Drei neue Dioscuri-Zentren für Krakau in Polen

Zwei Biowissenschaftler und ein Mathematiker haben sich in der vierten Ausschreibungsrunde gegen starke Konkurrenz aus aller Welt durchgesetzt

25. Mai 2022

Es sind Mikołaj Frączyk, Przemysław Nogły und Mateusz Sikora, die die drei neuen Dioscuri-Zentren an der Jagiellonen-Universität in Krakau aufbauen werden. Die drei gebürtigen Polen sind derzeit in Deutschland, der Schweiz und den USA tätig. Dank der Förderung durch das Dioscuri-Programm werden sie in den nächsten anderthalb Jahren nach Polen zurückkehren. So kommen durch die vierte internationale Ausschreibung, die gemeinsam von der Max-Planck-Gesellschaft und dem National Science Center in Polen (NCN) veröffentlicht worden war, zu den fünf bereits in Warschau eingerichteten Dioscuri-Zentren drei neue Zentren hinzu.  
 

Mikołaj Frączyk, Dioscuri Centre in Random Walks in Geometry and Topology

Mikołaj Frączyk, derzeit Dickson Instructor an der University of Chicago, wechselte nach einem Studium der reinen Mathematik an der Jagiellonen-Universität in Krakau an die Université Paris-Sud in Frankreich. Nach seiner in Frankreich preisgekrönten Doktorarbeit im Jahr 2017 war er als Postdoc am Renyi-Institut in Budapest und am Institute for Advanced Study in Princeton. Im Herbst 2023 wird Frączyk das Dioscuri Centre in Random Walks in Geometry and Topology an der Fakultät für Mathematik und Informatik der Jagiellonen-Universität etablieren. Unterstützt wird er dabei von seinem deutschen Partner Roman Sauer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Was hat Sie motiviert, sich für ein Dioscuri-Zentrum zu bewerben und Ihre neue Forschungsgruppe in Polen aufzubauen?

Mikołaj Frączyk: Das Dioscuri-Programm bietet mir eine sehr attraktive Möglichkeit, nach Polen zurückzukehren. Die Bedingungen der Dioscuri-Förderung erleichtern nicht nur die internationale Zusammenarbeit enorm; sie ermöglichen mir auch, ein eigene Forschungsgruppe zusammenzustellen. Eine Chance wie diese ist für Wissenschaftler wie mich, die noch am Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn stehen, anderswo nur schwer zu finden.

Woran werden Sie in Ihrem Dioscuri-Zentrum forschen?

Mikołaj Frączyk: Das Hauptziel des Zentrums ist es, probabilistische und dynamische Methoden zu entwickeln, um mehrere ungelöste Probleme in Bezug auf lokal symmetrische Räume, arithmetische Gitter, Mapping von Klassengruppen und Intervallaustausch-Transformationsgruppen anzugehen. Lokal symmetrische Räume, die im Zentrum meiner bisherigen Forschung stehen, stellen geometrische Objekte mit unglaublich reicher Struktur dar. Dank der attraktiven interdisziplinären Ausrichtung der Forschung wird das Dioscuri-Zentrum die Zusammenarbeit mit lokalen Forschungsgruppen in diesem aktiven, wettbewerbsorientierten und in Polen noch nicht weit verbreiteten Forschungsfeld vorantreiben.

Przemysław Nogły, Dioscuri Centre for Structural Dynamics of Receptors

Przemysław Nogły, derzeit Forschungsgruppenleiter und Ambizione Fellow des Schweizerischen Nationalfonds an der ETH Zürich, wird ab Sommer 2022 das Dioscuri Centre for Structural Dynamics of Receptors an der Fakultät für Biochemie, Biophysik und Biotechnologie der Jagiellonen-Universität etablieren. Nach dem Studium der Chemie an der Universität Opole (Polen) wechselte der Strukturbiologe an die Universidade Nova de Lisboa (Portugal), wo er 2013 als Teil des Marie Curie Initial Training Network in struktureller Biochemie promovierte. Danach forschte er als Marie Curie Postdoctoral Fellow am Paul Scherrer Institut (Schweiz), bevor er 2017 an das Institut für Molekularbiologie und Biophysik der ETH Zürich wechselte. Gemeinsam mit Joachim Heberle von der Freien Universität Berlin wird Nogły in seinem Dioscuri-Zentrum mithilfe neuer experimenteller Methoden die molekularen Mechanismen von Proteinen untersuchen.

Was hat Sie motiviert, sich für ein Dioscuri-Zentrum zu bewerben und Ihre neue Forschungsgruppe in Polen aufzubauen?

Przemysław Nogły: Nachdem ich 14 Jahre lang im Ausland geforscht habe, hat das umfassende Förderpaket des Dioscuri-Programms mich auf die Idee gebracht, nach Polen zurückzukehren. Das großzügige Förderprogramm unterstützt ambitionierte Projekte, fördert die Vernetzung mit namhaften deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und steht unter Federführung der Max-Planck-Gesellschaft, die seit langem für wissenschaftliche Exzellenz steht. Ein weiterer Faktor ist das sich ständig verbessernde Forschungsumfeld in Polen mit einem zunehmenden Ausbau der Infrastruktur und einer attraktiven, wettbewerbsbasierten Forschungsförderung, wie sie etwa vom NCN betrieben wird.

Woran werden Sie in Ihrem Dioscuri-Zentrum forschen?

