Mehr Strom aus Abwärme

Durch einen Zusatz von Titan wird ein thermoelektrisches Material effizienter

Bei der Verbrennung von fossilen Rohstoffen, aber auch von Biokraftstoffen gehen große Teile der Energie als Abwärme verloren. Thermoelektrische Materialien könnten diese Wärme in Strom verwandeln, sie sind bislang jedoch noch nicht effizient genug für die technische Anwendung. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung hat nun die Effizienz eines thermoelekrischen Materials gesteigert, indem es dem Material Titan zusetzte und damit die Mikrostruktur otimierte.

Die Klimakrise zwingt nicht nur zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, sondern auch zum Energiesparen. Gerade dort wo sich fossile Energieträger noch nicht so schnell ersetzen lassen, sollten sie zumindest effizient genutzt werden – etwa indem aus der Abwärme von energieintensiven Industrieanlagen oder Kraftwerken Strom erzeugt wird. Derzeit gehen in der europäischen Industrie etwa 17 Prozent der eingesetzten Energie als Abwärme verloren. Sie könnte sich mithilfe thermoelektrischer Materialien nutzen lassen. In solchen Thermoelektrika entsteht eine elektrische Spannung, wenn sie einem Temperaturunterschied ausgesetzt sind. Allerdings sind heutige Thermoelektrika nicht effizient genug, um im industriellen Großmaßstab eingesetzt zu werden. Einem Forschungsteam unter Leitung des Düsseldorfer Max-Planck-Instituts für Eisenforschung ist es nun jedoch gelungen, ein Thermoelektrikum, wie die Stoffe im Fachjargon heißen, zu optimieren und auf diese Weise einer industriellen Nutzung näher zu kommen. Das Team veröffentlichte seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Advanced Energy Materials.

Das Team untersuchte eine Legierung aus Niob, Eisen und Antimon, die Abwärme bei Temperaturen von etwa 70 bis mehr als 700 Grad Celsius mit einer Effizienz von acht Prozent in Strom umwandelt – damit ist die Legierung derzeit eines der effizientesten Themroelektrika. Nur ein Material aus Bismut und Tellur erreicht ähnliche Werte. Bismuttellurid eignet sich jedoch nur für die Anwendung bei relativ niedrigen Temperaturen und ist mechanisch weniger stabil als das Thermoelektrikum aus Niob, Eisen und Antimon. Zudem sind seine Bestandteile weniger gut verfügbar.

Titan verbessert die elektrische Leitfähigkeit

Um die Effizienz des Thermoelektrikums aus Niob, Eisen und Antimon weiter zu steigern, setzten die Forschenden bei seiner Mikrostruktur an. Wie die meisten Metalle bestehen thermoelektrische Materialien aus winzigen Kristallen. Die Zusammensetzung und Struktur der Körner, aber auch die Eigenschaften der Räume zwischen ihnen, die sogenannten Korngrenzen, sind für die thermische und elektrische Leitfähigkeit thermoelektrischer Materialien entscheidend. Frühere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass Korngrenzen sowohl die thermische als auch die elektrische Leitfähigkeit des Materials verringern. Für eine möglichst hohe Effizienz soll die thermische Leitfähigkeit dabei möglichst niedrig sein, damit die Wärme, also die Energie, im Material bleibt. Die elektrische Leitfähigkeit soll jedoch hoch sein, um möglichst viel Wärme in Strom umzuwandeln. Ziel des Teams vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung, der Northwestern University (USA) und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden war es daher, die Korngrenzen so zu optimieren, dass nur die elektrische Leitfähigkeit erhöht wird, nicht jedoch die thermische Leitfähigkeit.

„Wir haben mit Rastertransmissionselektronenmikroskopen und Atomsonden die Mikrostruktur der Legierung bis auf die atomare Ebene untersucht“, sagt Ruben Bueno Villoro, Doktorand am Max-Planck-Institut für Eisenforschung. „Unsere Analyse hat gezeigt, dass die Korngrenzen optimiert werden müssen, um die elektrischen und thermischen Eigenschaften zu verbessern.“ Je kleiner die Körner im Material, desto höher die Anzahl der Korngrenzen und desto schlechter die elektrische Leitfähigkeit“, erklärt Siyuan Zhang, Projektleiter in derselben Forschungsgruppe. „Es ist nicht sinnvoll die Körner im Material zu vergrößern, da größere Körner die Wärmeleitfähigkeit erhöhen würden und wir somit Wärme und damit Energie verlieren. Deswegen mussten wir einen Weg finden, die elektrische Leitfähigkeit trotz der kleinen Körner zu erhöhen.“ Die Forschenden lösten das Problem, indem sie das Material mit Titan anreicherten, welches sich unter anderem an den Korngrenzen ansammelt und die elektrische Leitfähigkeit erhöht. Auf diese Weise erhöhten sie die thermoelektrische Effizienz der Legierung um bis zu 40 Prozent. Für praktische Anwendungen muss die Effizienz jedoch noch weiter deutlich steigen.

Nächster Schritt: Selektive Anreicherung von Titan an Korngrenzen

Nun analysiert das Forschungsteam Möglichkeiten, Titan gezielt nur an die Korngrenzen zu bringen, ohne das ganze Material mit Titan anzureichern. Diese Strategie spart Kosten und erhält die ursprüngliche chemische Zusammensetzung des thermoelektrischen Materials weitestgehend. Die aktuelle Forschungsarbeit zeigt wie funktionelle Eigenschaften mit der atomaren Struktur eines Materials verbunden werden können, um gezielt bestimmte Eigenschaften zu optimieren.

Yasmin Ahmed Salem/PH

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