Gute Gründe für Corona-Bonds

Elf Juristen aus verschiedenen europäischen Ländern plädieren angesichts der Krise für gemeinsame europäische Anleihen

Die Corona-Pandemie wird wohl in ganz Europa zu einer deutlichen Rezession führen, alle Staaten werden mehr Geld ausgeben als sie einnehmen. In dieser Lage sind Eurobonds wieder in die Diskussion gekommen: gemeinsame Staatsanleihen der EU-Länder. Eine Gruppe rechtswissenschaftlicher Professorinnen und Professoren aus fünf europäischen Ländern hat nun einen Vorschlag erarbeitet, wie diese Anleihen ausgestaltet werden könnten, damit alle EU-Mitglieder davon profitieren können.

Wie kann Europa die bevorstehende Krise ausgelöst durch die Schutzmaßnahmen vor Covid-19 bewältigen? Eine Antwort auf diese Frage haben nun elf Juristinnen und Juristen aus Slowenien, Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland vorgestellt, veröffentlicht von Matthias Goldmann, Senior Research Fellow am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg und Juniorprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Die Gruppe plädiert für gemeinsame europäische Staatsanleihen - sogenannte Corona-Bonds - in Höhe von einer Billion Euro zur Finanzierung der Krisenfolgen. „Es geht nicht um einen Akt der Nächstenliebe für die Schwächeren“, betonen die elf in ihrem Vorschlag, „sondern darum, das gemeinsame europäische Projekt vor einer Bedrohung zu schützen, die alle ohne Verschulden trifft.“ Ihnen ist es wichtig, dass Europa als Ganzes gestärkt aus dieser Krise hervorgeht, „um die vielen anderen Probleme zu bewältigen, die vorübergehend auf Eis gelegt wurden, aber noch nicht gelöst sind“.

Geld für gemeinsame Projekte

Ihr Konzept sieht daher vor, dass ein Teil der aufgenommenen Gelder gemeinsamen europäischen Projekten dienen soll, an denen sich alle Mitgliedstaaten beteiligen. Beispiele dafür seien im Bereich Gesundheit eine bessere Vorsorge aller Länder zusammen für eine mögliche nächste Pandemie, im Bereich Digitalisierung die Verbesserung der digitalen Infrastruktur in Europa und im Bereich Migration eine gemeinsame Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Weitere mögliche Felder wären die Finanzierung streng unabhängiger öffentlicher Rundfunknetze und Investitionen, die dem Klimaschutz dienen, etwa in ein europäisches Eisenbahnnetz.

Der andere Teil des Finanzvolumens sollte den einzelnen Mitgliedsstaaten zur Verfügung stehen, wobei die EU-Staaten nach Ansicht der Rechtswissenschaftler dafür einen gemeinsamen Rahmen vereinbaren sollten. Der könnte zum Beispiel Ausgaben für die Krankenhausinfrastruktur der einzelnen Länder enthalten, Investitionen in Strategien zur Reindustrialisierung sowie Sicherungsfonds für Kleinunternehmen und für wichtige Infrastruktur wie Flughäfen und Airlines.

Eigene Steuern der EU zur Tilgung

Weiter schlägt die Gruppe um Matthias Goldmann vor, dass jeder Mitgliedstaat seinen Anteil an Kapital und Zinsen für die Corona-Anleihen nach dem gleichen Schlüssel zurückzahlen soll, wie er für die Beiträge zum EU-Haushalt gilt. Zusätzlich könnte die EU eigene Steuern zum Beispiel auf Finanztransaktionen oder auf den Flugverkehr erheben, die speziell für den Schuldendienst dieser Anleihen vorgesehen sind. Als rechtliche Basis für ihre Vorschläge regt die Gruppe einen eigenen Corona-Bond-Vertrag an, der allen EU-Mitgliedstaaten offensteht, die bereit sind, die darin festgelegten Ziele, Vorgehensweisen und Werte zu akzeptieren.

Die Juristinnen und Juristen weisen darauf hin, dass noch viele Details zu klären seien. Trotzdem sehen sie ihren Vorschlag als pragmatischen Weg, um den europäischen Staats- und Regierungschefs die Entscheidung zu erleichtern, die sie jetzt zwingend treffen müssen: entweder „sich entlang schlecht durchdachter nationaler Grenzen zurückzuziehen“ oder „endlich eine gewisse Entschlossenheit zu zeigen und sich inmitten einer geteilten Welt zu vereinen“.

MEZ

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