Träum ich oder wach ich?

Max-Planck-Forschern gelingen neue Einblicke in das schlafende Gehirn

23. März 2007

Im Schlaf sind wir sensorisch weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten - es sei denn, der Wecker holt uns unsanft aus unseren Träumen. Gelegentlich passiert es jedoch, dass das Weckerklingeln nicht zum Aufwachen führt, sondern in das Traumerleben eingebaut wird - und wir verschlafen. Forscher am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München konnten nun erstmals zeigen, wie sich das Gehirn während der Traumphasen verhält: In Phasen von maximaler Aktivität scheinen die beteiligten Gehirnzentren so sehr mit sich selbst beschäftigt zu sein, dass äußere Reize nicht mehr wahrgenommen werden. Dieser Zustand tritt aber immer nur kurzzeitig auf, in den dazwischen liegenden Phasen können Außenreize rudimentär verarbeitet werden. So kann unter anderem erklärt werden, warum ein Sinneseindruck mitunter wahrgenommen und in das Traumgeschehen integriert wird.

Bislang wurden Schlafphänomene vor allem anhand von Messungen der Gehirnströme untersucht. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München konnten erstmalig diese Gehirnströme messen und gleichzeitig mit Hilfe bildgebender Verfahren (funktioneller Kernspintomografie) die Aktivität des schlafenden Gehirns darstellen. Dabei gelang es Michael Czisch und seinem Team eine technisch anspruchsvolle Anforderung zu lösen: nämlich die Messung kleinster Hirnströme bei gleichzeitiger Wirkung eines starken Magnetfeldes. Die zusätzliche experimentelle Herausforderung, bei Lautstärken von mehr als 90 Dezibel einzuschlafen, wurde nach Schlafentzug von wenigen gesunden Probanden gemeistert.

Im Experiment untersuchten die Wissenschaftler, wie das Gehirn im Schlaf auf akustische Reize, wie beispielsweise einen regelmäßig wiederkehrenden Ton oder Klaviermusik, reagiert. In den frühen Morgenstunden konnte auch der REM-Schlaf, der besonders mit intensivem Traumerleben in Verbindung gebracht wird, untersucht werden. Dieser besondere Bewusstseinszustand, der seinen Namen den gelegentlich auftretenden raschen Augenbewegungen (englisch: rapid eye movements) verdankt, zeichnet sich durch hohe Gehirnaktivität aus. In diesem Schlafstadium unterliegen wir einer vorübergehenden Lähmung, nicht zuletzt um mögliche Traumerlebnisse körperlich nicht auszuleben.

Die spannende Entdeckung: der REM-Schlaf kann in zwei unterschiedliche Aktivitätsphasen unterschieden werden (siehe Abbildung). Wenn besonders viele rasche Augenbewegungen aufgezeichnet wurden, war die Aktivität in verschiedenen Gehirnregionen besonders hoch. Auch die Areale, die das Gefühlsleben bestimmen, zeigten dabei eine hohe Aktivität. Die von außen eingespielten Geräusche wurden jedoch offensichtlich vom Gehirn in diesen Phasen ausgeblendet. Die hohe Gehirnaktivität wird als neurologisches Korrelat des - oftmals intensiven - Traumerlebens gedeutet. "Da währenddessen auf äußere Reize kaum reagiert werden kann und der Schläfer quasi wehrlos ist, tauchen diese intensiven Phasen in immer wiederkehrenden, aber meist sehr kurzen Perioden auf", erklärt Michael Czisch. Nicht zuletzt zum Schutz des schlafenden Organismus liegen dazwischen REM-Schlaf-Phasen, bei denen die Reaktionsfähigkeit auf Außenreize wieder erhöht ist - in diesen Phasen kann uns das Klingeln eines Weckers dann wieder erreichen.

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