Forschungsbericht 2005 - Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Annihilation-Upconversion-Fluoreszenz bei nicht kohärenter Anregung mit Sonnenlicht

Autoren
Baluschev, Stanislav; Laquai, Frédéric; Wegner, Gerhard
Abteilungen

Festkörperchemie der Polymere (Prof. Dr. Gerhard Wegner)
MPI für Polymerforschung, Mainz

Zusammenfassung
Erstmals wurde Photonenenergie-Upconversion in Lösungen aus Diphenylanthrazen und Platin-octaethylporphyrin bei Anregung mit nicht- kohärentem Licht geringer Intensität (~10 W/cm2) demonstriert. Der entscheidende Vorteil des hier vorgestellten Phänomens ist seine Unabhängigkeit von den Kohärenzeigenschaften des Anregungslichts.

Die direkte Umwandlung des langwelligen (niederenergetischen) Anteils des Sonnenlichts in kurzwelliges (höherenergetisches) Licht könnte die Effizienz heutiger Solarzellen drastisch erhöhen. Dieser Prozess ist nicht trivial, da Photonen niedriger Energie in Photonen hoher Energie umgewandelt werden müssen, was man als Upconversion bezeichnet. Bislang wurde dies nur durch simultane Absorption von zwei oder mehr Photonen niedriger Energie unter Verwendung kohärenter Lichtquellen (Laser) beobachtet. Man braucht dazu hohe Lichtintensitäten im Bereich von MW/cm2 bis zu GW/cm2, die mit nicht-kohärenten Lichtquellen nicht erreicht werden können.

Upconversion wurde von uns kürzlich in dünnen Filmen und Lösungen aus zwei oder mehr aktiven Komponenten beobachtet [1]. Als Sensibilisator wurden metallierte Porphyrin-Makrozyklen (MeOEP) in blau-emittierende Stoffe mit hoher Fluoreszenzquantenausbeute, wie z.B. Polyfluorene [2] oder Poly-pentaphenylene [3], eingemischt. Der Mechanismus der Upconversion beruht in unserem Fall auf der Erzeugung von metastabilen Triplettzuständen. Er unterscheidet sich in seinen photophysikalischen Eigenschaften signifikant von anderen Mechanismen [4], wie z.B. Zwei-Photonen-Absorption, parametrische Prozesse, Frequenzverdopplung, sequentielle Multiphotonenabsorption.

Der entscheidende Vorteil des hier vorgestellten Phänomens ist seine Unabhängigkeit von den Kohärenzeigenschaften des Anregungslichts. Die optische Anregung des Systems erfolgt im Bereich der linearen Absorption. Für die Effizienz der Upconversion ist es somit unerheblich, ob das Anregungslicht von einer kohärenten Lichtquelle (Laser) oder einer nicht-kohärenten Quelle (z.B. Sonnenlicht) stammt, lediglich Lichtintensität und Wellenlänge sind entscheidend. Ein weiterer Vorteil ist, dass man unterschiedliche Sensibilisatoren, die verschiedene Metallzentren enthalten, kombinieren kann, um so den Bereich der absorbierten Wellenlängen weiter zu vergrößern [2].

