Schwarze Löcher verschmelzen in der Fußgängerzone

Die Ausstellung „Universe on Tour“ bietet Gelegenheit zum Dialog über Astronomie

Das Wissenschaftsjahr 2023 „Unser Universum“ bietet ein vielfältiges Angebot für alle an Astronomie Interessierten – und diejenigen, die  es werden wollen. So macht die Planetariums-Road Show „Universe on Tour“ Forschung auf spektakuläre Weise erlebbar und bietet darüber hinaus die Chance zum direkten Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Max-Planck-Institute in Deutschland. Das Beste dabei: Das Planetarium besucht die Menschen in ihrem Alltag.

Das Planetarium feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. 1923, vor einhundert Jahren, gab es in München die weltweit erste öffentliche Vorführung eines Projektionsplanetariums – im damals noch im Bau befindlichen Deutschen Museum. Unzählige Besucher und Besucherinnen haben seither die faszinierende Welt der Sterne und ihrer Bewegungen im All erlebt. Doch nicht jeder hat die Möglichkeit, eines der festen Planetarien in Deutschland zu besuchen. Deshalb kommt das Planetarium im Wissenschaftsjahr „Unser Universum“ zu den Menschen.

Am 10. Mai startet in Rostock die Roadshow „Universe on Tour – Licht aus! Sterne an!“. Über vier Monate hinweg laden ein mobiles Planetarium und ein Begleitzelt an 15 zentralen Standorten wie Fußgängerzonen oder öffentlichen Plätzen dazu ein, in die Welt der Astronomie einzutauchen. Das Konzept präsentiert die rasanten Fortschritte in der astronomischen Forschung authentisch und nahbar, und zwar direkt dort, wo die Menschen sich in ihrem Alltag aufhalten. Astronomie beschäftigt sich nicht zuletzt mit den existentiellen Fragen unserer Herkunft und Zukunft. „Denn mit einem Blick ins Weltall, blicken wir auch auf uns selbst. Wir haben nur diesen einen Planeten“, sagt Janine Fohlmeister, Pressesprecherin der Astronomischen Gesellschaft. An vielen der Stationen, zum Beispiel in Potsdam, Heidelberg oder München, werden Forschende der ansässigen Max-Planck-Institute Einblicke in ihre astronomische Forschung geben, die sich mit den drängenden Fragen unserer Gesellschaft beschäftigt: von der Entstehung des Universums bis hin zu den Folgen des Klimawandels.

Auch ein 1:10-Modell des kürzlich gestarteten James-Webb-Weltraumteleskops wird sich im Wissenschaftsjahr auf den Weg machen. An Berufsschulen und öffentlichen Einrichtungen will diese Ausstellung junge Auszubildende erreichen. Ohne exzellente und gut ausgebildete Technikerinnen und Techniker könnten auch High-Tech-Teleskope nicht gebaut werden.

Das Planetarium neu gedacht

In dem mobilen Kuppelzelt lädt eine Planetariumsshow auf eine Reise durch das Universum ein. „In einem Planetarium kann man heute weitaus mehr erleben als nur den Sternhimmel zu betrachten. Man kann wissenschaftlichen Daten Gestalt geben und zum Beispiel durch eine Sternentstehungsregion fliegen“, so Janine Fohlmeister. „Wir hatten auch noch nie die Möglichkeit, unsere Simulationen in einem mobilen Planetarium zu zeigen“, ergänzt Elke Müller, Pressereferentin des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Potsdam. Wenn die Roadshow ab dem 17. Mai in Potsdam Halt macht, wird eine 360-Grad-Projektion zeigen, wie zwei verschmelzende schwarze Löcher Raum und Zeit erschüttern. Die Gravitationswellen, die dabei entstehen, sind für den Menschen unsichtbar, lassen sich aber messen, am Computer simulieren und graphisch darstellen.

