Zukunftssicherung für caesar

Am 3. März 2021 befasst sich der Haushaltsausschuss des Bundestags mit der Zukunft des Forschungszentrums caesar in Bonn

1. März 2021

Der Senat der Max-Planck-Gesellschaft und die Regierung in Nordrhein-Westfalen haben bereits zugestimmt, jetzt befasst sich der Haushaltsausschuss des Bundestags mit dem Thema. Es geht um die Integration des Forschungszentrums caesar in den MPG e.V. Nachdem die mit dem Stiftungsvermögen erwirtschaftete Rendite den Finanzbedarf des Forschungszentrums aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsen nicht mehr decken kann, hat sich die MPG bereit erklärt, nach der wissenschaftlichen auch die finanzielle Verantwortung für caesar zu übernehmen und damit das Forschungszentrum und die Arbeitsplätze langfristig am Standort Bonn zu sichern.

Mit Gründung der Stiftung caesar 1995 und dem Aufbau des gleichnamigen Forschungszentrums (center of advanced european studies and research) im Zuge des „Berlin-Bonn-Ausgleichs“ sollte der Forschungsstandort Bonn ausgebaut und gestärkt werden. Nach Kritik des Wissenschaftsrats (WR) an der mangelnden Forschungsorientierung von caesar beauftragten die Stifter – Bund und Land Nordrhein-Westfalen – die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), ein tragfähiges wissenschaftliches und strukturelles Konzept für die zukünftige Entwicklung des Forschungszentrums zu erarbeiten. Im Jahr 2006 übertrugen die Stifter auf Empfehlung des Wissenschaftsrates der MPG schließlich die wissenschaftliche Verantwortung für das Forschungszentrum. Teil der Neuausrichtung war der Ausbau auf drei wissenschaftliche Abteilungen, um die wissenschaftlich kritische Masse am Standort zu erreichen.

Seitdem setzt die MPG ihre wissenschaftliche Leitung einschließlich regelmäßiger unabhängiger externer Begutachtungen um. In den letzten Jahren gelang es ihr, zwei exzellente internationale Forscher als Direktoren zu berufen, die gemeinsam eine weitreichende Vision für die wissenschaftliche Zukunft von caesar entwickelt haben. Mit der Berufung von Jason Kerr (2014) und Kevin Briggman (2017) wurde die Forschungsrichtung auf die Erforschung der neuronalen Grundlagen des natürlichen Tierverhaltens fokussiert. Diese Forschung wird nicht nur neue biologische Erkenntnisse, sondern auch technische Innovationen hervorbringen. 2018 hatte der Stiftungsrat die dafür notwendigen Finanzierungs- und Ausstattungsbedarfe genehmigt. Diese Mittel waren für die Umsetzung der Neuausrichtung essentiell. Eine Verschiebung der Investitionen hätte die Forschung stark beeinträchtigt.

Wie viele andere Stiftungen ist caesar jedoch seit einigen Jahren mit einer gegenüber ihrer Gründungsphase deutlich schwierigeren Kapitalmarktsituation („Niedrigzins-Ära“) konfrontiert. Die jährlich erzielten Nettoerträge reichen inzwischen nicht mehr aus, um den laufenden Betrieb zu finanzieren. caesar musste deshalb bereits seit einigen Jahren teilweise von der Substanz leben; die Rücklagen sind inzwischen weitgehend aufgebraucht. Die Besetzung der dritten Abteilung wurde daher erst einmal ausgesetzt.

Vor diesem Hintergrund sind die Stifter – das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund – an die Max-Planck-Gesellschaft herangetreten, um gemeinsam für caesar eine wissenschaftlich attraktive sowie finanziell weiterhin auskömmliche und langfristig gesicherte Perspektive zu entwickeln. Nach der Diskussion unterschiedlicher Modelle hat sich nur die Vollintegration des Forschungszentrums in den MPG e.V. als wissenschaftlich und wirtschaftlich gangbares Modell herauskristallisiert. Am Mittwoch liegt dem Haushaltsausschuss des Bundestags ein entsprechender Antrag vor.

