Forschungsbericht 2017 - Max-Planck-Institut für Quantenoptik

Quantengatter für Photonen

Autoren
Dürr, Stephan
Abteilungen
Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching
Zusammenfassung
Quantenkryptographie ermöglicht heute bereits abhörsichere Kommunikation, ist aber mit bestehender Technologie auf Entfernungen unter 100 km limitiert. Ein Quantenrepeater, der ein Signal verstärkt, könnte dieses Problem im Prinzip lösen, ist aber leider noch nicht realisiert worden. Wir verfolgen zwei verschiedene experimentelle Ansätze, um ein Quantengatter für Photonen zu bauen, das als essentieller Baustein für einen Quantenrepeater benötigt wird.

Perspektiven für einen Quantenrepeater

Seit etwa 20 Jahren gibt es Anstrengungen, mit Hilfe der Quantenmechanik die Verarbeitung und Übertragung von Information zu revolutionieren. Zum einen hofft man, klassische Computer durch Quantencomputer zu ergänzen. Damit könnte man gewisse Klassen von numerischen Problemen deutlich schneller lösen. Zum anderen hofft man, die Informationsübertragung im Internet durch Quantenkryptographie zu ergänzen. Diese ermöglicht eine aus fundamentalen Gründen abhörsichere Kommunikation. Während der Bau eines Quantencomputers ein längerfristiges Ziel ist, bieten inzwischen mehrere Firmen kommerzielle Produkte für Quantenkryptographie an. Ein entscheidendes Problem ist aber, dass diese Systeme derzeit nur für Strecken unter 100 km brauchbare Übertragungsraten erzielen.

Ein theoretisches Konzept für den Bau eines möglichen Quantenrepeaters, mit dem man Quantenkryptographie über lange Strecken betreiben könnte, existiert zwar, aber eine physikalische Umsetzung ist bisher nicht geglückt. Für diese Aufgabe werden mehrere Komponenten benötigt. Eine davon ist ein Detektor für sogenannte Bell-Zustände für Photonen. Er  kann beispielsweise mithilfe eines Quantengatters für Photonen realisiert werden. Ein Quantengatter ist ein physikalisches Bauteil, ähnlich wie ein aus Transistoren aufgebautes elektronisches UND-Gatter. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass ein UND-Gatter in einem herkömmlichen Computer nur die zwei möglichen Werte null und eins verarbeitet, wohingegen ein Quantengatter allgemeine kohärente Überlagerungen von quantenmechanischen Zuständen verarbeitet.

Eine einfache Version eines solchen Gatters lässt sich leicht mit linearer Optik implementieren. Diese hat allerdings den entscheidenden Nachteil, dass die Effizienz aus fundamentalen Gründen höchstens 50 % betragen kann. Das ist bei Weitem nicht ausreichend, um einen nützlichen Quantenrepeater zu bauen. Daher ist es eine dringende Fragestellung der aktuellen Grundlagenforschung, ob andere Systeme erfolgversprechender sind.

Alternative Ansätze basieren statt auf linearer Optik auf Systemen, die nichtlineare Optik auf dem Niveau einzelner Photonen ermöglichen. In der Abteilung Quantendynamik am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) werden derzeit zwei solche Systeme experimentell auf ihre Eignung hin untersucht.

Ein Atom in einem optischen Resonator

Das eine untersuchte System besteht aus einem einzelnen Atom, das sich zwischen zwei Spiegeln sehr hoher Reflektivität befindet (Abb. 1). Die beiden Spiegel bilden einen optischen Resonator. Licht, das sich im Resonator befindet, hat eine sehr starke Wechselwirkung mit dem Atom. Diese ist so stark, dass bereits ein einzelnes Photon und ein einzelnes Atom sich gegenseitig stark beeinflussen. Durch geeignete Wahl der experimentellen Parameter kann man dafür sorgen, dass ein Photon, das auf den Resonator trifft, stets von ihm reflektiert wird. Unter geschickter Ausnutzung der starken Wechselwirkung zwischen Atom und Photon ist es am MPQ damit gelungen, ein Atom-Photon-Quantengatter zu bauen [1]..

Ähnlich wie klassische Logikgatter in der Elektronik können auch Quantengatter miteinander verknüpft werden. Reflektiert man nacheinander zwei Lichtpulse, die je ein Photon enthalten, so ergibt dies eine Verkettung von zwei Quantengattern. Darauf basierend ist es damit am MPQ kürzlich gelungen, ein Quantengatter zwischen zwei Photonen zu realisieren [2] (Abb. 1). Die Effizienz des ersten Prototyps ist noch nicht sehr hoch, Steigerungen sollten aber in den nächsten Jahren möglich sein..

Rydberg-Anregungen in einem Ensemble von Atomen

Das zweite untersuchte System ist ein Gas, das aus rund hunderttausend Atomen besteht und mit Laserlicht beleuchtet wird. Wieder werden zwei Lichtpulse, die je ein Photon enthalten, auf das System geschickt. Diesmal werden sie transmittiert, nicht reflektiert. Während ein Photon durch das atomare Gas propagiert, sorgt zusätzliches Laserlicht dafür, dass die Atome in einen Rydberg-Zustand angeregt werden.  Diese Anregung bewegt sich gemeinsam mit dem Photon. Wenn sich zwei Photonen gleichzeitig im Medium befinden, dann existiert eine starke Wechselwirkung zwischen den mitpropagierenden Rydberg-Anregungen, was eine effektive starke Wechselwirkung zwischen den Photonen zur Folge hat. Es wird erwartet, dass es mit Hilfe dieser Wechselwirkung gelingen sollte, ein Quantengatter für Photonen zu realisieren.

Am MPQ sind wir kürzlich diesem Ziel einen ganz entscheidenden Schritt näher gekommen, indem mit einem Photon eine quantenmechanische Phasenverschiebung von 180 Grad für ein zweites Photon erzeugt wurde [3] (Abb. 2). Darauf aufbauend sollte es in naher Zukunft gelingen, auch in diesem System ein Quantengatter für Photonen zu realisieren.

Literaturhinweise

A. Reiserer, N. Kalb, G. Rempe, S. Ritter
A quantum gate between a flying optical photon and a single trapped atom

Nature 508, 237 (2014)

B. Hacker, S. Welte, G. Rempe, S. Ritter

 

 

A photon-photon quantum gate based on a single atom in an optical resonator
Nature 536, 193 (2016)

D. Tiarks, S. Schmidt, G. Rempe, S. Dürr

Optical π phase shift created with a single-photon pulse

Science Advances 2, e1600036 (2016)

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