Die Spediteure der Zellautobahn

Wie Transportfahrzeuge auf dem Strassennetz transportieren sogenannte Argosome Stoffe von einer Zelle zur anderen

10. Mai 2005

Um ihre Wirkung im Körper zu entfalten, müssen Stoffe erst einmal ihren Bestimmungsort im Organismus erreichen. Die Mechanismen, mit denen sich Stoffe innerhalb der Zelle bewegen, sind hinlänglich bekannt. Wird aber ein Stoff in einer Zelle produziert und kommt in einer völlig anderen Zelle zum Einsatz, so müssen unglaublich lange Transportwege überwunden werden. Wenn der Stoff in Wasser gelöst werden kann, kann er wie beim menschlichen Blutkreislauf mit Hilfe einer Lösung transportiert werden. Wo dies nich möglich ist, muss der Organismus kreativ werden. Forscher des Max-Planck Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden haben genau einen solche kreative Rafinesse der Zelle entdeckt: Prozesse in Zellen der Fruchtfliege Drosophila melanogaster, welche neue Einsichten in die Übertragung bestimmter Proteinsequenzen zwischen einzelnen Zellen bieten: Stoffe nutzen Transporter, die sich zwischen den Zellen in Organismen - teils über lange Strecken - bewegen können. Diese Spediteure, die die Dresdner Forscher Argosome tauften, ermöglichen es Proteinen also, Strecken zurückzulegen, die sonst unüberbrückbar wären (Nature, 05. Mai 2005).

Die Dresdner Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen auf Wingless und Hedgehog. Dies sind zwei Morphogene, also Stoffe, die Wachstum und Entwicklung eines Organismus in der Embryonalphase koordinieren. Sie entfalten ihre Wirkung nicht nur in Nachbarzellen, sondern beeinflussen Zellen über weite Distanzen hinweg von ihrem Produktionsort entfernt. Dies erfordert den Transport durch den Körper oder Organismus über lange Strecken. Da die untersuchten Morphogene jedoch beide fettlöslich sind, sich daher also nicht in Wasser lösen können, war die genaue Form ihres weiten Transports bisher ein Rätsel.

Das Forschungsteam am PI-CBG hat nun gezeigt, dass sich die Morphogene Hedgehog und Wingless an andere Moleküle binden und diese als eine Art Fahrzeug benutzen - so können sie weite Distanzen überbrücken. Diese Transporter-Lipoproteine, denen die Dresdner Wissenschaftler in Anlehnung an durch den Kosmos wandernden Argonauten den Namen Argosome gegeben haben, bewegen sich dann mit ihren Gütern in andere Zellen, wo sie sich zusammen mit den Morphogenen ablagern. Die Gegenprobe hat die These untermauert: Unterdrückt man die Produktion der Argosome, sind auch die morphogenen Stoffe in ihren Zielzellen deutlich weniger vertreten.

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