Gebärden-Lexikon geht online

Über 1135 naturwissenschaftliche Fachgebärden sind ab sofort über Smartphone, Tablet und PC abrufbar

Das Fachgebärdenlexikon Sign2MINT vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle dokumentiert Fachgebärden in Deutscher Gebärdensprache (DGS) aus den Bereichen Mathematik, Physik, Geowissenschaften, Chemie, Biologie und Medizin. „Wir haben jetzt 1135 Fachgebärden als Kurzvideos in unserer Datenbank – da werden im nächsten Jahr noch eine größere Zahl Fachgebärden dazu kommen“, sagt der Projektleiter Ingo Barth, der selbst gehörlos ist. Die Max-Planck-Förderstiftung finanziert das Projekt aus privaten Mitteln  mit insgesamt 450.000 Euro.

Das Projekt dokumentiert sowohl hochwissenschaftliche Fachvokabeln als auch Fachvokabeln für die entsprechenden Schulfächer. „Die praktische Bedeutung dieses Fachgebärdenlexikons für taube und schwerhörige Menschen mit Studienabsicht ist enorm“, sagt Ingo Barth. „Dieses Fachvokabular erweitert die Teilhabechancen für taube Menschen in Schule, technischer Ausbildung, Studium und Beruf."

Die Entwicklung der speziellen Software wurde im Rahmen einer Kooperation des Projektteams im Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik von der Projektgruppe Gamification und Open Source für gehörlose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgenommen. Diese umfänglichen informationstechnischen Arbeiten werden vom Bundesministerium für Arbeit aus dem Ausgleichsfonds finanziert.

So werden die Fachgebärden gesammelt

Die deutsche Gehörlosen-Community hatte in Workshops bereits ab 2018 etliche Fachgebärden erarbeitet. Die neuen Gebärden wurden im Videostudio des Max-Planck-Instituts in Halle gemäß den Kriterien für Gebärdenvideos aufgenommen, geschnitten und bearbeitet. Ein Team aus Linguistinnen und Linguisten unterstützt das Projekt aus sprachwissenschaftlicher Perspektive und berät bei der Gebärdenfindung vor allem im Hinblick auf Praktikabilität, sprachliche (phonologische) Regeln und Form.

Hier greift ein weiterer Baustein aus der engagierten Gehörlosen-Community: eine Kooperation zwischen Sign2MINT und der Firma Workplace Solutions (WPS). Das Unternehmen engagiert sich bereits bei einem anderen, vom Bund geförderten Projekt für Gehörlose, und entwickelt dafür Open-Source Software. Aufgrund dieser Kooperation, die seit Juni 2019 besteht, muss Sign2MINT auch keine neue Datenbanklösung selbst finanzieren. „Ich kann so die Projektressourcen der Max-Planck-Förderstiftung optimal nutzen, um neue Fachgebärden zu entwickeln“, sagt Ingo Barth

Wie gebärdet man Geometrie?

Allein für "Geometrie" gibt es vier verschiedenen Gebärdenvarianten in der Deutschen Gebärdensprache (DGS). Ingo Barth zeigt eine davon.

Sign2MINT entwickelt für die naturwissenschaftlichen Fächer erstmals ein deutsches Fachgebärdenlexikon für MINT-Berufe. Das macht die Forschungslandschaft chancengerechter und vielfältiger. Die Software ermöglicht die Darstellung der Fachgebärden auf Smartphones, Tablets oder PC/Laptops. Die mobile Lösung ermöglicht, dass in praktisch beliebigen Gesprächssituationen das Fachgebärdenlexikon genutzt werden kann. Allein für den Bereich Mathematik sind aktuell 261 Fachgebärden dokumentiert, für Physik sogar noch mehr (500).

Damit unbekannte Gebärden besser erkannt und gegebenenfalls leichter erlernt werden können, ist die Abspielgeschwindigkeit der Gebärdenvideos einstellbar. Natürlich kann jedes Video auch an jeder Stelle zum Standbild gestoppt werden – zum Beispiel um die Handform an dieser Stelle der Gebärde genauer ansehen zu können.

Gebärdenvideos teilen oder herunterladen

Ein Gebärdenvideo kann über eine praktische „Teilen“-Funktion in Sozialen Medien wie WhatsApp, Facebook oder Twitter geteilt werden und somit einer breiten Community bekannt gemacht werden. Es kann ebenfalls in eigene Datensammlung heruntergeladen werden und im Offline-Modus verfügbar sein.

Es werden bei jeder Gebärde Zusatzinformationen bereitgestellt: die Gebärde in Gebärdenschrift, die fachliche Definition, das Fachgebiet sowie der Ursprung der Gebärde. Ein nennenswerter Teil der Fachgebärden musste übrigens extra für dieses Fachgebärdenlexikon vom Team Sign2MINT neu entwickelt werden – es gab für viele naturwissenschaftlich-technische Begriffe bisher keine Fachgebärde.

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