Przemysław Nogły: In unserem Zentrum werden wir neue experimentelle Methoden anwenden, um molekulare Mechanismen von Proteinen zu untersuchen. Es werden derzeit zwar zahlreiche Rezeptoren aufgrund ihrer omnipräsenten und kritischen Funktionen – wie beispielsweise die Gewinnung von Lichtenergie oder die Freisetzung des Heilungspotenzials von Medikamenten – umfassend untersucht. Das Dioscuri-Zentrum wird durch die Nutzung kürzlich entwickelter Methoden für Röntgenlaser (X-ray Free Electron Laser) jedoch beispiellose neue Einblicke in die Strukturdynamik und die molekularen Mechanismen von Proteinen ermöglichen. Zeitaufgelöste Kristallographie liefert hierbei eine Reihe struktureller Aufnahmen mit einer hohen räumlich-zeitlichen Auflösung und schafft somit die Möglichkeit, das Protein in Aktion zu einem molekularen Film zusammenzusetzen.

Mateusz Sikora, Dioscuri Centre for Modelling of Posttranslational Modifications 

Mateusz Sikora ist derzeit Postdoctoral Fellow am MPI für Biophysik (Frankfurt) und affiliiert mit der Universität Wien. Nach einem Studium an der Jagiellonen-Universität promovierte er anschließend am Institut für Physik der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau. Im Jahr 2012 wechselte er als Postdoc an das Institut für Wissenschaft und Technologie (IST Austria) in Österreich. Seit 2017 arbeitet Sikora am MPI für Biophysik in der Forschungsgruppe von Gerhard Hummer für theoretische Biophysik, teilweise unterstützt durch ein Erwin Schrödinger Fellowship. Hummer wird Sikora künftig als deutscher Partner bei der Einrichtung des Dioscuri Centre for Modelling of Posttranslational Modifications am Małopolska-Zentrum für Biotechnologie (an der Jagiellonen-Universität) unterstützen.

Was hat Sie motiviert, sich für ein Dioscuri-Zentrum zu bewerben und Ihre neue Forschungsgruppe in Polen zu aufzubauen?

Mateusz Sikora: Die Wissenschaft in Polen durchläuft einen beispiellosen Aufschwung: Es kommen immer mehr Institutionen hinzu, die weltweit bekannt und wettbewerbsfähig sind. Dadurch werden polnische Forschungseinrichtungen zwar zu zunehmend attraktiver für junge Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher. Langfristig stehen jedoch nur begrenzt Modelle zur Verfügung, um junge Gruppenleiter mit anspruchsvollen Forschungsideen dauerhaft zu unterstützen. Dies erschwert die Einbringung ihrer international gesammelten Erfahrungen und den damit einhergehenden Wissenstransfer. Das Dioscuri-Programm bringt ein solches Modell nun nach Polen – deswegen habe ich mich für dieses neuartige Förderprogramm beworben. Es unterstützt meine Anbindung an einem der besten Institute in meinem Forschungsgebiet (welches sich zufällig in Polen befindet) und bietet mir gleichzeitig die Freiheit, mich voll auf meine Forschung zu konzentrieren.

Woran werden Sie in Ihrem Dioscuri-Zentrum forschen?

Mateusz Sikora: Die laufenden Bemühungen zur Bekämpfung der Pandemie verdeutlichen, dass Computersimulationen bei der Integration und Interpretation von Versuchsergebnissen und der Aufklärung molekularer Mechanismen und Strukturen unverzichtbar geworden sind. Aufbauend auf meinen bisherigen Erfahrungen bei der Simulation von Membranproteinkomplexen werden mein Team und ich eine Simulationsplattform einrichten, mit deren Hilfe die Rolle posttranslationaler Modifikationen (PTMs) bei Protein-Protein-Interaktionen untersucht werden kann. Unser biocomputationaler Ansatz wird dazu beitragen, die molekularen Mechanismen von PTMs zu beleuchten, die aufgrund experimenteller Schwierigkeiten und der Eigenschaften von PTMs bislang weitgehend unbekannt sind. Da PTMs leistungsfähige Krebsbiomarker darstellen, eine Rolle bei der Metastasierung spielen und bei der Entwicklung von Krebswirkstoffen und antiviralen Impfstoffen von entscheidender Bedeutung sind, könnten unsere Ergebnisse auch über die Wissenschaft hinaus von Bedeutung sein.

Hintergrund: Das Dioscuri-Programm

Das von der Max-Planck-Gesellschaft initiierte Dioscuri-Programm zielt darauf ab, international wettbewerbsfähige Forschungsgruppen in Mittel- und Osteuropa zu etablieren. Jedes dieser Dioscuri-Zentren wird mit bis zu 1,5 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren finanziert. Die Kosten werden zu gleichen Teilen vom  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem polnischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MEiN) getragen, wobei die gastgebenden Institutionen in Polen die Infrastruktur bereitstellen. Nach dem erfolgreichen Start in Polen wurde das Programm kürzlich auf die Tschechische Republik ausgeweitet, wo derzeit eine erste Ausschreibungsrunde für tschechische Dioscuri-Zentren läuft.

In der aktuellen Ausschreibung für Dioscuri-Zentren in der Tschechischen Republik können sich noch bis zum 25. Juli 2022 Bewerber*innen aller Nationalitäten und aus allen wissenschaftlichen Disziplinen bewerben, darunter Geistes- und Sozialwissenschaften, Lebenswissenschaften und Naturwissenschaften. Weitere Informationen erhalten Sie auf dem Ausschreibungsportal

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