Dem sichtbar Unsichtbaren auf der Spur

Dem sichtbar Unsichtbaren auf der Spur

Für Biologie und Chemie hat sich Uschi Kagerer bereits in der Schule interessiert. Seit drei Jahren absolviert die 19-jährige aus Wolfratshausen am MPI für Biochemie in Martinsried eine Ausbildung zur Biologielaborantin – ihr Traumberuf.

Der weiße Kittel reicht Uschi Kagerer fast bis zu den Knöcheln, ihre Hände sind mit blauen Nitrilhandschuhen geschützt, das Gesicht durch eine Schutzbrille halb verdeckt. In einem Labor der Abteilung für molekulare Zellbiologie steht die zierliche junge Frau am Arbeitstisch und bereitet Tumorzellen, sogenannte HeLa-Zellen, für eine Immunfluoreszenz vor: ein Verfahren, mit dem Proteine mit Hilfe von Antikörpern in Zellen sichtbar werden. Mit einer Art Infusionsnadel saugt sie das die Zellen umgebende Medium ab. Zwölf mal die gleiche Bewegung: Nadel in die Flüssigkeit halten, absaugen; Nadel in die Flüssigkeit halten, absaugen. Auch das anschließende Spülen der Zellen verläuft ähnlich: Lösung mit einer Glaspipette aufgeben, absaugen; Lösung aufgeben, absaugen. Trotz der scheinbaren Monotonie erfordert jede Bewegung hohe Konzentration und eine ruhige Hand, kommt man doch mit jedem Handgriff einen Schritt im Versuchsablauf weiter.

Bevor die Auszubildenden während dreieinhalb Jahren die verschiedenen Abteilungen des MPI für Biochemie durchlaufen, lernen sie erste Versuchsabläufe zunächst im eigens eingerichteten Lehrlabor kennen. Daneben stehen Blockunterricht in der Berufsschule sowie zwei Unterrichtsstunden wöchentlich im Institut auf dem Ausbildungsplan. Im Tierhaus des MPI wird ihnen zudem die richtige Umgangsweise mit Versuchstieren vermittelt. „Zur Einführung haben wir uns damals einen Film angeschaut“, erinnert sich Uschi Kagerer, „Nach der Hälfte musste ich rausgehen, weil ich es nicht ertragen habe.“ Der direkte Umgang mit den Tieren fiel ihr jedoch wesentlich leichter. Mittlerweile hat sie kein Problem mehr damit, Mäuse zu pflegen, aber auch zu töten.

Im normalen Laboralltag bespricht sie mit der verantwortlichen BTA die anstehenden Versuchsabläufe. Am Anfang hat sie viele Vorgänge nicht verstanden. Mittlerweile fühlt sie sich wesentlich routinierter, und es erfüllt sie immer wieder mit Glück, wenn sie versteht, was sie gerade am Labortisch macht. Und wenn ein Versuch nicht klappt? „Dann muss ich eben wieder von vorne beginnen“, erzählt die junge Frau fröhlich, „Ich sehe das als kniffelige Herausforderung an und frage mich, was diesmal anders ist? War die Temperatur zu hoch oder zu niedrig? Hätte ich länger warten müssen?” „Irgendwie cool“ sei es auch, wenn man scheinbar farblose Flüssigkeiten ohne jede sichtbare Wirkung mischt, unter dem UV-Licht jedoch erkennt, dass dort tatsächlich etwas Sichtbares vorhanden ist.

Insgesamt elf junge Leute, fünf Männer und sechs Frauen bildet das MPI für Biochemie im Verbund mit dem MPI für Neurobiologie momentan zu Biologielaboranten aus. Auffallend ist das ausgeglichene Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen, das bei anderen Max-Planck-Instituten oftmals zugunsten der Mädchen ausfällt. „Wir bemühen uns jedes Jahr von Neuem darum, möglichst gleich viele Jungen und Mädchen einzustellen”, berichtet Ausbilderin Katrin Reindl. Auch Uschi Kagerer gefällt es, nicht nur mit Mädchen zusammen arbeiten zu müssen. „Jungen zicken einfach nicht so viel rum”, meint sie grinsend.

Die junge Frau steht jetzt kurz vor dem Ende ihrer insgesamt dreieinhalbjährigen Ausbildung. Die letzten vier Wochen hat Ausbilderin Katrin Reindl eine dreiwöchige Prüfungsvorbereitung angeboten. Im Dezember finden die schriftlichen Abschlussprüfungen statt, im Januar der zweitägige praktische Teil. Unter Aufsicht der Prüfer wird Uschi Kagerer verschiedene Untersuchungen durchführen – kein sehr angenehmes Gefühl, wie sie meint. Nach bestandener Prüfung arbeitet sie noch ein weiteres halbes Jahr in ihrer Lieblingsabteilung für molekulare Zellbiologie. Danach hofft sie, als fertige Biologielaborantin im Institut fest arbeiten zu können.

Von Claudia Kahmen

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