Ein vierbeiniger Roboter für alle

Ein einfach und kostengünstig herzustellendes Open-Source-System erleichtert Fortschritte in der Robotik

Ein hundeähnlicher Vierbeiner könnte die Entwicklung von Robotern deutlich beschleunigen: Solo 8 ist ein ausgesprochen dynamischer Forschungsroboter, den ein Team unter anderm des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in einem Open-Source-Projekt in Tübingen und Stuttgart entwickelt hat. Er besteht fast ausschließlich aus 3D-gedruckten Bauteilen und kann leicht nachgebaut werden – ideal für die Grundlagenforschung in der Robotik und der Schulung junger Forscherinnen und Forscher. Ziel des Projekts ist es, Robotik-Laboren auf der ganzen Welt einen kostengünstigen und leicht zu montierenden Bausatz anzubieten. Außerdem wird die dazugehörige Software ständig verbessert und auf GitHub veröffentlicht. Im Gegenzug erhoffen sich die Wissenschaftler, dass möglichst viele Teams ihre Forschungsergebnisse mit ihnen teilen. Wenn viele Forschende Experimente auf derselben Plattform durchführen, schafft das vergleichbare Daten, was wiederum rasche Fortschritte auf dem Gebiet der Robotik ermöglicht.

In Zusammenarbeit mit Robotikern der New York University haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme einen agilen vierbeinigen Roboter entwickelt. Der leichte und drehmomentgesteuerte vierbeinige Roboter namens Solo 8 ähnelt einem jungen Hund, der sich darauf freut, bald Gassi zu gehen. Der Roboter ist für hoch-dynamische Bewegungsabläufe gebaut, zum Beispiel kann er hüfthoch springen oder umkippen und gleich wieder auf die Beine kommen. Solo 8 gehört zu den praktischsten, am einfachsten zu bedienenden Forschungsplattformen der Welt. Die meisten Teile, aus denen er besteht, werden 3D-gedruckt. Die wenigen verbleibenden Bauteile kann man zukaufen. Die Konstruktionsanleitung und die GitHub-Dokumentation sind Open Source unter der BSD 3-Lizenz veröffentlicht. Der Open-Access ermöglicht es anderen Wissenschaftlern, eigene Prototypen und Technik basierend auf Solo 8 zu entwickeln − selbst montiert und leicht erweiterbar, angepasst an das eigene Experiment. Dabei Solo kostet viel weniger als kommerzielle Laufroboter, an denen Forschende auch nichts mehr ändern können.

Teams mehrerer Universitäten haben sich bereits an das Team gewandt, weil sie sich für das System interessieren. „Unsere Roboterplattform ist eine hervorragende Basis für andere Forscher, um schnell einen Prototypen zu bauen“, sagt Ludovic Righetti, Associate Professor an der Tandon School of Engineering der New York University und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. „Im Gegenzug profitieren wir davon, weil komplexe Steuerungs- und Lernalgorithmen schnell auf der Plattform getestet werden können. So verkürzt sich die Zeit von der Idee bis zur experimentellen Validierung. Das vereinfacht die Forschung erheblich." Der Open-Source-Ansatz erlaube es  zudem, Algorithmen mit anderen Teams zu vergleichen, wodurch sich Fortschritte besser bewerten lassen. "In meinem Labor hier in New York wurde unser fortschrittlichster Algorithmus auf Solo 8 getestet. Auf einer anderen Plattform wäre es viel schwieriger gewesen", sagt Ludovic Righetti. „Das war eine große Sache für uns.“

Ein Roboter mit neuartigen Fähigkeiten

„Eine Forschungsgruppe, die einen solchen Roboter selbst entwickeln würde, bräuchte dafür etwa vier Jahre“, sagt Alexander Badri-Spröwitz, Leiter der Forschungsgruppe Dynamische Lokomotion am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. „Außerdem braucht man ein breites Spektrum an Fachwissen. Die Solo-8-Plattform ist das kombinierte Wissen mehrerer Teams.Robotiker können innerhalb weniger Wochen zusätzliche Funktionen hinzufügen. Und schon haben sie einen Weltklasse-Roboter.“

„Solo besitzt einige neuartige Fähigkeiten, die wir erproben und weiterentwickeln wollen“, sagt Felix Grimminger, ein Mechatronik-Ingenieur am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. Das Konzept für Solo war seine Idee, die ständige Optimierung sein Ansporn. „Solo hat einen großen Bewegungsspielraum. Wenn der Roboter auf den Rücken fällt, kann er die Beine in die andere Richtung konfigurieren und einfach aufstehen." Solo 8 kann zudem etwa 40 Zentimeter hoch springen und federt seine Landung nach dem Sprung ab.

Die drehmomentgesteuerten Motoren verhalten sich dabei wie die Muskeln in Tierbeinen oder wie die elastischen Sehnen. Solo 8 verwendet virtuelle Federn, keine mechanischen. Und als virtuelle Federn sind sie damit programmierbar. "Wir können die Federsteifigkeit von weich bis hart kontinuierlich, und unverzüglich einstellen. Eine veränderliche Steifigkeit sehen wir auch bei Tieren und Menschen. Auf diese Weise erreicht der Roboter eine adaptive und robuste Fortbewegung“, sagt Alexander Badri-Spröwitz. 

Auf dem Weg zum Roboter-Zoo

Ein weiteres Hauptmerkmal ist das geringe Gewicht von etwa zwei Kilogramm. Das Verhältnis Gewicht zu Leistung ist damit hoch. Die meisten vierbeinigen Roboter sind deutlich schwerer und daher in einem Labor schwieriger zu handhaben. Durch das geringe Gewicht fällt es auch Studierenden leicht, mit dem Roboter zu arbeiten, und er ist sicher. „Wenn sie wollen, können sie Solo 8 einfach in einen Rucksack packen und zu einer Konferenz mitnehmen“, sagt Alexander Badri-Spröwitz.

Die Forschenden haben viel Mühe darauf verwendet, das Aktuator-Modul von Solo zu optimieren und zu testen. "Das Aktuator-Modul ist wie der Grundbaustein, den wir mit kleinen Variationen immer wieder verwenden“, sagt Felix Grimminger. „Auf diese Weise können wir einen Zoo von Robotern bauen.“ Der Roboter trägt die Zahl Acht in seinem Namen, da er acht Gelenke hat: Jedes Roboterbein kann die Winkel in Hüfte und Knie verändern. Vor kurzem haben die Forschenden eine Solo 12 mit zwölf Gelenken, drei pro Bein, fertiggestellt und erste Tests mit dem Robotertier vorgenomen. Solo 12 kann sich nun auch seitwärts bewegen. „Das bedeutet, dass Solo 12 – aufgrund seiner zusätzlichen Freiheitsgrade – noch vielseitiger sein wird und komplexere Verhaltensweisen zeigen kann“, so Felix Grimminger.

LB/PH

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