Im zunächst zu betrachtenden System aus blau-emittierender Polymermatrix und eindotierten MeOEP-Molekülen kommt es zu einer Anregung der MeOEP-Moleküle in den Singulettzustand durch Absorption von Photonen im Bereich der Q-Bande des Farbstoffs. Nachfolgend wird der Triplettzustand der MeOEP-Moleküle effizient bevölkert. Die Anwesenheit des Schweratoms erhöht aufgrund der Spin-Bahn-Kopplung die „Intersystem Crossing Rate“ signifikant. Der Triplettzustand ist vergleichsweise langlebig (µs). Somit bildet sich ein Reservoir aus angeregten Zuständen, die für weiteren Energietransfer zur Verfügung stehen. Theoretisch sind nun verschiedene Folgeprozesse möglich. Einerseits bimolekulare Triplett-Triplett-Annihilation (TTA) zwischen angeregten MeOEP-Molekülen [2, 3], wobei ein MeOEP-Molekül in den Grundzustand zurückkehrt. Im anderen Molekül wird ein höherer Singulettzustand bevölkert, dessen Energie nachfolgend auf die blau-emittierende Polymermatrix übertragen werden kann [2, 3]. Anderseits kann der Triplettzustand der MeOEP-Moleküle direkt auf den Triplettzustand der Matrix übertragen werden [5, 6] und dort annihilieren. Daraus ergibt sich ein angeregter Singulettzustand des Polymeren, der dann strahlend (verzögerte Fluoreszenz) zerfallen kann (Abb. 1). Welcher der beiden Upconversion-Prozesse überwiegt, hängt dabei entscheidend von der Lage des Triplettzustandes der verwendeten Matrixmoleküle ab.

Abbildung 2 zeigt die Photolumineszenzspektren eines Systems aus Poly(fluoren) dotiert mit 6 Gew.% (2,7,8,12,13,17,18-octaethyl-porphyrinato)Pt(II) (PtOEP), wobei nur die PtOEP-Moleküle angeregt wurden. Die Spektren zeigen die typische Fluoreszenz des Polyfluorens (a), die Fluoreszenz des PtOEP (b) und die Phosphoreszenz des PtOEP (c) [2]. Wie zu erwarten, wurde ebenfalls verzögerte Fluoreszenz aus den Singulettzuständen des Porphyrins und der konjugierten Polymermatrix beobachtet.

Eine deutliche Steigerung der Effizienz der Upconversion konnte durch Verwendung eines Poly-spirobifluoren-Anthrazen-Copolymers als Matrixpolymer erzielt werden, wie man aus Abbildung 3 erkennt [5]. In diesem System findet ein effizienter Energietransfer von den Triplettzuständen des PtOEP auf das Polymere statt, da der Triplettzustand des Copolymers unterhalb des Tripletts des PtOEP liegt. Die Triplett-Triplett-Annihilierung im Matrixpolymer bzw. eines Tripletts der Matrix mit einem Triplett des PtOEP ergibt die blaue Fluoreszenz der Polymermatrix. Im Vergleich zu PtOEP-dotierten Polylfluorenfilmen konnte hierdurch die Effizienz der Ausbeute an blauem Licht um das 20fache gesteigert werden.

Die Effizienz des Upconversion-Prozesses kann man weiter steigern. Dazu nutzt man einen Aufbau wie er typischerweise für Oberflächen-Plasmonen-Resonanz (surface plasmon resonance, SPR) verwendet wird. Im SPR-Aufbau führt die drastisch erhöhte Feldstärke an der Oberfläche eines Edelmetalls zu einer sehr effektiven und räumlich lokalisierten Anregung der Triplettzustände der PtOEP-Moleküle bereits bei Anregungsintensitäten im Bereich von wenigen W/cm2. Die lokalisierte Verteilung der Feldstärke entlang der Z-Achse führt zu einer hohen lokalen Dichte an angeregten Triplettzuständen und ist somit ideal für effiziente Triplett-Triplett-Annihilation. Weiterhin reduziert sich die Diffusionslänge, die die Tripletts zurücklegen bevor TTA stattfindet und somit reduziert sich auch die lokale Erwärmung der Probe. Als Folge des hocheffizienten TTA-Prozesses und der reduzierten lokalen Erwärmung zeigt die Upconversion-Fluoreszenzintensität eine nahezu quadratische Abhängigkeit von der Anregungsintensität, wie für bimolekulare Annihilierungsprozesse erwartet (Abb. 4) [7].

