Acht neue Millisekunden-Pulsare

Das MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika findet die neuen Himmelskörper bei der Durchmusterung von Kugelsternhaufen

Eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung des italienischen Nationalen Instituts für Astrophysik (INAF) und des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn hat mit dem südafrikanischen MeerKAT-Radioteleskop acht Millisekunden-Pulsare entdeckt, die sich in Kugelsternhaufen mit hoher Sterndichte befinden. Millisekundenpulsare sind Neutronensterne und damit die dichtesten bekannten Sterne, die sich bis zu 700-mal pro Sekunde um ihre Achse drehen. Die Ergebnisse basieren auf der Forschungsarbeit im Rahmen von zwei internationalen Kollaborationen, TRAPUM und MeerTIME, und werden in einem heute veröffentlichten Artikel in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ detailliert beschrieben.

Millisekunden-Pulsare sind extrem kompakte Sterne, die hauptsächlich aus Neutronen bestehen, und gehören zu den außergewöhnlichsten Objekten im Universum. Sie packen das Hunderttausendfache der Erdmasse in eine Kugel mit einem Durchmesser von etwa 24 Kilometer und drehen sich mit einer Rate von Hunderten von Umdrehungen pro Sekunde um ihre Achse. Sie senden einen Strahl von Radiowellen aus, der den Beobachter bei jeder Rotation streift, wie das Leuchtfeuer bei einem Leuchtturm. Die Entstehung dieser Objekte ist in Umgebungen hoher Sterndichte in den Zentren von Kugelsternhaufen stark begünstigt.

„Wir haben die MeerKAT-Antennen auf neun Kugelsternhaufen ausgerichtet und konnten in sechs von ihnen neue Pulsare entdecken“, sagt der Erstautor Alessandro Ridolfi, der als Post-Doc bei INAF und MPIfR arbeitet. Fünf dieser neuen Pulsare kreisen jeweils um einen anderen Stern, wobei einer von ihnen, PSR J1823-3021G, sich als besonders interessant herausstellt. „Aufgrund seiner stark elliptischen Umlaufbahn und seines massereichen Begleiters ist dieses System wahrscheinlich das Ergebnis eines Partnertausches. „Nach einer nahen Begegnung wurde der ursprüngliche Partner vertrieben und durch einen neuen Begleitstern ersetzt“, so Ridolfi weiter.

Tasha Gautam, Doktorandin am MPIfR in Bonn und Mitautorin der Arbeit, erklärt: „Dieser spezielle Pulsar könnte mehr als die doppelte Sonnenmasse haben, es könnte aber auch das erste bestätigte System sein, das sich aus einem Millisekunden-Pulsar und einem Neutronenstern zusammensetzt. Wenn dies durch die aktuellen zusätzlichen Beobachtungen bestätigt wird, würde dieser Millisekunden-Pulsar ein hervorragendes Testfeld für neue Erkenntnisse in fundamentaler Physik darstellen.“

Die acht neuen Pulsare sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. In den Beobachtungen, die zu ihrer Entdeckung führten, wurden nur etwa 40 der insgesamt 64 MeerKAT-Antennen verwendet. Und diese konzentrierten sich lediglich auf die zentralen Regionen der Kugelsternhaufen.

„Das MeerKAT-Radioteleskop stellt einen großen technologischen Fortschritt für die Erforschung und das Studium von Pulsaren am Südhimmel dar“, sagt Andrea Possenti von INAF, der Koordinator der Pulsarbeobachtungen in Kugelsternhaufen für die MeerTIME-Kollaboration. „In den nächsten Jahren wird MeerKAT voraussichtlich Dutzende von neuen Millisekunden-Pulsaren finden und uns einen Vorgeschmack auf das geben, was mit der zukünftigen Inbetriebnahme der Mittelfrequenz-Antennen des SKA-Observatoriums möglich werden wird." Das werde viele Bereiche der Astrophysik revolutionieren, darunter auch die Untersuchung von Pulsaren.

