Wie das kosmische Netz zwei Galaxien verbindet

Beobachtung der Netzstruktur des intergalaktischen Raums mit bisher unerreichter Auflösung zeigt gute Übereinstimmung mit Vorhersagen moderner Computersimulationen des Universums

29. Januar 2025

Die Materie im intergalaktischen Raum ist in einem riesigen Netz von fadenförmigen Strukturen verteilt, die miteinander verbunden sind und als kosmisches Netz bezeichnet werden. Ein internationales Forschungsteam hat nun mittels hunderter Beobachtungsstunden ein einzigartiges, gestochen scharfes Bild eines kosmischen Filaments innerhalb dieses Netzes aufgenommen, das zwei aktive Galaxien miteinander verbindet - zu einer Zeit, als das Universum erst etwa zwei Milliarden Jahre alt war.

Ein Eckpfeiler der modernen Kosmologie ist die Existenz der Dunklen Materie, die etwa 85 Prozent der gesamten Materie im Universum ausmacht. Unter dem Einfluss der Schwerkraft bildet die dunkle Materie ein komplexes kosmisches Netz aus Filamenten, an deren Schnittpunkten die hellsten Galaxien entstehen. Dieses kosmische Netz dient als Gerüst, auf dem alle sichtbaren Strukturen im Universum aufgebaut sind: In den Filamenten strömt Gas und treibt die Sternentstehung in den Galaxien an. Direkte Beobachtungen, wie diese Galaxien mit Brennstoff versorgt werden, könnten unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien verbessern.

Die Untersuchung des Gases in diesem kosmischen Netz ist jedoch eine äußerst schwierige Aufgabe. Bisher wurde intergalaktisches Gas vor allem indirekt nachgewiesen, wenn es das Licht heller Hintergrundquellen absorbiert. Die Beobachtungsergebnisse lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die Verteilung dieses Gases zu. Selbst das häufigste Element, Wasserstoff, sendet nur ein schwaches Leuchten aus, so dass es für Instrumente der früheren Generation praktisch unmöglich war, dieses Gas direkt zu beobachten.

In der neuen Studie ist es einem internationalen Team unter der Leitung von Forschenden der Universität Mailand-Bicocca und mit Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Astrophysik nun gelungen, ein bisher unerreicht hochaufgelöstes Bild eines kosmischen Filaments zu erzeugen. Dazu nutzten sie den Spektrographen Muse (Multi-Unit Spectroscopic Explorer) am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Trotz der fortschrittlichen Möglichkeiten dieses hochentwickelten Instruments führte die Forschungsgruppe eine der ehrgeizigsten Beobachtungskampagnen mit diesem Instrument durch, die je in eine bestimmte Himmelsregion untersucht hat. Sie sammelte Hunderte von Stunden an Daten, um das Filament des kosmischen Netzes nachzuweisen.

Die Studie unter der Leitung von Davide Tornotti, Doktorand an der Universität Mailand-Bicocca, nutzte diese Daten, um das bisher schärfste mit Teleskopen beobachtete Bild eines kosmischen Filaments zu erzeugen. Das Filament erstreckt sich über drei Millionen Lichtjahre und verbindet zwei Galaxien, in denen sich jeweils ein aktives supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Die Entdeckung, die kürzlich in Nature Astronomy veröffentlicht wurde, eröffnet neue Möglichkeiten, die Eigenschaften des Gases in intergalaktischen Filamenten direkt zu bestimmen und unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien zu verbessern.

„Durch den Nachweis des schwachen Lichts, das von diesem Filament ausgeht und fast 12 Milliarden Jahre unterwegs war, bevor es die Erde erreichte, konnten wir seine Form genau bestimmen“, erklärt Davide Tornotti. "Zum ersten Mal konnten wir mit direkten Messungen die Grenze zwischen dem Gas in den Galaxien und der Materie im kosmischen Netz verfolgen." Mit Hilfe von Supercomputer-Simulationen des Universums, die am Max-Planck-Institut für Astrophysik durchgeführt wurden, berechnete das Forschungsteam, was basierend auf aktuellem theoretischen Wissen hätte beobachtet werden müssen. „Der Vergleich mit dem neuen, hochaufgelösten Bild des kosmischen Netzes zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen der aktuellen Theorie und den Beobachtungen“, sagt Tornotti.

Diese Entdeckung und die vielversprechende Übereinstimmung mit Supercomputer-Simulationen sind der Schlüssel zum Verständnis des diffusen Gases in der Umgebung von Galaxien und eröffnen neue Möglichkeiten zur Bestimmung der Brennstoffversorgung von Galaxien. Fabrizio Arrigoni Battaia, an der Studie beteiligter Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik, fasst zusammen: „Wir sind begeistert von dieser direkten, hochaufgelösten Beobachtung eines kosmischen Filaments. Aber wie man in Bayern sagt: Eines ist keines. Deshalb sammeln wir weitere Daten, um noch mehr solcher Strukturen zu entdecken, mit dem Ziel, ein umfassendes Bild davon zu erhalten, wie das Gas im kosmischen Netzwerk verteilt ist und strömt.

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