Upconversion-Fluoreszenz mit geringerer Anregungsintensität (wenige W/cm2) in dünnen Filmen eines konjugierten Polymeren dotiert mit Metall-Porphyrin wurde auch in Wellenleiterstrukturen beobachtet. Weiterhin führt die starke Lokalisation des anregenden elektromagnetischen Feldes im SPR-Aufbau zu einer starken Erhöhung der Upconversion-Effizienz verglichen mit „normalen“ Anregungsbedingungen mit 2-dimensionaler Fokussierung in der X-Y Ebene.

Die Kinetik der diffusionskontrollierten [8] Upconversion in Lösungen aus 9,10-diphenylanthrazen (DPA) dotiert mit 1 Gew.% (2,7,8,12,13,17,18-octaethyl-porphyrinato)Pt(II) (PtOEP) ist in Abbildung 5 gezeigt. Unter cw (continuous wave)-Anregungsbedingungen existieren gleichzeitig angeregte Porphyrin- und Diphenylanthrazen-Moleküle zusammen mit Molekülen im Grundzustand. Aufgrund der Absorptionsspektren der angeregten Zustände [9, 10] aller Moleküle wird die Emission des DPA teilweise reabsorbiert [9] und das Spektrum entsprechend verändert. Die Triplett-Triplett-Absorption des DPA liegt im Bereich von 420-470 nm, die des Porphyrins im Bereich von 415-440 nm.

Die Upconversion-Fluoreszenz der DPA-Moleküle kann nicht unmittelbar nach Einsetzen der optischen Anregung beobachtet werden. Wie in Abbildung 1 gezeigt, kommt es zur Ausbildung eines Upconversion-Kanals: in den ersten 1-5 Sekunden kann nur PtOEP-Phosphoreszenz (Maximum bei 646 nm) zusammen mit der PtOEP-Fluoreszenz (bei 540 nm) beobachtet werden. Nach einer bestimmten Zeit kommt es dann zu einem starken Anstieg der durch Upconversion bedingten Fluoreszenzintensität gefolgt von einem Anstieg der Fluoreszenzintensität des PtOEP, während die Phosphoreszenzintensität des PtOEP unverändert bleibt. Dabei zeigt sich eine starke Abhängigkeit der Anklingzeit der Upconversion-Fluoreszenz von der Anregungsintensität. Hohe Anregungsintensitäten verringern drastisch die Anklingzeit der Upconversion-Fluoreszenz.

Die externe Effizienz des Upconversion-Prozesses ist von hoher Bedeutung für eine praktische Anwendung. Es wurde experimentell eine optimale Dopingkonzentration von 1 Gew.% PtOEP ermittelt. Um die externe Effizienz abzuschätzen, wurden Mischungen aus DPA mit 1 Gew.% PtOEP unter zwei verschiedenen Bedingungen angeregt: bei 407 nm (Singulett-Absorptionsbande des DPA) und bei 532 nm (Q-Bande des PtOEP). Um die gleiche Fluoreszenzintensität der Matrixmoleküle zu erzeugen, musste bei 407 nm mit einer Intensität von 0,1 W/cm2 und bei 532 nm mit 1,25 W/cm2 angeregt werden, wobei alle anderen experimentellen Parameter konstant gehalten wurden. Unter Einbeziehung der relativen Extinktionskoeffizienten bei 407 nm und 532 nm und bei einer Quanteneffizienz des DPA in Lösung von 88 % bei Anregung der Singulett-Absorptionsbande konnte eine externe Effizienz von 8 % für die bimolekulare Upconversion-Fluoreszenz ermittelt werden.