Ridolfi, Gautam und Possenti sind Mitglieder der „TRAnsients and PUlsars with MeerKAT“ (TRAPUM) Kollaboration, einem „Large Survey Proposal“ für MeerKAT mit einer umfassenden internationalen Zusammenarbeit von Astronomen, die von den Möglichkeiten begeistert sind, die MeerKAT ihnen eröffnet. Für diese spezielle Arbeit teilten sie sich die Teleskopzeit mit einem zweiten „Large Survey Proposal“ für MeerKAT (MeerTIME), das MeerKAT dazu nutzt, bereits bekannte Pulsare mit bisher nicht erreichter Präzision zu untersuchen.

Diese Arbeit diente der TRAPUM-Kollaboration als Modellversuch, um eine vollwertige Kugelsternhaufen-Durchmusterung zur Suche nach neuen Pulsaren besser planen zu können. Eine solche Durchmusterung läuft derzeit unter Einsatz aller 64 Parabolspiegel von MeerKAT - wodurch sich die Empfindlichkeit weiter erhöht. Sie wird die Suche auf viele weitere Kugelsternhaufen ausdehnen und auch deren äußere Regionen vermessen.

„In früheren Suchprogrammen nach Pulsaren in Kugelsternhaufen sind bereits etliche bizarre und extreme Doppelpulsare entdeckt worden. Mit neuen Instrumenten wie MeerKAT werden wir sicherlich weitere dieser extremen Systeme entdecken können, die uns mehr über die grundlegenden Gesetze unseres Universums verraten“, sagt Paulo Freire, ein weiterer Mitautor vom MPIfR.

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Das vom „South African Radio Astronomy Observatory” (SARAO) betriebene MeerKAT-Teleskopnetzwerk ist das größte Radioteleskop der südlichen Hemisphäre und eines von zwei Vorläuferinstrumenten des Square Kilometre Array Observatory (SKAO), das in Südafrika aufgebaut wurde. Das in der Karoo-Wüste gelegene Radioteleskop wird demnächst um zusätzliche 20 Parabolspiegel erweitert ("MeerKAT+"), wodurch die Gesamtzahl der Antennen auf 84 ansteigen wird. MeerKAT wird später schrittweise in die erste Phase des SKAO-Projekts integriert, dessen Bau demnächst beginnt und bis 2027 andauern wird. Erste wissenschaftliche Beobachtungen mit MeerKAT+ könnten bereits 2023 beginnen, während der Testphasen des Teleskops.

TRAPUM (TRAnsients and PUlsars with MeerKAT) ist eines der „Large Survey Proposals” für den Betrieb des MeerKAT-Radioteleskops. Es ist eine internationale Kollaboration, die von der University of Manchester und dem MPIfR geleitet wird und Institutionen wie INAF, das National Radio Astronomy Observatory (NRAO) und das South African Radio Astronomy Observatory (SARAO) umfasst.

MeerTIME ist ebenfalls ein „Large Survey Proposal” für den Betrieb von MeerKAT. Es wird von der Swinburne University of Technology geleitet und verbindet mehrere australische Institutionen sowie INAF, University of Manchester, MPIfR, NRAO und SARAO.

Das Forschungsteam umfasst Alessandro Ridolfi, Tasha Gautam, Paulo C. C. Freire, Scott M. Ransom, Sarah J. Buchner, Andrea Possenti, Vivek Venkatraman Krishnan, Matthew Bailes, Michael Kramer, Ben W. Stappers, Federico Abbate, Ewan D. Barr, Marta Burgay, Fernando Camilo, Alessandro Corongiu, Andrew Jameson, Prajval V. Padmanabh, Laila Vleeschower, David J. Champion, Weiwei Chen, Marisa Geyer, Aris Karastergiou, Ramesh Karuppusamy, Aditya Parthasarathy, Daniel J. Reardon, Maciej Serylak, Ryan M. Shannon und Renée Spiewak. Zwölf der Autoren (Ridolfi, Gautam, Freire, Venkatraman Krishnan, Kramer, Abbate, Barr, Padmanabh, Champion, Chen, Karuppusamy, Parthasarathy) haben eine Affiliation mit dem MPIfR.

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