Auch nach einer Vollintegration von caesar in die MPG wird das Stiftungsvermögen alleine der Finanzierung des Forschungsinstituts in Bonn und damit weiterhin entsprechend dem Bonn-Berlin-Ausgleichsvertrag der Stärkung des Wissenschaftsstandorts Bonn dienen. In diesem Modell sind das Forschungszentrum und der Standort langfristig gesichert und damit auch die Arbeitsplätze, denn nach Aufbrauchen des Kapitalstocks wird das Institut über die Gemeinschaftsfinanzierung von Bund und Ländern der MPG finanziert. Einen Mehrbedarf für Bund und Länder wird es nicht geben, da die Max-Planck-Gesellschaft vertraglich zusichert, keinen weiteren Zuwendungsbedarf über den Pakt für Forschung und Innovation hinaus für caesar geltend zu machen.

Über caesar:

caesar beschäftigt inzwischen rund 200 Mitarbeitende aus über 38 Nationen. Die mittlerweile sieben – größtenteils drittmittelfinanzierten – Forschungsgruppen und die beiden wissenschaftlichen Abteilungen setzen eine einzigartige Kombination aus experimentellen und computergestützten Methoden ein, um der Frage nachzugehen, wie das Gehirn natürliches Verhalten steuert. Ihre Forschung erstreckt sich zeitlich und anatomisch über mehrere Skalen, von der Bildgebung des Gehirns auf der Nanoskala über die groß angelegte funktionelle Bildgebung von Tausenden von Neuronen im Gehirn bis hin zur Quantifizierung des natürlichen Tierverhaltens. Um die komplexe Beziehung zwischen dem Verhalten von Tieren und den zugrundeliegenden Hirnschaltkreisen zu erforschen, entwickeln Wissenschaftler bei caesar neue Werkzeuge und Techniken. Ein aktuelles Beispiel ist ein neues kopfgetragenes Lasermikroskop, das die Zellaktivität aller kortikalen Schichten im sich frei bewegenden Tier messen kann.

Im Bonner Forschungsumfeld kooperiert caesar eng mit umliegenden Institutionen, darunter der Universität Bonn und dem Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), und sorgt mit einem sehr erfolgreichen Graduiertenprogramm an der "International Max Planck Research School (IMPRS) for Brain and Behavior" für die Ausbildung der nächsten Generation von Neurowissenschaftler*innen. Die sehr erfolgreiche IMPRS ist die erste transatlantische Partnerschaft zwischen der Universität Bonn und caesar in Deutschland sowie dem Max Planck Florida Institute for Neuroscience in den USA. Bislang hat das Programm 49 IMPRS-Studenten aus 19 verschiedenen Ländern aufgenommen.

Neben der Doktorandenausbildung unterrichten die caesar-Wissenschaftler im Master of Science (M.Sc.) in Neurowissenschaften und in der Bonn International Graduate School (BIGS) an der Universität Bonn. Jason Kerr erhielt 2017 zudem einen Ruf auf eine ordentliche Professur für Verhaltensneurobiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn, die er im Herbst 2019 annahm.

Das Forschungszentrum hat zudem ein sehr beliebtes öffentliches Outreach-Programm, das caesar Public Lab, das 2019 eröffnet wurde. Biologie-Klassen aus den umliegenden Schulen können einen Tag in einem speziellen Labor verbringen, um etwas über die neuroethologische Forschung von caesar zu lernen. Die Schüler führen Experimente durch und machen Verhaltensbeobachtungen am larvalen Zebrafisch und lernen, wie genetische Mutationen und neuronale Schaltkreise das Verhalten der Tiere verändern können. Das Angebot wurde während der Pandemie auf ein Online-Format umgestellt.

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