Im Begleitzelt dreht sich alles um das Thema Licht als Informationsträger des Universums. Besucherinnen und Besucher werden im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts die Möglichkeit haben, selbst zu forschen und die nächtliche Lichtverschmutzung in ihrer Nachbarschaft zu messen. Das macht Spaß und hilft der Wissenschaft. Denn die Arbeit von astronomischen Forschungseinrichtungen wird durch künstliche Beleuchtungen bei Nacht stark beeinträchtigt.

Wissenschaft auf Augenhöhe

Die Roadshow verschreibt sich dem Dialog. Die Moderatorinnen und Moderatoren im mobilen Planetarium wählen je nach Publikum individuelle Themenschwerpunkte aus. „Wir bringen die Wissenschaft in Potsdam auf einen zentralen Platz, ganz in der Nähe des Weltkulturerbes Park Sanssouci“, sagt Elke Müller. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarten dort ein Laufpublikum unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Berufsgruppen und freuen sich auf gute, interessante Gespräche.

„Astronomische Forschung ist wie eine Schatzkiste. Es gibt immer noch extrem viel zu entdecken“, sagt Janine Fohlmeister. Gerade in den letzten Jahren sei in der Astronomie wirklich viel passiert, auch unter maßgeblicher Beteiligung Deutschlands. Ein Beispiel sei das erste Foto eines Schwarzen Lochs, an dem das Max-Planck-Institut für Radioastronomie große Anteile hatte.

Das Wissenschaftsjahr 2023 hat sich zum Ziel gesetzt, die Astronomie nah zu den Menschen zu bringen. Deshalb will die Roadshow auch einordnen, welche Rolle das Universum für unsere Gesellschaft spielt. Denn wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik erforschen, wie sich verschmelzende Schwarze Löcher bemerkbar machen, ist das auch für die Klimafolgenforschung interessant. „Wir können mit Instrumenten im Orbit genau messen, wie sich das Schwerefeld der Erde verändert, wo Gletscher abschmelzen, Polkappen dünner werden oder der Grundwasserspiegel sinkt“, so Benjamin Knispel, Pressereferent am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover.

Unser größtes Auge im All

Eine weitere Attraktion im Wissenschaftsjahr ist die kleine, aber feine Wanderausstellung zum James Webb Teleskop. Seit Juli 2022 liefert das neue Weltraumteleskop Bilder von bisher ungekannter Brillanz aus den Tiefen des Universums. Einer der Partner in diesem internationalen Projekt ist das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Dort wurde unter anderem das Filterrad entwickelt und konstruiert, das die Kamera des James Webb Teleskops erst zu einem wissenschaftlichen Instrument macht. Wie das funktioniert, können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung an einem Hands-on Exponat selber ausprobieren. „Über die Technik des James Webb Teleskops wollen wir diejenigen Schülerinnen und Schüler mit einbeziehen, die keinen akademischen Werdegang anstreben“, sagt Markus Pössel, Projektleiter der Wanderausstellung am Max-Planck-Institut für Astronomie. Die Wanderausstellung wird an 30 Standorten zu sehen sein, unter anderem an Berufsschulen.

Um die Brücke in das breite Berufsspektrum zu schlagen, das hinter der jahrzehntelangen Entwicklung eines solchen Teleskops steht, präsentieren sich auf einem Touchtable verschiedene Gesichter des Max-Planck-Instituts für Astronomie, die an der Entwicklung des James Webb Teleskops beteiligt waren. Darunter: die Atmosphärenexpertin Laura Kreidberg, die Systemingenieurin und Projektmanagerin Silvia Scheithauer oder der Leiter der Feinwerktechnik, Armin Böhm.


Das mobile Planetarium ist ein gemeinsames Projekt der Astronomischen Gesellschaft, dem Rat deutscher Sternwarten, der Stiftung Planetarium Berlin, der Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien, dem Haus der Astronomie und der Vereinigung der Sternfreunde.

TB/AWe

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