Forschungsbericht 2017 - Max-Planck-Institut für Biogeochemie

Kombination von Experimenten und Modellen zum besseren Verständnis der Nährstofflimitierung in Landökosystemen

Autoren
Zaehle, Sönke
Abteilungen
Arbeitsgruppe Terrestrische Biosphären Modellierung, Abteilung Biogeochemische Integration, Max Planck Institut für Biogeochemie
Zusammenfassung
Die Kohlenstoffspeicherung in Landökosystemen wird erheblich durch den Wettbewerb von Pflanzen und Bodenorganismen um wichtige Nährstoffe, zum Bespiel Stickstoff und Phosphor, beeinflusst. Durch die Kombination neuer Laborexperimente mit verbesserten Ansätzen zur numerischen Simulation der Landökosysteme lassen sich detaillierte Kenntnisse der Bedeutung dieser Nährstofflimitierung für die zukünftige Entwicklung dieses Kohlenstoffspeichers gewinnen. Damit leistet diese Forschung einen Beitrag zum besseren Verständnis der Auswirkung des menschengemachten Kohlenstoffdioxidausstoßes auf das Klima.

Die globalen Landökosysteme speichern etwa ein Viertel des menschengemachten Kohlenstoffdioxidausstoßes und vermindern so den Anstieg des Kohlenstoffdioxids (CO2) in der Atmosphäre. Diese Speicherung resultiert unter anderem aus dem sogenannten CO2-Düngeeffekt: Der erhöhte CO2-Gehalt der Luft verstärkt die Fotosynthese, also die Kohlenstoffaufnahme der Vegetation. Um diese erhöhte Kohlenstoffaufnahme in Biomasse umzusetzen und so längerfristig zu speichern, benötigen Pflanzen aber zusätzlich weitere Nährstoffe wie zum Beispiel Stickstoff und Phosphor [1]. Diese Nährstoffe sind in natürlichen Ökosystemen nur begrenzt verfügbar, und so stehen die Pflanzen in starker Konkurrenz zu den Bodenorganismen. Dieser Wettbewerb bestimmt, inwiefern der CO2-Düngeeffekt zu einer verstärkten Speicherung des Kohlenstoffs in der Biomasse der Pflanzen oder in der organischen Substanz des Bodens führen kann (Abb. 1). Diesen Wettbewerb besser zu verstehen ist daher eine Grundvoraussetzung für das Verständnis des heutigen globalen Kohlenstoffkreislaufs und der Prognose seiner zukünftigen Entwicklung.

Stoffkreisläufe modellieren

Um herauszufinden, wie sich dieser Wettbewerb zwischen Pflanzen und Bodenorganismen auf den globalen Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration auswirkt, verwendet die Arbeitsgruppe (AG) Terrestrische Biosphärenmodellierung am Max-Planck-Institut für Biogeochemie numerische Modelle. Diese Modelle simulieren die biogeochemischen Stoffkreisläufe, wie zum Beispiel die Kreisläufe des Kohlenstoffs oder Stickstoffs, von Landökosystemen. Dabei nutzen sie als Grundlage experimentell bestätigte, ökophysiologische Zusammenhänge etwa auf der Skala individueller Blätter und Feinwurzeln und verwenden dieses Wissen zur Abschätzung von Stoffflüssen auf regionalen ebenso wie auf globalen Maßstäben (Abb. 1). Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Modellierung ist also eine gute experimentelle Basis, mit der sich die Modelle überprüfen und gegebenenfalls verbessern lassen. Eine der wesentlichen Schwierigkeiten bei der Modellierung zeigt sich aber darin, dass verschiedene Modelle zwar vergleichbare Ergebnisse bezüglich der Nährstoffversorgung und Pflanzenproduktion für heutige Bedingungen liefern, sich aber bei der Voraussage zukünftiger Entwicklungen zum Teil deutlich unterscheiden [2]. In einem Forschungsschwerpunkt untersuchen die Wissenschaftler der AG deshalb die ausschlaggebenden Prozesse mit gezielten Störungsexperimenten sowohl experimentell als auch mittels numerischer Simulation.

