Der Mensch hat Vergangenheit und Zukunft von Paranusswäldern geprägt
Genomanalysen offenbaren die Rolle menschlicher Aktivitäten für das Erbgut von Arten im Amazonas
Forschende der Max-Planck-Institute für Geoanthropologie und Biologie Tübingen haben den Rückgang der genetischen Vielfalt von Paranussbäumen und anderen Arten im Amazonasbecken untersucht. Sie konnten die genetische Gesundheit und Anpassungsfähigkeit dieser Schlüsselart analysieren, ihre demografische Geschichte rekonstruieren und die langfristigen Auswirkungen menschlicher Interaktionen auf Waldökosysteme bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass Schutzmaßnahmen ökologische und anthropogen Einflussfaktoren berücksichtigen sollten.

Der signifikante Rückgang der genetischen Diversität im Amazonasbecken infolge historischer Ereignisse wie der europäischen Kolonialisierung, der Abholzung und dem Aussterben von Arten wie dem Faultier – dem Hauptverbreiter für Samen, ist besonders kritisch für die genetische Gesundheit der Paranussbäume (Bertholletia excelsa). Als eine der am stärksten betroffenen Schlüsselarten in den Regenwäldern sind Paranussbäume für die Biodiversität und eine wichtige Einkommensquelle für die lokale Wirtschaft unerlässlich.
Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Geoanthropologie und des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen liefert wichtige Erkenntnisse über die genetische Vielfalt und die Populationsdynamik der Arten. „Wir konnten untersuchen, wie menschliche Handlungen in der fernen Vergangenheit das Erbgut einer wilden Art in kurzer Zeit beeinflusst haben“, sagt Detlef Weigel, Direktor der Abteilung für Molekularbiologie am Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen.
Die Forschenden haben das Erbgut von 270 Paranussbäumen analysiert, die in Gebieten mit unterschiedlich starken menschlichem Einfluss wachsen. Sie konnten über 126.000 genetische Varianten der Paranuss identifizieren und dadurch wertvolle Einblicke in die genetische Struktur, den Genfluss und die Anpassungsfähigkeit der Art angesichts von Umweltveränderungen gewinnen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die genetische Vielfalt der Paranuss in den letzten 20.000 Jahren im Vergleich zu anderen Arten drastisch zurückgegangen ist.
Komplexer genetischer Hintergrund

Bäume in Gebieten mit indigenen Bewirtschaftungspraktiken besitzen dagegen einen komplexeren genetischen Hintergrund. In diesen Gebieten sind ein höherer Genfluss und eine bessere Regeneration durch die eine traditionelle Bewirtschaftung durch den Menschen mit einer erhöhten genetischen Vielfalt verbunden. Insbesondere jüngere Bäume im geschützten Tefé National Forest, die auf ein Alter jünger als 200 Jahre geschätzt werden, weisen im Vergleich im Vergleich zu anderen untersuchten Gruppen einen komplexen genetischen Hintergrund auf. Er beruht wahrscheinlich auf dem Zusammenspiel von natürlichen Störungen und der Bewirtschaftung durch lokale Gemeinschaften.
Diese genetische Vielfalt ist entscheidend für die Wiederstands- und Anpassungsfähigkeit der Art angesichts von Umweltveränderungen. Victor Caetano-Andrade, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie, erklärt: „Wir wollten Lücken in unserem Verständnis der langfristigen anthropogenen Einflüsse auf Waldökosysteme schließen. Unsere Forschungsergebnisse belegen die entscheidende Rolle indigener Landbewirtschaftungspraktiken bei der Erhaltung genetischer Diversität von Paranusspopulationen.“
Da sich die Belege für die Wirksamkeit traditioneller ökologischer Praktiken häufen, nicht nur bei der Förderung der genetischen Vielfalt, sondern auch bei der Steuerung von Feuerregimes, erkennen
Forschende und politische Entscheidungsträger zunehmend die Bedeutung des indigenen Wissens an. Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Forschenden und lokalen indigenen Landverwaltern hat das Potenzial, effektivere und integrativere Konservierungsmaßnahmen zu schaffen.
Für die Zukunft plant das Forschungsteam, ihre Studien auf weitere Regionen und zusätzliche Arten im Amazonas-Regenwald auszudehnen. Ziel ist es, umfassende Rahmenbedingungen für den Naturschutz zu entwickeln, die die Paranussbäume schützen und die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems stärken.