„Radioblitze sind ein neues Werkzeug“

Das Team um Laura Spitler möchte die Fast Radio Bursts als Messsonden im Universum nutzen

17. Januar 2020

Seit knapp einem Jahr leitet Laura Spitler die Lise-Meitner-Gruppe „Universelle Erfassung ionisierter Materie mit schnellen Radioblitzen“. Dabei beschäftigt sich das Team mit einem der heißen Themen in der Astrophysik.

Spitler hat über diese bisher weitgehend ungeklärten Phänomene ihre Doktorarbeit an der US-amerikanischen Cornell University geschrieben. Aktuell untersucht ihre Gruppe am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie mithilfe der Fast Radio Bursts den Raum zwischen den Galaxien und nutzt diese Ausbrüche gleichsam als Sonden für das intergalaktische und interstellare Medium. Im Interview erklärt die Forscherin ihre Arbeit.

Frau Dr. Spitler, wie kamen Sie auf das Thema Radioblitze?

Die Entdeckung des ersten Blitzes wurde 2007 im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht. Damals hatte ich gerade das erste Jahr meiner Doktorarbeit hinter mich gebracht. Darin beschäftigte ich mich eher allgemein mit kurzartigen Erscheinungen am Radiohimmel. Aber ein Fast Radio Burst war etwas Neues, sehr aufregend und interessant. Daher fasste ich das Thema enger und fokussierte meine Arbeit vor allem auf dieses Phänomen.

Sie schlossen Ihre Doktorarbeit im Jahr 2012 ab. Hat sich auf dem Gebiet der Radioblitze seither etwas getan?

Ja, eine ganze Menge, vor allem in den vergangenen 18 Monaten! Lassen sich mich das anhand von zwei Beispielen aus der Beobachtungstechnik erläutern: Zum einen gibt es seit kurzem neue Radioteleskope, mit denen man die Position eines Blitzes am Himmel auf direktem Weg und präzise bestimmen kann. Zum anderen haben wir in Kanada ein Teleskop namens CHIME, das ein sehr weites Gesichtsfeld besitzt, also einen recht großen Ausschnitt des Firmaments im Blick hat. Allein im Testbetrieb hat diese CHIME-Radioantenne schon 13 neue Bursts registriert.

Sie führen eine Lise-Meitner -Gruppe. Was ist deren Forschungsziel?

Wir wollen verstehen, wie wir die schnellen Radioblitze nutzen können, um den Raum zwischen Sternen und Galaxien zu untersuchen. Das Universum ist ja nicht leer, sondern von einem mehr oder weniger dichten ionisierten Gas, einem sogenannten Plasma, erfüllt. Radiostrahlung von einem fernen Burst muss dieses Medium durcheilen und trifft dabei auf die Teilchen im Plasma, etwa Elektronen und Protonen. Dabei prägen sich der Radiostrahlung gewissermaßen Fingerabdrücke auf. Diese Signaturen erlauben es uns, das Material – sowohl das intergalaktische, als auch das interstellare – entlang der Sichtlinie zu studieren.

Welchen Nutzen bringen solche Analysen?

Damit können wir kosmologische, also großräumige Strukturen des Universums untersuchen. Und wir können jene Bereiche anschauen, die auf den ersten Blick leer erscheinen – denn auch dort gibt es Plasma. So kommen wir unter anderem der Verteilung der unsichtbaren Dunklen Materie auf die Spur. In diesem Sinne sind Radioblitze nicht nur faszinierend und eines der größten Rätsel der Astrophysik, sondern auch ein neues Werkzeug, um Messungen in unterschiedlichen kosmischen Umgebungen vorzunehmen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Helmut Hornung

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