Harte Zeiten für Schimpansen in der Savanne?

Die Nahrung von in der Savanne lebenden Schimpansen ist zäher als bisher gedacht und könnte Rückschlüsse auf die Evolution des Kauapparats fossiler Menschen zulassen

10. August 2018
Üblicherweise ernähren sich Schimpansen von reifen, leicht zu zerkauenden Früchten. Savannen-Schimpansen reichern ihren Speiseplan zusätzlich mit viel schwerer zu verarbeitenden Pflanzenteilen an. Forschende am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben nun die Materialeigenschaften und Isotopensignaturen typischer Nahrungspflanzen aus Regenwald und Savanne untersucht und festgestellt, dass der Selektionsdruck auf den Kauapparat bei Savannen-Schimpansen aufgrund der zäheren Kost deutlich größer zu sein scheint als bei Regenwald-Schimpansen. Da der Lebensraum unserer menschlichen Vorfahren dem heute lebender Savannen-Schimpansen ähnelte, war möglicherweise auch das Gebiss früher Homininen in Afrika vergleichbaren Selektionsdrücken ausgesetzt, so die Autoren.

In der Gruppe der Menschenaffen sind Schimpansen allgemein als Früchtefresser bekannt, wobei sie sich aber auch von Blättern und Samen ernähren. Besonders Savannen-Schimpansen – mehr als ihre Verwandten im Regenwald – sind auf diese zusätzlichen Nahrungsbestandteile angewiesen, wobei davon ausgegangen wurde, dass deren mechanische Eigenschaften stark variieren können. Vergleichsdaten für Schimpansenpopulationen in unterschiedlichen Lebensräumen lagen jedoch bisher nicht vor. In einer neuen Studie vergleicht Adam van Casteren vom Max-Planck-Weizmann-Center für integrative Archäologie und Anthropologie am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie nun die Materialeigenschaften verschiedener Pflanzen, von denen sich Schimpansen im tropischen Regenwald von Ngogo (Uganda) und ihre Verwandten in der Baumsavanne des Issa-Tals in Tansania ernähren. Mit Hilfe eines mobilen Materialprüfgeräts bestimmte er die mechanischen Eigenschaften verschiedener Pflanzengewebe und fand heraus, dass die Bestandteile mancher Savannengewächse, wie die Samenschale der Brechnuss (Strychnos), eine deutlich höhere Zähigkeit und Festigkeit aufweisen als Pflanzen aus dem Regenwald. „Überraschenderweise lagen einige Werte sogar über denen, die für die Nahrung von Orang-Utans belegt sind. Dabei ging man bisher davon aus, dass Orang-Utans unter den Menschenaffen die härteste Nahrung zerkauen können“, so van Casteren.

Die Forschenden ergänzten ihre neu erhobenen Daten mit Kohlenstoffisotopen-Daten aus den Pflanzenproben und aus Haarproben von Schimpansen. Die Analyse dieser stabilen Isotopen kommt unter anderem bei der Rekonstruktion der Nährungsökologie und Habitatnutzung lebender und ausgestorbener Primaten zum Einsatz. Auch wenn die Kohlenstoffwerte in den Pflanzen beider Habitate auffallend ähnlich waren, ließen die Isotopenwerte der Haarproben darauf schließen, dass sich die Savannen-Schimpansen zusätzlich auch von Pflanzen ernähren, die in der offenen Savannen-Landschaft wachsen und von denen einige besonders schwer zu zerkauen sind. Den Forschenden zufolge erleichtern die langen Vorderzähne der Schimpansen den Verzehr dieser zähen Pflanzen. „Während einige Schimpansenpopulationen Werkzeuge zum Knacken von Nüssen verwenden, sind die Savannen-Schimpansen noch immer auf ihre Zähne angewiesen, um an die Inhaltsstoffe der Nahrung zu gelangen. Derart unterschiedliche Selektionsdrücke, denen die Zähne ausgesetzt sind, haben wahrscheinlich auch in der Evolution des Menschen eine wichtige Rolle gespielt”, sagt Kornelius Kupczik, Koautor und Forschungsgruppenleiter des Max-Planck-Weizmann-Centers.

Zahnmorphologie, Materialeigenschaften der Nahrung und Kohlenstoffisotopen-Analysen sind auch für die Rekonstruktion der Ernährungsweise unserer frühen Vorfahren in Afrika äußerst relevant. „Wenn wir den Zusammenhang zwischen Nahrung, Zahnabnutzung und die dazu gehörenden Isotopensignaturen heutiger Schimpansen besser verstehen, hilft uns das immens, auch die Ernährungsgewohnheiten unserer fossilen Vorfahren zu enträtseln, die vor mehreren Millionen Jahren ebenfalls in der afrikanische Savanne gelebt haben“, schlussfolgert Koautorin Vicky Oelze von der University of California in Santa Cruz und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, die die Isotopenanalyse durchgeführt hat.

[KK/FP, SJ]

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