Zwillingsjets aus dem Herzen einer aktiven Galaxie

Astronomen vermessen Magnetfelder in der Umgebung des zentralen schwarzen Lochs

Aus dem Herzen der aktiven Galaxie NGC 1052 schießen zwei lichtschnelle Materiejets. Offenbar entspringen sie in der Umgebung eines massereichen schwarzen Lochs.  Jetzt haben Forscher um Anne-Kathrin Baczko vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie das Magnetfeld in dieser Region vermessen. Dabei beobachteten sie die leuchtkräftige, sehr kompakte Struktur mit einer Ausdehnung von nur zwei Lichttagen mit einem weltweiten Netzwerk von Teleskopen bei Millimeter-Wellenlängen. Unmittelbar am sogenannten Ereignishorizont des schwarzen Lochs registrierten die Astronomen eine Magnetfeldstärke zwischen 0,02 und 8,3 Tesla. Magnetfelder, so das Fazit, können also die erforderliche magnetische Energie zur Versorgung der erwähnten Zwillingsjets liefern.

Die Technik zur Untersuchung von Details im Zentrum der Galaxie NGC 1052 wird als Very Long Baseline Interferometry  (VLBI) bezeichnet. Sie ermöglicht die Lokalisierung der Fußpunkte von Jets auf winzigen Größenskalen. Tatsächlich reichen die aktuellen Beobachtungen nahe an den Ereignishorizont der zentralen Energiequelle – eines supermassereichen schwarzen Lochs – heran. Dieser Ereignishorizont markiert die Grenze zwischen dem freien Weltraum und dem „Einzugsbereich“ des schwarzen Lochs, jenseits derer keine Strahlung entkommen kann.

Das Massemonster selbst bleibt dabei allerdings unsichtbar. So lässt sich sein genauer Ort nur indirekt nachweisen: Dazu bestimmt man die Position der Radiojets in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Die nach wie vor unbekannte Lage des Fußpunkts der Jets bezüglich des schwarzen Lochs macht es schwierig, die fundamentalen physikalischen Eigenschaften wie Magnetfeldstärke oder Teilchendichte zu bestimmen.

Jedoch ermöglicht es die verblüffende Symmetrie in den hier beschriebenen Beobachtungen der Zwillingsjets von NGC 1052, die tatsächliche Position des Aktivitätszentrums in dieser Galaxie innerhalb der zentralen Struktur zu bestimmen. Denn bei den meisten anderen Sternsystemen sehen die Astronomen in der Regel jeweils nur einen Jet. Aus den beiden symmetrischen Jets von NGC 1052 lässt sich hingegen die „Mitte“ und damit die Lage der Ursprungsquelle recht genau festlegen.

Mit Ausnahme des schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße handelt es sich dabei um die genaueste Lokalisierung der Position eines solchen Objekts, die bisher gelungen ist. „NGC 1052 stellt in der Tat eine Schlüsselquelle dar, weil sie direkt und eindeutig auf der Ort eines schwarzen Lochs schließen lässt“, sagt Anne-Kathrin Baczko, die diese Forschungsarbeit an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Würzburg sowie am Max-Planck-Institut für Radioastronomie ausgeführt hat.

NGC 1052 ist eine elliptische Galaxie in einer Entfernung von rund 60 Millionen Lichtjahren in Richtung des Sternbilds Cetus (Walfisch). Das Magnetfeld des supermassereichen schwarzen Lochs haben die Astronomen über die Kompaktheit und über die Leuchtkraft der Zentralregion von NGC 1052 bestimmt und dabei Werte zwischen 0,02 und 8,3 Tesla gefunden. (Zum Vergleich: Das irdische Magnetfeld besitzt eine Stärke von nur ungefähr 50 Mikrotesla.) Die Zentralregion der Galaxie selbst erscheint als starke Radioquelle mit einem Durchmesser von lediglich 57 Mikrobogensekunden; das entspricht der Größe einer DVD auf der Mondoberfläche.

Die erstaunliche Winkelauflösung ist dem Globalen Millimeter-VLBI Array gelungen – einem Netzwerk von Radioteleskopen in Europa, den USA und Ostasien, das vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn organisiert wird. „Das ergibt eine bisher unerreichte Bildschärfe, und bald wird man bei nahegelegenen schwarzen Löchern sogar die Größenordnung des Ereignishorizonts erreichen“, sagt der am Projekt beteiligte Max-Planck-Forscher Eduardo Ros.

Wie entstehen die energiereichen relativistischen Jets in den Zentren einer Reihe von aktiven Galaxien?  Die vorliegende Beobachtung könnte dabei helfen, dieses astronomische Rätsel zu lösen. Denn sie zeigt, dass die freigesetzte magnetische Energie eines sehr schnell rotierenden supermassereichen schwarzen Lochs den Antrieb für die Jets bilden kann.

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Das Global Millimetre VLBI Array setzt sich zusammen aus Teleskopen, die vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie, IRAM, Onsala, Metsähovi, Yebes und dem VLBA betrieben werden. Die Messdaten von den einzelnen Teleskopen wurden am Korrelator des Bonner Max-Planck-Instituts zusammengeführt. Das VLBA ist ein Forschungsinstrument des National Radio Astronomy Observatory, einer Einrichtung der National Science Foundation, und wird unter einem kooperativen Abkommen betrieben von der Associated Universities, Inc.

HOR / NJ

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