Zu viele Männer, zu wenige Frauen
Finnland: Erhöhtes Risiko der Kinderlosigkeit in unausgeglichenem Partnermarkt
- Kinderlosigkeit: In Finnland bleibt ein höherer Anteil der Männer (29 Prozent) kinderlos im Vergleich zu Frauen (21 Prozent).
- Partnermärkte: Unaussgewogene Partnermärkte erhöhen das Risiko der Kinderlosigkeit bei Männern, besonders in Regionen mit einem Männerüberschuss.
- Bildungseinfluss: Kinderlosigkeit ist bei weniger gebildeten Männern stärker verbreitet, da ein sicheres Einkommen für die Partnersuche entscheidend ist.
Kinderlosigkeit wird zu einem immer wichtigeren Thema, da die jüngsten Geburtentrends vor allem durch den Aufschub der Familiengründung und kinderlose Paare geprägt sind. Dabei ist der Anteil der kinderlosen Männer fast überall höher als der der Frauen. In Finnland ist dieser Unterschied besonders groß: 29 Prozent der Männer, aber nur 21 Prozent der Frauen bleiben kinderlos. Der geschlechtsspezifische Unterschied bei Kinderlosigkeit hat bisher nur wenig Beachtung gefunden. Eine mögliche Erklärung hierfür könnten unausgeglichene Partnermärkte sein. Henrik-Alexander Schubert und Christian Dudel vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) haben in einer aktuellen Studie untersucht, welchen Einfluss regionale Partnermärkte auf die individuelle Kinderlosigkeit von Männern haben.
Die Wissenschaftler werteten Daten aus dem finnischen Bevölkerungsregister für den Zeitraum zwischen 1989 und 2019 auf Gemeindeebene mithilfe von logistischen Regressionsmodellen aus. Dabei wurden die Daten erstmals auf individueller Ebene untersucht. Der Partnermarkt ist auf Kommunalebene definiert und umfasst alle finnischen Frauen und Männer im Alter von 18 bis 49 Jahren, die nach Wohnort, Bildung und Alter eingestuft werden.
Kinderlosigkeit ist unter weniger gebildeten Männern stärker verbreitet als bei den höher gebildeten Männern: „Es zeigen sich Anzeichen für eine zunehmende Benachteiligung von Männern mit einem niedrigeren Bildungsabschluss“, so Schubert. „Eine potenzielle Erklärung hierfür könnte sein, dass ein sicheres Einkommen ein wichtiges Merkmal bei der Partnersuche ist. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Relevanz des Einkommens in unausgeglichenen Partnermärkten zunimmt, und dort zu größeren Unterschieden in der Kinderlosigkeit zwischen Einkommensgruppen führt.“
Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit, kinderlos zu bleiben, dort, wo es einen Männerüberschuss gibt. „Etwa 0,587 Prozentpunkte der Kinderlosigkeit bei Männern sind darauf zurückzuführen, dass in bestimmten Regionen die Verfügbarkeit von potentiellen Partnerinnen zurückgegangen und mittlerweile gering ist. Das klingt erstmal nicht so viel, doch hierbei handelt es sich um mehrere tausend Menschen, deren Kinderlosigkeit auf unausgeglichene Partnermärkte zurückführen lässt. Unsere Ergebnisse sind robust gegenüber der Wahl der Analysemethode. Die Verfügbarkeit von Partnerinnen ist somit in einer Region ein wichtiger Grund für die Kinderlosigkeit bei Männern in Finnland“, erklärt Schubert.
Ungünstige Partnermärkte können Trends in der Familienbildung in den nordischen Ländern miterklären. Veränderungen dieser Märkte begünstigen die zunehmende Kinderlosigkeit, den wachsenden Differenzen der Kinderlosigkeit zwischen höher und weniger gebildeten Männern und die sich vergrößernde Kluft zwischen männlicher und weiblicher Kinderlosigkeit.
Die Gruppe der kinderlosen Männer wächst in westlichen Bevölkerungen: „In der Zukunft eine dreifache Benachteiligung für diese Bevölkerungsgruppe – familiär, sozioökonomisch und geografisch. Diese Menschen werden später auf erschwingliche professionelle Pflegekräfte angewiesen sein, da sie sich keine privaten Dienstleistungen leisten können und nicht über eine große Anzahl von Verwandten verfügen, die die Pflege im Alter oder im Krankheitsfall übernehmen könnten. Darauf müssen sich Politik und Gesellschaft einstellen“, so der Wissenschaftler.
Henrik Schubert erhielt für diese Arbeit den Julia Mead Knox Memorial Prize des Leverhulme Centre for Demographic Science der Universität Oxford. Weiterlesen













