Forschungsbericht 2009 - Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung

PDI-Chaperone und Substrat-Proteine in der Pathogenese von Tumorerkrankungen

Autoren
Ferrari, David M.
Abteilungen

Proteinmissfaltung und Krebspathogenese (Dr. David Ferrari)
MPF für Enzymologie der Proteinfaltung, Halle/Saale

Zusammenfassung
Sekretorische Proteine werden mithilfe von Chaperonen, von denen einige zur Protein-Disulfid-Isomerase-Familie (PDI) gehören, im Endoplasmatischen Retikulum (ER) gefaltet. Ungefaltete Proteine werden im ER zurückgehalten oder durch ER-assoziierte Wege abgebaut. Die Funktion von ER-Chaperonen, die selbst durch oxidativen Stress und einen veränderten Kalziumhaushalt reguliert werden, bestimmt mit über die Zellantwort gegenüber oxidativem Stress sowie der Empfindlichkeit gegenüber Apoptose. Die Hemmung der PDI-Chaperonaktivität kann dazu führen, dass viele Krankheits-assoziierte sekretorische Proteine im ER zurückgehalten bzw. abgebaut werden.

Ziele

Die Forschergruppe um David Ferrari hat folgende Ziele: 1) die molekulare Struktur von PDI (Protein-Disulfid-Isomerase)-Proteinen aufzuklären, 2.) die physiologische Rolle von PDI-Proteinen am Modell des Familienmitgliedes ERp29 mithilfe eines ERp29-defizienten Mausstammes zu beleuchten, 3.) die Funktion anderer PDI-verwandter Proteine zu untersuchen, 4.) und mit ERp29 als Modellprotein zellgängige funktionelle PDI-Chaperon-Inhibitoren herzustellen.

Einleitung

Die Peptidbindung für viele PDI-verwandte Proteine wurde kaum untersucht, und für viele dieser Proteine fehlen Informationen zu interagierenden Peptiden völlig. Da der Schlüssel zur Entwicklung von funktionellen Chaperon-Inhibitoren das Verständnis der Selektivität und Spezifität der Substrate voraussetzt, wurde von den Forschern um Ferrari ein neues Chip-basiertes Peptid-Array-Screeningsystem mit mehr als 6500 Peptiden von sekretorischen Proteinen erstellt. Mithilfe dieses Systems konnten die Forscher zum ersten Mal Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Substrat-Bindung für sieben PDI-verwandte Proteine definieren. Hieraus ergibt sich nun die Möglichkeit, künstliche Substratproteine herzustellen, die spezifisch mit einem oder mehreren PDI-verwandten Proteinen interagieren.

Ergebnisse

Mithilfe des bis heute einzigen vollen Knock-out-Tiermodells für ein PDI-verwandtes Protein (ERp29) konnte eine essentielle Rolle von ERp29 im Langzeitüberleben bei Herzhypertrophie gezeigt werden. Dieser mit oxidativem Stress assoziierte Effekt ist verbunden mit einem veränderten Umsatz von sekretorischen Proteinen und einem veränderten Gehalt von Chaperonen im ER und im Zytosol. Eine veränderte Sekretion von Proteinen, verifiziert durch Nutzung der Proteomik-Technik, wurde auch in der Leber, im Gehirn und in isolierten primären Fibroblasten gefunden, die eine reduzierte Wachstumsrate und eine verstärkte Empfindlichkeit gegenüber oxidativen Agenzien aufweisen. Für einige der unterschiedlich regulierten Proteine konnte eine direkte Interaktion mit ERp29 mittels Protein-Interaktionschromatographie gezeigt werden, was auf eine Beteiligung von ERp29 an deren Prozessierung hindeutet. Zusätzlich konnten bei mindestens sieben der sekretorischen Proteine mögliche Bindungsstellen für ERp29 mittels Peptid-Microarry-Chiptechnik identifiziert werden. Basierend auf der erst kürzlich gefundenen dreidimensionalen Struktur von ERp29, konnten zudem niedrigmolekulare Substanzen, die die Protein- und Peptid-Bindung an verschiedenen PDI-verwandten Proteinen inhibieren, identifiziert werden. In der Gewebekultur zeigen einige dieser Substanzen interessanterweise signifikante Unterschiede in der Toxizität gegenüber Zellen aus ERp29-defizienten Mäusen im Vergleich zu Wildtypzellen.

Schlussfolgerungen

Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass die Modulation der Chaperon-abhängigen Funktion von PDI-verwandten Proteinen ein möglicher und wichtiger Ansatz ist in der Erforschung von Tumoren und einer Vielzahl anderer Erkrankungen, die wesentlich mit sekretorischen Proteinen assoziiert sind.

Zur Redakteursansicht