Einblicke in das Innenleben des Protons

Ein bekanntes Teilchen – neu erforscht

6. April 2023

Das Proton ist einer von drei Bausteinen des Atoms. Damit bilden Protonen, zusammen mit Neutronen und Elektronen, die uns bekannte Materie. Seit den 1960er-Jahren wissen wir, dass ein Proton aus drei Quarks besteht. Allerdings haben Forschende inzwischen ein wesentlich differenzierteres Bild des altbekannten Teilchens. Und noch immer gibt es viele offene Fragen hinsichtlich seiner Feinstruktur. Ein kleines Team am Max-Planck-Institut für Physik hat Daten des früheren Zeus-Experiments mit neuartigen statistischen Methoden ausgewertet und damit wesentlich genauere Analyseergebnisse erzielt.

Grob betrachtet wird Proton von drei Quarks gebildet: zwei Up- und einem Down-Quark. Tatsächlich ist seine innere Struktur deutlich facettenreicher: Untersucht man Protonen bei sehr hohen Energien, verbessert sich die Auflösung und es zeigen sich weitere Bestandteile. Neben den drei Valenzquarks, die seine wesentlichen Eigenschaften festlegen, besteht das Proton aus einem Cocktail weiterer Quarks und Antiquarks sowie Gluonen. Bei Letzteren handelt es sich die Austauschteilchen der starken Kraft. Diese hält die Valenzquarks zusammen. 

Warum ist es so wichtig, das Proton zu erforschen? Wegen seines komplexen Aufbaus lässt sich das Teilchen in theoretischen Modellen nicht vollständig beschreiben. Allerdings sind solche Modelle wichtig, um Vorhersagen zu treffen, zum Beispiel über Kollisionen im Large Hadron Collider (LHC). Dort werden Protonenbündel aufeinander geschossen, um in den Zerfällen nach ungewöhnlichen Ereignissen und neuen Teilchen zu suchen. 

Wechselnde Impulse

Einen zweiten Aspekt nennt Allen Caldwell, Direktor am Max-Planck-Institut für Physik, der die Forschungsarbeit initiiert hat: „Die Struktur des Protons hängt von der starken Kraft ab, über die bisher wenig bekannt ist und die wir mit dem heutigen Instrumentarium der theoretischen Teilchenphysik nicht in den Griff bekommen. Ein genaueres Verständnis seines Innenlebens könnte hier Abhilfe schaffen.“

Ein wichtiger Parameter für theoretische Berechnungen ist der durchschnittliche Impuls der einzelnen Komponenten – und wie stark dieser schwankt. „Es ist zu erwarten, dass der Impuls in einem schnellen, energiereichen Proton statistisch gesehen gleich verteilt ist“, sagt Allen Caldwell. „Die eine Hälfte stammt von Gluonen, die andere von den Quarks und Antiquarks. Allerdings ist dieser Zustand nicht konstant – betrachtet man das Proton in einem bestimmten Moment, ist es zum Beispiel möglich, dass die beiden Up-Quarks für den Gesamtimpuls verantwortlich sind.“ 

Neue Statistik für alte Daten

Für ihre aktuelle Studie verwendete das Forschungsteam „alte“ Daten aus dem früheren Zeus-Experiment am Hera-Beschleuniger in Hamburg. Von 1991 bis 2007 wurden dort Elektronen und Protonen zur Kollision gebracht. 

„Wir werteten bestimmte Kollisionen aus, bei denen das Quark, das an der Wechselwirkung mit dem Elektron beteiligt war, einen großen Teil des Protonenimpulses trug. Diese Daten waren bisher ungenutzt, weil sie nicht in dem Format vorlagen, das üblicherweise für die Untersuchung der Protonstruktur verwendet wird", erklärt Francesca Capel, die am Max-Planck-institut für Physik eine Forschungsgruppe für Astroteilchenphysik leitet. Der neu entwickelte Code verwendet eine moderne Computersprache, Julia, sowie Bayes-Verfahren für die statistische Analyse.

Zwar erbrachte die Forschungsarbeit keine grundlegend neuen Erkenntnisse. Den Wissenschaftler*innen gelang es aber, den Durchschnittswert für den Impuls der Up-Valenzquarks mit hoher Genauigkeit zu bestimmen. Außerdem konnten sie die Zeitspanne bestimmen, in der diese Quarks für annähernd den gesamten Impuls des Protons verantwortlich sind. „Zusammenfassend stimmt unsere Studie mit der Erwartung überein, dass die Impulsverteilung im Proton bei hohen Energien ausgewogen ist, also halb bei den Quarks und halb bei den Gluonen liegt.“ 

Die Forschenden wollen die Protonstruktur weiter erforschen. Dafür wären auch experimentelle Daten geeignet, die nicht von Zeus, sondern von anderen Detektoren stammen.

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