Lottospieler zahlen hohe Abgaben - andere profitieren

Glücksspiel ist ungerecht: Denn staatliche Lotterien verursachen steuerliche Umverteilungen, die einer gerechten Abgabenverteilung widersprechen

21. Juli 2008

Wer Lotto spielt, finanziert Angebote, wie beispielsweise den Breitensport, Kunst und Kultur - ohne davon selbst zu profitieren. Denn: Nutznießer sind überdurchschnittlich häufig Menschen, die nicht Lotto spielen. Dies hat jetzt eine repräsentative Studie von Jens Beckert und Mark Lutter vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln gezeigt. Während die Lottospieler tendenziell aus den unteren Mittelschichten stammen, über geringere Bildung verfügen, höheres Alter aufweisen oder ethnischen Minderheiten angehören, sind die Nutznießer der Lottoförderung deutlich höher gebildet, jüngeren Alters und überwiegend deutscher Staatsangehörigkeit.

Eine Umverteilung von unten nach oben findet beim Lottospiel außerdem durch die stärkere Spielbeteiligung unterer sozialer Schichten statt. Wie Jens Beckert und Mark Lutter zeigen konnten, sind Lotterien für untere soziale Schichten attraktiver, was dazu führt, dass Bezieher niedriger Einkommen wesentlich höhere Anteile ihres Einkommens zu den Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel beitragen als Menschen mit hohen Einkommen (Abb. 1). Lotterien stellen damit eine Form der regressiven Abgabenbelastung dar.

Mit 39 Prozent des Spieleinsatzes sind Lotterien besonders hoch mit Abgaben belastete wirtschaftliche Transaktionen, die erheblich zu den Einnahmen der Länderhaushalte beitragen. Insgesamt beziffern sich die jährlichen Staatseinnahmen aus Glücksspielen, deren Betreibung und Konzessionierung auf etwa 5 Milliarden Euro. Allein die Hälfte davon stammt aus dem Lottospiel. Diese Summe, die größtenteils den Ländern zugute kommt, entspricht einem Anteil von rund 18 Prozent der jährlichen Ländersteuereinnahmen. Insgesamt erzielt der Staat circa 1,1 Prozent seiner Steuereinnahmen aus Glücksspielen. Das entspricht jährlich etwa dem Volumen der Grunderwerbssteuer, dem 1,2-fachen der Erbschaftssteuer oder dem 1,5-fachen der Einnahmen aus alkoholbezogenen Steuern.

Die Umverteilung durch das Lotteriespiel wird verstärkt durch die Art, wie die Lotterieeinnahmen verwendet werden. Rund 20 Prozent der Einnahmen aus den Spieleinsätzen sind für verschiedene Wohlfahrtseinrichtungen vorgesehen, die Förderung des Breitensports, aber auch Kunst- und Kulturprojekte wie die finanzielle Unterstützung von Museen oder die Denkmalpflege. Der Bereich, der von den zweckgebundenen Abgaben am stärksten finanziell subventioniert wird, ist der Breitensport. Am Beispiel des Breitensports haben die Kölner Forscher gezeigt, dass die Bevölkerungsgruppen, die mit ihren Lottoeinsätzen zu seiner Finanzierung beitragen, nicht auch diejenigen sind, die die so geschaffenen Angebote nutzen (Abb. 2).

Das staatliche Glücksspielmonopol legitimiert sich über den Anspruch, das Glücksspiel einzudämmen. Laut Glücksspielstaatsvertrag soll das gesellschaftliche Gefährdungspotenzial von Glücksspielen auf ein Minimum reduziert werden. Dazu zählt neben der Bekämpfung von Spielsucht vor allem das Angebot selbst, das sich nicht am Prinzip der Gewinnmaximierung orientieren darf. Die Steuereinnahmen sind eine Nebenerscheinung des Monopols. Die Art, wie der Staat sie verwendet, führt zu teils ungerechten Umverteilungseffekten, wie die Kölner Forscher gezeigt haben.

Dem ließe sich beispielsweise entgegenwirken, indem durch eine Senkung des Jackpots auch der Anreiz zum Spielen gesenkt würde. Auch könnten mehr als die zurzeit ausgezahlten 48 Prozent der Einsätze wieder als Gewinne an die Spieler ausgeschüttet werden. Soweit staatliche Einnahmen aus dem Lottospiel erwirtschaftet werden, könnten diese gezielt zur Förderung der Bevölkerungsgruppen genutzt werden, die hauptsächlich Lotto spielen. Ein Beispiel hierfür wäre die Förderung von Bildungseinrichtungen für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler.

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