Weiterhin konnten wir erstmals experimentell Upconversion-Photolumineszenz bei Anregung mit nicht-kohärentem Licht geringer Intensität in einer Lösung von DPA mit 1 Gew.% PtOEP zeigen. Als Anregungsquelle diente der grüne Anteil des Sonnenlichtspektrums, der durch Kombination mehrerer Linsen und Filter abgetrennt und auf einen Punkt mit ca. 1 mm Durchmesser fokussiert wurde. Die Lichtintensität im Fokus betrug ca. 10 W/cm2. Abbildung 6A (offene Symbole) zeigt den erhaltenen grünen Anteil des Sonnenlichtes ohne Anteile im ultravioletten und blauen Bereich des Spektrums. Das erzeugte cw-Fluoreszenzspektrum der Lösung von DPA + 1 Gew.% PtOEP bei Anregung mit dem grünen Anteil des Sonnenlichts ist ebenfalls in Abbildung 6A (gefüllte Symbole) gezeigt. Die blaue Upconversion-Fluoreszenz des DPA wurde in lateraler Richtung mithilfe eines fasergekoppelten Spektrometers beobachtet. Phosphoreszenz des PtOEP (Phosphoreszenz-Quantenausbeute 50 %) kann aufgrund der nahezu vollständigen Entvölkerung des Triplettzustandes nicht beobachtet werden. Die blaue Upconversion-Fluoreszenz des DPA kann in der Lösung deutlich als Spur des eindringenden Sonnenlichtes beobachtet werden (siehe Abb. 6B).
Unsere Resultate demonstrieren erstmals effiziente Photonenenergie-Upconversion in einem Zweikomponenten-Lösungssystem bzw. in Festkörpersystemen bei Einsatz nicht kohärenten Lichts mit geringer Intensität.

Originalveröffentlichungen

A. Yasuda, G. Nelles, T. Miteva, P. Keivanidis, J. Lupton, S. Balouchev:
Composition for Photon-energy Up-conversion.
Patent AU2004202413 (2003).
P. E. Keivanidis, S. Baluschev, T. Miteva, G. Nelles, U. Scherf, A. Yasuda, G. Wegner:
Up-conversion in polyfluorene doped with metal (II)-octaethyl.
Advanced Materials 15, 2095-2098 (2003).
S. Baluschev, J. Jacob, Y. S. Avlasevich, P. E. Keivanidis, T. Miteva, A. Yasuda, G. Nelles, A. C. Grimsdale, K. Müllen, G. Wegner:
Enhanced Operational Stability of the Up-Conversion Fluorescence in Films of Palladium-porphyrin end-capped poly- (pentaphenylene).
ChemPhysChem 6, 1250-1253 (2005).
S. Carusotto, G. Fornaga, E. Polacco:
Two-Photon Absorption and Coherence.
Physical Review 157, 1207-1213 (1967).
F. Laquai, G. Wegner, C. Im, A. Büsing, S.Heun:
Efficient upconversion fluorescence in a blue-emitting spirobifluorene-anthracene copolymer doped with low concentrations of Pt(II)octaethylporphyrin.
Journal of Chemical Physics 123, 074902 (2005).
R. R. Islangulov, D. V. Kozlov, F. N. Castellano:
Low power upconversion using MLCT sensitizers.
Chemical Communications 30, 3776-3778 (2005).
S. Baluschev, F. Yu, T. Miteva, S. Ahl, A. Yasuda, G. Nelles, W. Knoll, G. Wegner:
Metal-Enhanced Up-Conversion Fluorescence: Effective Triplet-Triplet Annihilation near Silver Surface.
Nano Letters 5 (12), 2482-2484 (2005).
P. Borowicz, B. Nickel:
Application of high-accuracy time-resolved laser spectroscopy to the study of diffusion-controlled triplet-triplet annihilation.
Opto-Electronics Review 12 (3), 325-332 SEP (2004).
T. Suzuki, M. Nagano, S. Watanabe, T. Ichimura:
Study of the photophysics and energy transfer of 9,10-diphenylanthracene in solution.
Journal of Photochemistry and Photobiology A-Chemistry 136 (1-2), 7-13 (2000).
S. Baluschev, P. E. Keivanidis, G. Wegner, J. Jacob, A. C. Grimsdale, K. Müllen:
Up-conversion Photoluminescence in poly (ladder-type-pentaphenylene) doped with metal (II)-octaethyl porphyrins.
Applied Physics Letters 86, 061904 (2005).
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