Modelle mit Feldexperimenten testen

Feldstudien an Waldökosystemen in den USA konnten erstmals aufdecken, dass sich eine erhöhte atmosphärische CO2-Konzentration negativ auf die Nährstoffversorgung ganzer Ökosysteme auswirkt. Beim Vergleich dieser experimentell gewonnenen Daten mit Ergebnissen verschiedener Modelle zeigte sich, dass die Annahmen der Modelle zu den Mechanismen der pflanzeninternen Kohlenstoff- und Stickstoffverteilung die experimentellen Erkenntnisse nur unzureichend wiedergeben [3, 4]. Innerhalb des vom Europäischen Forschungsrates (ERC) finanzierten Projekts QUINCY (QUINCY 2017) erforscht die Arbeitsgruppe Alternativen zu diesen Herangehensweisen. So verwendet sie neuartige Modellansätze, bei denen man Kosten und Nutzen verschiedener Verteilungsmuster gegeneinander abwägt, um dann dynamisch eine aus Pflanzensicht ökonomisch sinnvolle Entscheidung zu treffen. Auf diese Weise lassen sich die beobachteten Änderungen verschiedener physiologischer Merkmale wie zum Beispiel die Stickstoffkonzentration und die Fotosynthetische Kapazität der Blätter oder auch die Nährstoff- und Wasseraufnahme von Feinwurzeln besser abbilden.

Aus Modellen neue Experimente entwickeln

Die Auswirkung des erhöhten CO2-Gehalts in der Atmosphäre auf das Zusammenspiel von Pflanzen und Bodenorganismen ließ sich in diesen Feldexperimenten aufgrund der hohen räumlichen Heterogenität zum Beispiel der Böden allerdings nur eingeschränkt beobachten. Um diese Wissenslücke zu schließen, untersuchen die Forscher im Rahmen des QUINCY-Projekts in einem Mesokosmos-Experiment mittels stabiler Kohlenstoff- und Stickstoffisotope detailliert die Stoffflüsse zwischen Pflanze und Boden.Bei diesem Experiment zeigte sich, dass die verstärkte Kohlenstoffaufnahme bei erhöhter CO2-Konzentration in der Luft in einem ansonsten nährstofflimitierten Ökosystem das Pflanzenwachstum nur begrenzt erhöht (Abb. 2). Gleichzeitig wurde mehr Kohlenstoff in den Boden hineingebracht, was dort zu einer deutlichen Aktivierung der Bodenorganismen und des Nährstoffumsatzes führte. Besonders interessant ist hierbei die Bedeutung von Pilzen, die in Symbiose mit Feinwurzeln leben. Diese sogenannten Mykorrhizen tragen zur Nährstoff- und Wasserversorgung der Wurzeln bei, können aber auch den Abbau der organischen Substanz im Boden beschleunigen. Eine detaillierte Analyse der Isotopenflüsse wird es in der Zukunft erlauben, bessere Modelle des organischen Umsatzes im Boden unter Berücksichtigung der Aktivität von Bodenorganismen und Mykorrhizen zu entwickeln. Mit ihnen lassen sich dann die Wechselwirkungen von Pflanzen- und Bodenprozessen realistischer simulieren.

Bedeutung

Zusammen tragen diese beiden Forschungsschwerpunkte dazu bei, die Verknüpfung der biogeochemischen Kreisläufe in Landökosystemen besser zu verstehen. Detaillierte Vorhersagen über die Reaktion von Landökosystemen auf den kontinuierlichen Anstieg des atmosphärischen CO2-Gehaltes sind auch für das Erreichen der internationalen Klimaschutzziele von großer Bedeutung. Heutige Abschätzungen der Emissionsziele für eine Begrenzung des Klimawandels auf eine globale Temperaturänderung von 1,5 Grad Celsius oder 2 Grad Celsius berücksichtigen die Nährstoffinteraktionen in der Landbiosphäre noch nicht hinreichend. Dies zeigt sich durch vorläufige Modellergebnisse, nach denen die Emissionsziele niedriger ausfallen müssten, wenn Nährstoffinteraktionen berücksichtigt würden.

Literaturhinweise

Zaehle, S., Ciais, P., Friend, A. D. & Prieur, V
Carbon benefits of anthropogenic reactive nitrogen offset by nitrous oxide emissions

Nature Geoscience 4, 601–605 (2011)

Meyerholt, J.; Zaehle, S.; Smith, M. J.
Variability of projected terrestrial biosphere responses to elevated levels of atmospheric CO2 due to uncertainty in biological nitrogen fixation

Biogeosciences 13, 1491–1518 (2016)

Zaehle, S., Medlyn, B.E.; De Kauwe, M.G.; Walker, A.P; Dietze, M.C.; Thomas, H.; Luo, Y., et al.
Evaluation of 11 Terrestrial Carbon-Nitrogen Cycle Models Against Observations From Two Temperate Free-Air CO2 Enrichment Studies.

New Phytologist 202 (3): 803–22.

Medlyn B.E.; Zaehle S.; De Kauwe M.G.; Walker, A.P; Dietze, M.C.; et al.
Using ecosystem experiments to improvevegetation models.

Nature Climate Change. 2015;5(6):528-534.

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