Informationsfilter für die Immunabwehr

Frankfurter Forscher entschlüsseln den Aufbau des MHC I-Peptidbeladungskomplexes

6. November 2017

Soziale Medien informieren uns heute laufend über aktuelle Ereignisse. Da wir nicht alle Informationen zur gleichen Zeit bearbeiten können, filtern die Netzwerke die für uns wichtigen Informationen heraus. Die Zellen in unserem Körper gehen ganz ähnlich vor: Im Kampf gegen Parasiten, Viren oder auch Krebs wählt eine molekulare Maschine, der sogenannte MHC I-Peptidbeladungskomplex, für das Immunsystem wichtige Proteinfragmente aus. Forscher des Max-Planck-Instituts für Biophysik und der Goethe-Universität in Frankfurt sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben nun herausgefunden, wie dieser Proteinkomplex aufgebaut ist und wie er arbeitet.

In Zellen erfolgen Status-Updates in Form kleiner Proteinbruchstücke, die Informationen aus dem Zellinneren tragen. Durch die sogenannten MHC I-Proteine (major histocompatibility complex class I), werden diese Peptide auf der Zelloberfläche dem Immunsystem präsentiert. Die MHC I-Moleküle geben so Informationen über Krebszellen oder von Viren infizierte Zellen schnell an das Immunsystem weiter. Dieses erkennt die entarteten oder infizierten Zellen und eliminiert sie. Eine missverständliche Nachricht dagegen kann zu Autoimmunerkrankungen oder chronischen Entzündungen führen.

„Damit wir den Aufbau dieses äußerst fragilen Komplexes untersuchen können, haben wir zunächst einen molekularen Köder entwickelt. Mit seiner Hilfe konnten wir den MHC I-Peptidbeladungskomplex aus dem endoplasmatischen Retikulum isolieren“, erklärt Simon Trowitzsch vom Biozentrum der Goethe-Universität Frankfurt. „Durch die bahnbrechenden Verbesserungen in der Kryo-Elektronenmikroskopie, die kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, konnten wir den MHC I-Peptidbeladungskomplex unmittelbar beobachten und dessen Struktur aufklären“, ergänzt Arne Möller vom Max-Planck-Institut für Biophysik.

Damit die Zelle dem Immunsystem Informationen zur Verfügung stellen kann, müssen Membran-Transportproteine, Faltungsenzyme und MHC I-Moleküle präzise in einem Komplex zusammenarbeiten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie der MHC I-Peptidbeladungskomplex nur solche Proteinfragmente herausfiltert, die auch von Immunzellen erkannt werden. „Diese Erkenntnisse sind deshalb so wichtig, da Viren und Tumore die Informationsweitergabe stören und so das Immunsystem austricksen können. Wir können jetzt besser nachvollziehen, wie die Zellen Antigene zur Erkennung von Tumoren oder Infektionen auswählen. Dadurch könnten Immuntherapien weiter verbessert werden“, sagt Robert Tampé vom Institut für Biochemie der Universität Frankfurt.

AM/BH/HR

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