider ist diese Technik, wie die EPI-Technik, anfällig gegenüber Suszeptibiblitätseffekten. Bei einer Feldstärke von 3 Tesla ist es nicht möglich, eine hochaufgelöste Spiralaufnahme im Einzelschussverfahren mit akzeptabler Bildqualität zu erzielen (Abb. 4a). Ein neu entwickeltes Verfahren für die nicht-kartesische parallele Bildgebung [5] erlaubt eine beschleunigte Spiralakquisition mit deutlich verbesserter Bildqualität gegenüber der konventionellen Aufnahme (Abb. 4b).

Der Schritt zu höheren Magnetfeldstärken in der MRT ist nicht unumstritten. Der Aufwand für die Installation und den Betrieb solcher Geräte ist deutlich höher als bei Standard-MRT-Geräten. Auch die in diesem Artikel beschriebenen hochfeldspezifischen Probleme treten viel deutlicher auf. Andererseits sind mit Standardgeräten keine Fortschritte mehr in der räumlichen und zeitlichen Auflösung von MRT-Aufnahmen zu erzielen. Noch vor wenigen Jahren wurde der Sinn von Hochfeldgeräten bis 3 Tesla in der medizinischen Diagnostik infrage gestellt. Mittlerweile etabliert sich in der klinischen Routine ein neuer Standard bei 3 Tesla. Die Wissenschaft muss immer einen Schritt voraus gehen, deshalb ist es logisch, den Schritt von der Hochfeld-MRT zur Ultra-Hochfeld-MRT zu tun.

Ist stärker besser – ist die Ultra-Hochfeld-MRT besser als die Hochfeld-MRT? Obwohl dies eine einfache Frage ist, gibt es keine einfache Antwort darauf. Fest steht, dass auch die Probleme zunächst einmal größer sind. In der Arbeitsgruppe für Neurophysik am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften wird zurzeit an den Lösungen dieser Probleme gearbeitet, um die Vorteile der Ultra-Hochfeld-MRT nutzbar zu machen. Diese Vorteile werden dann genutzt, um Substrukturen in Gehirnarealen und Verknüpfungen zwischen einzelnen Arealen anatomisch und physiologisch mit einer bisher nicht erreichbaren Genauigkeit zu erfassen. Dadurch erhofft man sich neue, tief greifende Erkenntnisse über das menschliche Gehirn.

Originalveröffentlichungen

P. Mansfield:
Multi-planar image formation using NMR spin echoes.
Journal of Physics C: Solid State Physics 10, L55–L58 (1977).
R. M. Heidemann, N. Seiberlich, M. A. Griswold, K. Wohlfarth, G. Krueger, P. M. Jakob:
Perspectives and Limitations of Parallel MR Imaging at High Field Strengths.
Neuroimaging Clinics of North America 16, 311–320 (2006).
J. Pfeuffer, P.-F. van de Moortele, E. Yacoub, A. Shmuel, G. Adriany, P. Andersen, H. Merkle, M. Garwood, K. Ugurbil, X. Hu:
Zoomed Functional Imaging in the Human Brain at 7 Tesla with Simultaneous High Spatial and High Temporal Resolution.
Neuroimage 17, 1, 272–286 (2002).
R. M. Heidemann, F. Fasano, M. Vogler, C. Leuze, J. Pfeuffer, R. Turner:
Improving Image Quality by Combining Outer Volume Suppression and Parallel Imaging: zoomed EPI with GRAPPA at 7T.
In: Proceedings of the 16th Scientific Meeting ISMRM, Toronto 2008, p. 1284.
R. M. Heidemann, M. A. Griswold, N. Seiberlich, G. Krüger, S. A. R. Kannengiesser, B. Kiefer, G. Wiggins, L. Wald, P. M. Jakob:
Direct Parallel Image Reconstructions for Spiral Trajectories Using GRAPPA.
Magnetic Resonance in Medicine 56, 317–326 (2006).
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